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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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maximale Rentabilität. Die meisten Menschen verfügen nur über eine dieser beiden Begabungen …«
    Marcel Grobz hatte sich auf einen Ellbogen gestützt und hörte seiner Geliebten aufmerksam zu.
    »Vertreter können zwar verkaufen, aber sie kennen sich selten mit der wirtschaftlichen Seite des Geschäfts aus: Zahlungsarten, Fristen, Lieferkosten, Nachlässe. Du wärst doch auch aufgeschmissen, wenn ich nicht da wäre …«
    »Du weißt genau, dass ich nicht mehr ohne dich leben kann, Choupette.«
    »Das behauptest du zwar immer. Aber ein paar handfeste Belege dafür wären auch nicht schlecht.«
    »Das liegt nur daran, dass ich so ein miserabler Buchhalter bin.«
    Josianes Lächeln zeigte, dass sie sein Ablenkungsmanöver durchschaut hatte, und sie fuhr unbeirrt fort.
    »Aber genau diese wirtschaftlichen Aspekte machen den Unterschied zwischen einer dreistelligen, einer zweistelligen oder überhaupt keiner Gewinnspanne aus.«
    Nun saß auch Marcel Grobz, mit nacktem Oberkörper, den Kopf gegen die Stäbe des Messingbetts gelehnt. Laut führte er den Gedanken seiner Geliebten zu Ende.
    »Du meinst also, Choupette, ehe Chaval das alles selbst kapiert, ehe er sich gegen mich wendet und zu einer Bedrohung wird …«
    »Sollten wir ihn befördern, genau!«
    »Und auf welche Position?«
    »An die Spitze der Firma. Und während er den Gewinn steigert, gehen wir in die Breite und erweitern unser Angebot … Im Moment hast du gar keine Zeit mehr, neue Trends aufzuspüren. Du agierst nicht mehr, du reagierst. Dabei liegt deine wahre Stärke darin, Stimmungen aufzufangen, die Trends zu wittern, heute schon zu wissen, was die Leute morgen wollen … Wir befördern Chaval auf eine Spitzenposition und überlassen ihm das mühsame Tagesgeschäft, während wir uns um die Zukunft kümmern! Wie klingt das?«
    Marcel Grobz horchte auf. Es war das erste Mal, dass sie »wir« sagte, wenn sie von der Firma sprach. Und das sogar mehrmals hintereinander. Er rückte ein Stück von ihr ab, um sie anzusehen; ihr Gesicht war gerötet, ihre Miene konzentriert, und ihre Augenbrauen hatten sich zu einem steilen V aus gesträubten blonden Härchen zusammengezogen. Ihm fiel auf, dass diese Frau, diese ideale Geliebte, die vor keiner sexuellen Raffinesse zurückschreckte und über alle Talente verfügte, seit ein paar Minuten auch großen Ehrgeiz zeigte. Was für ein Unterschied zu meiner Frau. Wie die rumzickt, wenn sie mir mal einen blasen soll, dabei trau ich mich nur alle Jubeljahre mal zu fragen! Aber egal, wie fest ich ihr den Nacken runterdrück, sie macht’s
einfach nicht. Josiane dagegen ließ sich nicht lange bitten. Mit vollem Einsatz von Hüften, Zunge und Titten katapultierte sie ihn in den siebten Himmel, bis er nach seiner Mutter schrie, feuerte ihn mit ihren Küssen weiter an, leckte ihn, liebkoste ihn, klemmte ihn zwischen ihren kräftigen Schenkeln ein, und wenn die letzten Zuckungen auf seinen Lippen erstarben, nahm sie ihn zärtlich in die Arme, ließ ihn zur Ruhe kommen und stärkte ihn mit einer scharfsinnigen Analyse der Firma, ehe sie ihn erneut ins Paradies beförderte. Was für eine Frau!, dachte er. Was für eine Geliebte! Großzügig. Hemmungslos. Sanft in der Liebe, eisern im Büro. Weiß, milchig, sinnlich, und wo versteckt sie eigentlich ihre Knochen?
    Josiane arbeitete seit fünfzehn Jahren für ihn. Kurz nachdem er sie als Sekretärin eingestellt hatte, war sie auch in seinem Bett gelandet. Als kleine, magere, traurige Gestalt war sie in die Firma eingetreten und unter seinen Fittichen aufgeblüht. Ihr einziger Abschluss war das Zeugnis einer kümmerlichen Schule, wo man ihr Schreibmaschineschreiben und Rechtschreibung beigebracht hatte – zumindest die Grundlagen der Rechtschreibung  –, dazu ein chaotischer Lebenslauf, aus dem hervorging, dass sie nie lange an ein und derselben Stelle blieb. Marcel hatte beschlossen, ihr zu vertrauen. Diese kleine Frau, die da vor ihm stand, hatte etwas Verschlagenes, etwas Verstocktes an sich, das ihm gefiel, ohne dass er hätte sagen können, warum. Alles an ihr war kantig und schroff. Sie konnte sich ebenso gut als Verbündete wie als gefährliche Gegnerin erweisen. Kopf oder Zahl, hatte sich Marcel gesagt. Er war ein Spieler, und er hatte sie eingestellt. Sie stammte aus der gleichen Welt wie er. Das Leben hatte sie durch Ohrfeigen und brutale Kerle geformt, die sich an sie gepresst, sie begrapscht und es ihr besorgt hatten, ohne dass sie das Recht gehabt hätte,

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