Die Gelbe Maske Kommissar Morry
heute!"
„Okay, Bryan, was du sagst, gilt. Ich haue ab!"
*
Als Sutton kurz vor dem Abendessen in seine am Stadtrand gelegene Villa zurückkehrte, empfing ihn der Butler mit der Nachricht, daß ein Herr auf ihn warte.
„Er ist sehr obstinat, Sir. Ich habe mich redlich bemüht, ihn abzuweisen, aber er bestand darauf, Ihre Rückkehr abzuwarten."
„Wer ist es?"
„Ein Mr. Spinster, Sir."
„Spinster? Fred Spinster?"
„Oh, ich bin froh, daß Sie ihn kennen, Sir. Ich fürchtete schon, einen Fehler begangen zu haben. Mr. Spinster macht, äh, nicht unbedingt einen positiven Eindruck."
„War er unhöflich?"
„Wie ich schon erwähnte, zeigte er sich recht obstinat, als ich ihn ersuchte, zu einem späteren Zeitpunkt nochmals wiederzukommen."
„Wo ist er jetzt?"
„Im kleinen Salon, Sir."
„Ist meine Frau zu Hause?“
„Sie ist im Rotary Club und läßt bestellen, daß sie erst gegen acht Uhr zurück sein wird,"
„Vielen Dank", sagte Sutton und ging rasch auf die Tür zu, die zum kleinen Salon führte. Er öffnete sie und trat ein. Am Fenster stand ein Mann, der ihm den Rücken zuwandte.
„Hallo, Fred, erst vor ein paar Stunden haben wir von dir gesprochen!" meinte Sutton und durchquerte den Raum.
Der Mann am Fenster drehte sich um. Er war groß und hager; sein Anzug machte, wie alles an ihm, einen ziemlich heruntergekommenen Eindruck. Spinster hatte schütteres, strohblondes Haar und beinahe farblose, schmale Lippen, die sich zu einem schiefen Lächeln verzogen.
„Welche Ehre!" sagte er. „Der Großindustrielle Sutton läßt sich dazu herab, das kleine, unbedeutende Würstchen Fred Spinter zu erwähnen."
Sutton runzelte die Augenbrauen. Er hatte die Hand ausgestreckt, um Spinster zu begrüßen, aber der übersah die Geste und grinste nur spöttisch.
„Fein herausgemacht hast du dich! Die Leute sagen, du hättest in wenigen Jahren Millionen verdient."
Sutton zog die Rechte zurück. „Die Leute reden viel", meinte er ärgerlich. „Weshalb bist du gekommen?"
„Ich dachte, es wäre ein guter Gedanke, die alte Freundschaft wieder aufzufrischen", meinte Spinster, ohne sein höhnisches Grinsen abzulegen.
„Wir waren nie befreundet!" sagte Sutton plötzlich kühl und abweisend.
„He, du vergißt die alten Tage!"
„Wir waren noch Kinder. Wir wußten gar nicht was Freundschaft heißt."
„Findest du? Ich war damals immerhin schon neunzehn, genauso alt wie du."
„Wir waren achtzehn", erklärte Sutton.
„So? Na, dann wird's wohl stimmen. Du hast das bessere Gedächtnis, nehme ich an. Achtzehn. Okay. Wir wollen uns nicht wegen eines Jahres streiten. Aber Freunde waren wir doch. Oder etwa nicht? Schließlich hat keiner den anderen verpfiffen, wir alle haben dicht gehalten."
Sutton lief rot an. „Kunststück! Jeder war und ist daran interessiert, daß die Geschichte von damals nicht ans Tageslicht kommt."
„Ich glaube, du siehst die Dinge in einem falschen Licht", meinte Spinster bedächtig.
„Was soll das heißen?"
„Nimm zum Beispiel mich. Ich bin ein Habenichts. Was sollte mich davon zurück halten, die Einzelheiten des Verbrechens jedem zu schildern, der sie zu hören wünscht?"
„Das will ich dir sagen. Die Furcht vor dem Gefängnis!" erklärte Sutton.
Spinster lachte kurz und bitter. Er ging vom Fenster weg und ließ sich auf einem mit Brokat bespannten Sofa nieder. „Hm", machte er und prüfte mit der Hand die Qualität der Polsterung und den Stoff. „Wirklich nicht übel! Sowas ist nicht billig, wie? Naja, du hast's ja. Wie wäre es übrigens mit einer kleinen Erfrischung? Ich trinke gern Whisky; vorausgesetzt, daß er schön alt und ausgereift ist."
Sutton biß sich auf die Unterlippe. Er ging zur Tür und riß an einem Klingelzug.
„Wie im Film!" sagte Spinster anerkennend. „Was hast du für diesen Kasten bezahlt?"
„Hör mal, Fred, dein Ton gefällt mir nicht. Komm endlich zur Sache. Weshalb bist du gekommen?"
„Hab ich das nicht schon gesagt? Ich möchte eine alte Freundschaft auffrischen."
Es klopfte. Der Butler trat ein. „Bringen Sie uns den Whisky, zwei Gläser, Eis und Soda", bat Sutton. Der Butler verbeugte sich und verschwand.
„Nobler Haushalt!" bemerkte Spinster und schlug ein Bein über das andere. „So möchte ich auch mal leben."
„Vielleicht solltest du es einmal mit Arbeit versuchen", erwiderte Sutton. „Ich habe mir das alles erarbeitet, mein Lieber. Leicht war das nicht."
Spinster grinste. „Du hattest ein Anfangskapital,
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