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Die Geishas des Captain Fishby

Die Geishas des Captain Fishby

Titel: Die Geishas des Captain Fishby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vern Sneider
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gemacht. Und diese Geschenke gibst du zurück — ich
will sie nicht haben.“ Fisby zweifelte nicht im geringsten daran, daß man seine
Befehle auch ausführte. Denn als er des Nachts im Dunkeln auf seinem Feldbett
lag, vernahm er keinen Laut aus dem Dorf. Er streckte sich behaglich aus,
vermochte aber trotzdem nicht einzuschlafen. Immer wieder horchte er, ob nicht
doch die Dahisen oder die lieblich zarten Stimmen von dort unten her erklangen.
Sich auf einen Ellbogen stützend, blickte er auf das Dorf hinunter. Ohne Musik,
ohne Gesang wirkte es eigentlich recht trostlos und tot. Eine flackernde Kerze
nach der anderen verlöschte, und Finsternis hüllte schließlich alles ein. Nur
in einem einzigen Hause brannte noch Licht. Der Schein kaum aus dem Hause des
Bürgermeisters. Sicherlich hatte das Dorfoberhaupt sich seinem Befehl widersetzt.
Angestrengt lauschte Fisby, ob nicht ein Lachen von dort heraufklinge, aber es
war nicht das geringste zu hören. Es wurde zehn Uhr, es wurde elf. Und immer
noch brannte die Kerze, und auch als Fisby endlich einschlief, war sie noch
nicht erloschen.
     
     

7
     
    Es dämmerte kaum, als Fisby von einem
lauten Rufen geweckt wurde. Verschlafen richtete er sich auf, spähte durch die
offene Tür, schob das Moskitonetz beiseite und sprang aus dem Bett. Von allen
Höhen ringsherum zogen lange Reihen von Arbeitern dem Dorf entgegen. Einige
schleppten große Bündel von Stroh, andere trugen Steine und Sträucher, und
einige — Fisby riß die Augen weit auf — zogen und zerrten große Kiefern über
die schmalen Bergpfade herbei.
    Auch unten im Dorf waren überall
Menschen und Wagen in Bewegung. Alle schienen sie einer bestimmten Stelle
mitten auf dem Kartoffelacker zuzustreben. Nachdem Fisby sich schnell
angekleidet hatte, begab er sich ins Dorf hinunter und begegnete dort einer
langen Kolonne von Wagen, die mit Bauholz beladen waren. Er ging ihnen nach,
vorbei an den letzten Häusern, bis er schließlich auf freies Feld geriet.
Verwundert blickte er um sich.
    Alle Kinder aus dem Dorfe schienen
hier versammelt zu sein, und sie waren damit beschäftigt, die Erde auszuheben.
Drüben auf der anderen Seite häuften sich Strohbündel, Steine und Büsche, die
die Männer von den Bergen herunterbrachten. Und mitten in all dem Gelärm und
Gelächter stand „Goldblume“, mit einem Fächer in der Hand und gab ihre
Anweisungen.
    Als sie ihn erblickte, winkte sie und
rief: „Hallo, Chef!“ Und ein Lächeln spielte um ihren Mund. Fisby wurde rot,
winkte zurück, wenn auch nicht eben begeistert — und rief nach Sakini. „Was
macht ihr denn da?“ fragte er ihn und deutete auf das Loch, das die Kinder
gruben.
    Sakini lächelte. „'Goldblume’ hat
gesagt, Chef, wir sollen einen Lotosteich bekommen.“
    „Was — wofür?“
    „Für das Cha ya. ,Goldblume’ meint,
daß zu jedem Cha ya, das sie baut, unbedingt ein Lotosteich gehört.“ Fisby trat
dichter an Sakini heran und blinzelte argwöhnisch. „Was ist ein Cha ya?“ fragte
er.
    „Das ist ein Ort, Chef, wo jeder
sitzen und Tee trinken kann, und die Geishas singen und tanzen dazu. Und alle
lachen: Haha.“
    Das war genau das, was Fisby befürchtet
hatte. Er ahnte, daß noch mehr dazu gehörte als Singen und Tanzen. Aber nein —
nie und nimmer würde er eine solche Lasterhöhle dulden. „Sie bauen also
wirklich ein Cha ya?“ fragte er streng.
    „Ja, Chef. Gestern haben Sie uns die
Geishagesellschaften im Altersheim verboten und dann am Abend noch erklärt,
daß, wenn die Geishas jemanden zu Hause besuchen, im ganzen Dorf der Teufel los
ist. Und als ich nun ,Goldblume’ erzählt habe, daß jeder auf jeden wütend wird,
wissen Sie, was sie da geantwortet hat? ,Sakini’, hat sie gesagt, ,der Chef hat
recht. Ich habe vorher nicht daran gedacht. Was wir hier brauchen, ist ein
Haus, wo jeder hinkommen und Tee trinken kann.’“ Fisby reckte sich würdevoll
auf. Es war schon wahrlich schwer genug, die Dorfleute zur Arbeit zu bewegen,
aber wenn es erst einen solchen Sündenpfuhl hier gab...
    Sakini, der neben ihm stand,
beobachtete die Arbeiter. Sein ganzes Gesicht strahlte, und er schüttelte den
Kopf vor Staunen. „Sie müssen wissen, Chef, wir haben früher noch nie hier im
Dorf ein Cha ya gehabt.“ Fisby zuckte zusammen. Es war ihm, als hörte er Oberst
Purdy brüllen: „Bilden Sie sich ein, ich lasse es zu, daß die Militärregierung
sich ein Denkmal auf dieser Insel setzt, wenn sie in jedem Dorf ein Cha ya
baut? Fisby! Denken Sie

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