Die Gelbe Maske Kommissar Morry
sich irgend jemand an den Bremsen seines Wagens zu schaffen gemacht hat."
„Du glaubst, es war ein manipulierter Unfall?"
„Wenn du diese Bezeichnung dem Wörtchen ,Mord' vorziehst, bitte sehr!"
„Aber warum?" Bender unterbrach sich plötzlich und starrte Sutton aus weit aufgerissenen Augen an. „Jetzt begreife ich!" murmelte er leise. „Gerechter Himmel, du hältst das wirklich für möglich?"
Sutton nickte grimmig. „Ich hatte überhaupt nicht mehr daran gedacht. Es liegt ja schon so lange zurück. Aber dann kam heute Nachmittag dieser Besucher — kurz, nachdem ich mit dir gesprochen hatte — und meine Befürchtung wurde fast zur Gewißheit. Er warf mir vor, ein Mörder zu sein."
„Das ist doch absurd!"
„Es kommt darauf an, wie man das Ding betrachtet."
„Der Kerl ist verrückt!"
Am Tisch klingelte das Telefon. Der Wirt nahm den Hörer ab und meldete sich. Kurz
darauf rief er: „He, Duff, der Anruf ist für dich!"
„Für mich?" Bender erhob sich verwundert. „Wer ist denn dran?"
„Dein Pappi!" lachte Pollack meckernd. „Du sollst nach Hause kommen."
„Witzbold!" knurrte Bender und trat an den Apparat. Sutton hatte den Stuhl so gedreht, daß er Bender beobachten konnte. Er sah, wie der ehemalige Klassen- und Spielkamerad erblaßte und nach einigen Sekunden den Hörer auflegte.
„Wollte mal wieder jemand Geld von dir haben?" fragte Pollack, dem Benders Blässe auffiel. „Laß die Leute warten! Nur wenn du Schulden hast, kümmern sich die Leute um dich."
Bender gab keine Antwort. Er ging zurück an seinen Tisch und nahm Platz. Pollack brachte den Whisky und stellte ihn vor Sutton hin. „Versuch mal“, sagte er. „Einen besseren wirst du nicht mal in deiner Hausbar haben."
Sutton nippte, ohne Bender aus den Augen zu lassen. Dann schaute er kurz zu Pollack in die Höhe. „Wirklich Klasse", sagte er. „Ich sollte öfter zu dir hereinschauen."
„Das nächste mal kannst du einen für mich ausgeben", meinte Pollack und ging zurück zum Schanktisch.
Bender saß wie ersarrt.
„Was hat er gesagt?" fragte Sutton ruhig.
Bender saß wie erstarrt.
„Ich kann dir anmerken, daß er es gewesen ist“, meinte Sutton.
„Er?"
„Der Mörder!"
„Ein Verrückter", murmelte Bender. „Er hat mir angedroht, mich umbringen zu wollen, übermorgen ..." Er stürzte den Inhalt des Bierglases hinab. „Das ist doch völliger Nonsens, nicht wahr? Das kann er doch nicht meinen!"
„Denk an Myers, mit ihm hat er Ernst gemacht. Und denk an Rimey..."
„Ja", sagte Bender mit tonloser Stimme. „Wir müssen etwas unternehmen."
„Du begreifst jetzt, warum ich zu dir gekommen bin?"
„Ja, natürlich. Lieber Himmel, ich habe es all die Jahre hindurch gewußt!"
„Was hast du gewußt?"
„Daß wir die Strafe bekommen würden... die Strafe für das, was damals geschehen ist", murmelte Bender. „Hast du denn nie daran gedacht?"
„O doch", sagte Sutton ruhig. „Sehr oft sogar."
„Du auch?" wunderte sich Bender. „Dir hätte ich das nie zugetraut."
„Warum nicht?"
„Du bist kalt, selbstsicher, überlegen. Nimm' es mir nicht übel, wenn ich das sage! Ich dachte immer, du hättest einfach kein Herz."
„Ich habe ein Gewissen", erklärte Sutton ruhig. „Damit muß ich fertig werden, genau wie du. Ich möchte wissen, ob Myers und Rimey jemals darunter gelitten haben."
„Rimey nicht. Ich habe ihn einmal daraufhin angesprochen. Er fiel aus allen Wolken, als ich die Sache erwähnte. Er hatte sie völlig vergessen!"
„Offen gestanden, in den letzten drei, vier Jahren habe ich ebenfalls nicht mehr daran gedacht. Die Geschichte lag einfach zu weit zurück." Er nahm einen Schluck aus dem Glas. „Einen hab ich gar nicht erwähnt, als ich dem Leutnant die Namen unserer damaligen Clique nannte. Ich meine Fred Spinster. Was ist eigentlich aus ihm geworden?"
„Der ist doch gleich, nachdem es passiert war, aus Apron Town abgehauen."
„Wohin?"
„Keine Ahnung. Ich hab' nie wieder etwas von ihm gehört. Fred Spinster! Im Grunde genommen war er der Anführer, nicht wahr? Das Ganze war doch seine Idee gewesen."
„Ich weiß nicht. Wir alle haben, fürchte ich, unser Scherflein dazu beigesteuert."
„Du hast recht, aber Spinster war die treibende Kraft.“
„Das entlastet uns nicht. Ich habe übrigens an Jennys Mutter einige Jahre später fünftausend Dollar überwiesen."
„Fünftausend Dollar?" staunte Bender.
„Ja, ich wollte auf meine Weise wiedergutmachen, was wir verbrochen hatten.
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