Die Geisterverschwoerung - Mara deckt auf
Gesicht. In diesem Moment hob das Geistermädchen leicht das Kinn und zwinkerte ihr zu. Das sah ganz und gar nicht willenlos aus â sie hatte sie verstanden! Im nächsten Moment fassten die drei sich an den Händen und bildeten einen Kreis â mit Sybilla in ihrer Mitte!
»Ja!«, stieà Mara hervor. Dabei spürte sie, wie Hagen sie loslieà und Sybilla zu Hilfe eilen wollte. Mara sprang vor ihn, griff mit einer schnellen Bewegung nach dem Ritual und hielt es Hagen vor das Gesicht.
»Lesen Sie nur ein Wort! Das vorletzte.«
Der kräftige Geist wollte sich an ihr vorbeidrängen, aber gleichzeitig musste er auch das Schriftstück retten. Hastig riss er es an sich und wollte es einstecken. Aber urplötzlich blieb er mitten im Raum stehen und starrte auf den Text. Und starrte. Und runzelte verärgert die Stirn. Währenddessen erklang Kathis klare Stimme: »Aller guten Geister sind drei. Gemeinsamer Wille macht uns frei  ⦠«
Sybilla sah sie mit offenem Mund an, viel zu verblüfft, um zu reagieren. Dann erst erkannte sie ihren Fehler. Vor Wut schrie sie laut auf und brüllte Hagen an: »Hilf mir, verdammt! Ich darf der Kerze nicht zu nahe kommen!«
Aber Hagen stand einfach nur da und sah zu.
»Wir sprechen und brechen jeden Bann, weil Wille Berge versetzen kann«, fuhr Kathi fort. Sybilla wirbelte inzwischen wie ein Tornado zwischen den Händen hin und her. Versuchte, den Kreis zu durchbrechen, aber der Bann der drei war stärker. Der Kreis zog sich immer dichter zusammen, bis nur noch die Kerze im Mittelpunkt blieb.
Sybilla warf Mara einen letzten, eisigen Blick zu. »Mein einziger Fehler warst du!«
Mara schüttelte den Kopf. »Wohl kaum.«
Dann war der wütende Geist verschwunden.
Ein tiefes Seufzen neben ihr lieà Mara zusammenzucken. Aber als sie sich zu Hagen umwandte, wirkte er nicht mehr bedrohlich, sondern beinahe bemitleidenswert.
»Löscht die Kerze noch nicht. Mich hält jetzt nichts mehr hier.« Und ohne einen weiteren Blick auf die anderen folgte er Sybilla ins Licht.
»Was ist passiert? Sind sie endlich weg?«, fragte Lucas aufgeregt, während er an Händen und FüÃen gefesselt auf sie zuhüpfte.
Mara musste bei dem Anblick lachen und hielt Lucas das Ritual vor das Gesicht. »Ja, sie sind weg. Das vorletzte Wort hat Hagens Glauben an Sybilla gebrochen.«
Lucas las laut vor: »Neunundneunzig Geister und der Wille eines Meisters, auÃerdem das Leben eines Menschen können einem Geist ewiges Leben bringen. Aber bereite dich gut vor, denn du kannst die Macht der Neunundneunzig nur einmal benutzen.«
Kathi tanzte, wirbelte dabei um Mara herum und strahlte. »Was für ein Glück, dass dir das aufgefallen ist! Sybilla war angreifbar â und ich habâs selbst nicht bemerkt, weil ich natürlich Geister sehen kann.« Sie warf Lucas eine Kusshand zu. »Dir auch vielen Dank, dass du sie nicht sehen konntest!«
»Gern geschehen!«, lächelte er irgendwo ins Nichts hinein. »Aber ich verstehe immer noch nicht, was hier eigentlich passiert ist.«
»Meine Geisterfreundin Kathi hat die Seiten gewechselt und damit den Bann der drei gebrochen«, antwortete Mara, während sie Lucasâ Fesseln löste. »Deshalb wurde Sybilla durch die Seelenkerze ins Jenseits gezogen. Wir alle waren so daran gewöhnt, dass sie menschlich war  ⦠sogar sie selbst. Sonst wäre sie der Flamme bestimmt nicht so nahe gekommen.«
Lucas sah sie immer noch verständnislos an. »Kathi? Bann der drei? Gehtâs noch ein bisschen geheimnisvoller?«
»Ich erklärâs dir später in Ruhe«, sagte Mara und lachte. »Hauptsache, Sybilla kann niemandem mehr Schaden zufügen.« Sie ging auf die Kerze zu, um sie auszupusten.
Aber Kathi hielt sie zurück. »Es gibt noch etwas zu tun«, sagte sie und zupfte Mara das Schriftstück aus den Händen.
Diese sog die Luft scharf durch die Zähne. »Natürlich! Wir müssen es diesmal noch besser verstecken.«
»Oder es zerstören.«
»Aber  ⦠das kann man doch nicht?«
Kathi machte einen perfekten Knicks â wie eine Schauspielerin auf der Bühne. »Ich bin sehr stolz, dass ich auf etwas gekommen bin, das Opa nicht erkannt hat: Geister können nichts zerstören, das gegen Geister entwickelt wurde. Das hat er selbst oft gesagt. Dieses Schriftstück aber
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