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Die Geishas des Captain Fishby

Die Geishas des Captain Fishby

Titel: Die Geishas des Captain Fishby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vern Sneider
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doch einmal nach! Was soll denn der Kongreß dazu
sagen?“
    Aber Fisby graute es, darüber
nachzudenken. Mit finsterer Miene wandte er sich an Sakini: „Hör zu. Ich dulde
es auf gar keinen Fall, daß diese — diese verkommenen Mädchen die Moral der
Leute verderben.“
    „Verkommene Mädchen?“ fragte Sakini
überrascht zurück. — „Ja. Diese Geishas.“
    Sakini schüttelte den Kopf. „Das sind
keine verkommenen Mädchen, Chef. Die sind sehr lieb und nett.“
    „In deinen Augen vielleicht, aber
nicht in meinen.“
    „Nicht in Ihren?“
    „Nein, bestimmt nicht.“
    Sakini sah Fisby entgeistert an. Einen
Augenblick sann er nach, dann sagte er mit einem Zwinkern: „Chef, glauben Sie
etwa, daß die Geishas...“
    Fisby wurde puterrot. Allerdings
glaubte er...
    „O nein, Chef!“ antwortete Sakini sehr
bestimmt. „Sie sehen das nicht richtig. Sie denken an eine andere Art Mädchen.
So sind Geishas nicht. Das sind Damen.“
    „Damen?“
    „Ja, Chef. Sie singen und tanzen. Und
die andere Art von Mädchen...“
    „Schon gut“, erwiderte Fisby rasch.
„Erzähl mir noch etwas mehr von den Geishas.“
    „Sie gehen in all die großen Cha yas“,
erklärte Sakini. „Sehen Sie, ,cha’ bedeutet ,Tee’ und ,ya’ — das bedeutet
,Laden’ oder ,Haus’. Also gehen sie alle ins Teehaus, ich glaube, so nennen Sie
das. Und wenn da mehrere junge Leute sitzen, singen die Geishas, und sie geben
ihnen dafür Geld.“
    „Dann unterhalten sie also die Gäste?“
    „Was bedeutet ,unterhalten’?“
    „Nun, das heißt, daß sie — nun die
Lieder singen und Witze erzählen. Aber was weißt du noch von den
    Geishas?“
    „Die Geishas singen viele Lieder.
Manchmal die alten, uralten Lieder. Jeder sagt, wenn die Geishas sie nicht
singen würden, hätten die Menschen sie schon längst vergessen, und keiner wüßte
mehr, wie es war, als unsere Großväter und die Großväter unserer Großväter noch
kleine Kinder waren.“
    „Das sind wohl Volkslieder?“
    „Ja, Chef. Und manchmal schreiben die
Geishas neue Lieder. Sie können sogar eins über die Militärregierung schreiben,
und in vierhundert, fünfhundert Jahren wird es dann noch gesungen werden, und
die Menschen werden so wissen, wie es damals war, nämlich heute.“
    „Ich habe davon noch nie etwas gehört,
Sakini.“
    „Aber es ist tatsächlich so, Chef. Und
so machen sie es auch mit den Tänzen. Und wissen Sie, was sie noch sonst tun?“
    „Was denn?“ fragte Fisby gespannt.
    Sakini überlegte einen Augenblick.
„Stellen Sie sich einmal vor, ein Mann fühlt sich am Nachmittag nicht wohl.
Stellen Sie sich vor, er ist ganz durcheinander innerlich. Dann geht er in ein
Cha ya und besucht eine Geisha. Und wissen Sie, was sie zu ihm sagt?“
    Fisby hatte keine Ahnung.
    „Sie sagt: ,Nun nehmen Sie Platz, wir
werden zusammen eine Tasse Tee trinken.’ Und dann lächelt sie ihn an, faltet
die Hände im Schoß und sagt: ,Und jetzt erzählen Sie mir alles.’“
    „Und erzählt er ihr dann alles?“
    „Ja, alles. Und zwischendurch
schüttelt sie den Kopf und sagt: ,Wie schrecklich!’ Und schon bald merkt er,
daß ihm besser wird, und sie spricht ganz sanft mit ihm, und nach kurzer Zeit
hat er seinen Kummer vergessen.“
    Fisby nickte. Er fand, daß das eine hübsche
Einrichtung sei, selbst wenn, wie er annahm, die Geishas nur zuhören mochten,
weil man sie dafür bezahlte. Man brauchte wirklich manchmal jemanden, der einem
freundlich begegnete und der an allem, was einen bedrückte, Anteil nahm —
selbst wenn es für ihn nur ein Geschäft war. Aber wenn die Männer aus diesem
Grunde zu den Geishas gingen, wie Sakini es behauptete, so mußten sie ihr
Geschäft wirklich ausgezeichnet verstehen.
    „Und du?“ fragte Fisby weiter, „bist
du früher auch öfter in ein Teehaus gegangen?“
    Sakini blickte auf seine Schuhe.
„Vielleicht einmal oder zweimal im Jahr, wenn die süßen Kartoffeln reif waren
und ich sie mit meinem Großvater auf den Markt nach Naha, der Hauptstadt,
brachte.“
    „Habt ihr eure Kartoffeln immer nach
Naha gebracht?“
    „O ja, Chef! Großvater mietete dann
einen Pferdewagen, und wir brachen auf, noch ehe es Tag war.“
    „Und machen das alle anderen hier im
Dorf genauso?“
    „Gewiß, Chef. Wenn man sich manchmal
umdrehte und auf die Straße zurückblickte, sah man nichts als Pferdewagen und
Leute, die ihre Kartoffeln in großen Körben auf dem Kopf trugen. Und da, wo die
Straßen zusammenlaufen, begegnete man den Bauern aus den

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