Die Geisterverschwoerung - Mara deckt auf
Gestalten aus ihrem Gefängnis und verteilten sich im Wohnzimmer, bis sie den Raum fast ausfüllten, dicht gedrängt, flüsternd und wispernd.
Bei den ersten Geistern hatte Mara sich gefreut, aber je mehr es wurden, desto bedrohlicher fand sie sie.
Sybilla tuschelte Kathi zu: »Einfacher wären sie zu lenken gewesen, hätte ich sie einzeln ansprechen können. Wenn sich nur einer von ihnen gegen das Ritual entscheidet, bist du der Ersatz!«
Mit strahlendem Lächeln wandte sie sich nun an die Geister: »Schön, dass ihr alle hier versammelt seid. Es ist der Tag, der uns alle ins Leben zurückbringt. Freut euch, das Ritual kann beginnen!«
Die Geister, die anfangs noch verwirrt umhergeflogen waren, sahen sich begeistert an und jubelten. Und in Maras Kopf begann ein Verdacht, Form anzunehmen: Sybilla hatte allen neunundneunzig ewiges Leben versprochen. Dadurch besaà sie nun eine unglaubliche Macht â die Mara und ihre Freunde selbst entfesselt hatten!
»Ihr werdet nur benutzt«, rief Mara verzweifelt. Auf dem Couchtisch entdeckte sie das Prager Schriftstück, überflog es und hielt es hoch. »Seht ihr das nicht? Habt ihr es überhaupt gelesen?« Aber niemand hörte auf sie. Die nebelhaften Gestalten waren viel zu aufgeregt.
Eine kräftige Hand drückte Mara in einen Sessel und hielt sie dort fest. Hagens schräges Grinsen bewies, dass auch er es kaum abwarten konnte, dass Sybilla endlich mit dem Ritual begann.
Dann ertönten die Worte, die vorhin nur stockend gekommen waren. Aber diesmal füllte Sybillas Stimme donnernd den Raum, wie man es von einer guten Schauspielerin erwarten konnte: »Kasema chitrista gnoxa. Weatu moron issai.«
Die Geister bildeten vor Mara eine Schlange wie an der Supermarktkasse. Was hatten sie bloà vor? Mara versuchte, sich gegen Hagens Griff zu wehren, hatte aber gegen ihn keine Chance.
Sybilla gab ein Zeichen und der erste Geist flog auf Mara zu â und durch sie hindurch! Das hatte sie in ihrem Leben erst einmal erlebt, und es war eine fürchterliche Erinnerung, die sie noch immer manchmal im Traum überfiel. Ein eiskaltes Gefühl, als ob das Herz stehen blieb! Mara sah den Geistern entsetzt entgegen. War das der Plan? Dass alle neunundneunzig durch sie hindurchflogen? Dann ahnte sie es: Sie würden ihr das Leben stückchenweise nehmen und es danach Sybilla geben.
O Gott! Mach, dass es schnell geht! , dachte Mara und presste die Zähne zusammen.
»Was ist los?«, rief plötzlich eine Stimme an der Tür.
Mara wandte den Kopf und blickte direkt in Lucasâ erschrockenes Gesicht.
»Lauf weg!«, rief sie â aber es war bereits zu spät. Hagens Griff an ihrer Schulter lockerte sich nur leicht, als er mit der anderen Hand Lucas samt seinem Rucksack neben Mara in den Sessel drückte.
»Wie passend! Ein lebender Körper für mich !«, raunte es direkt in Lucasâ Ohr.
»Was soll das?«, schrie er, während er sich panisch umsah. »Was geht hier vor?«
Mara wurde bewusst, dass er die Wesen um sie herum natürlich nicht sehen konnte. »Das Ritual hat begonnen«, erklärte sie ihm verzweifelt. »Sybilla hat ihre neunundneunzig Geister um sich versammelt. Wir können nichts mehr tun!«
»Ich höre sie, ganz viele!«, wisperte er schaudernd. »Kann man diese tote Frau nicht irgendwie daran hindern, weiterzureden? Wo ist sie überhaupt?«
»Vergiss es«, grinste Hagen und verstärkte seinen Druck.
Einen Augenblick lang stutzte Mara. Warum konnte Lucas Sybilla denn nicht sehen?
»Ohne die Geheimwaffe haben wir keine Chance«, stieà sie hervor.
»WeiÃt du denn inzwischen, wo oder was sie ist?«, fragte Lucas leise.
Mara krümmte sich und versuchte, gleichmäÃig Luft zu holen. Aber wie sollte sie das, während der fünfte Geist durch ihr Herz hindurchfuhr?
»Nein, ich weià nichts«, keuchte sie. »Nur, dass ein Geist ihr widerstehen kann, wenn er Ohrstöpsel benutzt. Aber was nützt uns das?«
Lucas wurde auf einmal ruhig. Seltsam ruhig. Als könnte er die Panik ausschalten und sich auf seine Logik konzentrieren.
»Vielleicht habe ich eine Idee. Sie ist verrückt, aber es ist unsere einzige Chance.«
Mara sah ihn verwundert an.
»Emilia hat so komisch darauf reagiert  ⦠Sie wurde von dem Ding ganz duselig  ⦠«
Was redete Lucas da? Hatte er den Verstand
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