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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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sie an etwas anderes dachte. Ihr Blick fiel wieder auf Bérengères Lippen, die auf der einen Seite etwas angeschwollen waren.
    »Warum ist das dann hier so schief?«
    Sie legte einen Finger auf Bérengères linken Mundwinkel und tippte gegen die leichte Schwellung. Wütend schüttelte Bérengère den Kopf, um sie loszuwerden.
    »Ganz ehrlich, es sieht komisch aus. Da auf der linken Seite ist die Lippe viel höher. Oder schneidest du aus lauter Neugier Grimassen? Ist dein Leben so langweilig, dass du nach jedem noch so lächerlichen Klatsch schnappst, um daraus eine Affäre zu machen?«
    »Sei nicht so gemein!«
    »Keine Sorge, auf dem Gebiet werde ich dir nie das Wasser reichen können.«
    Bérengère ließ sich zurücksinken und blickte in gespielter Gleichgültigkeit zur Tür. Das Restaurant war brechend voll, aber sie sah kein einziges bekanntes Gesicht. Einer Frisur oder einem Profil einen Namen zuordnen zu können, beruhigte sie, aber an diesem Tag gab es nicht einen vertrauten Namen, den sie zur weiteren Verwendung abspeichern konnte. Ist das Lokal schon wieder out, oder bin ich es?, fragte sie sich und umklammerte die Armlehnen ihres Stuhls.
    »Ich könnte sehr gut verstehen, wenn du das Bedürfnis nach… Gesellschaft hättest. Du bist schon so lange verheiratet … Jeden Tag Seite an Seite im Bad die Zähne zu putzen, das überlebt keine Leidenschaft …«
    »Keine Sorge, wir schlafen noch oft genug miteinander.«
    Bérengère zuckte mit den Schultern.
    »Unmöglich … Nicht nach so vielen Jahren Ehe.«
    Und, fügte sie im Stillen hinzu, nicht nach dem, was ich gehört habe!
    Sie zögerte einen Moment, dann fuhr sie fort mit einer rauen, tonlosen Stimme, die Iris aufhorchen ließ: »Weißt du, was in Paris über deinen Mann gemunkelt wird?«
    »Auf solche Gerüchte gebe ich nichts.«
    »Nein, nein, ich auch nicht. Es ist ja auch ungeheuerlich!«
    Bérengère schüttelte den Kopf, als könne sie es nicht fassen. Sie schüttelte den Kopf, um den Moment in die Länge zu ziehen und ihre Freundin auf die Folter zu spannen. Und sie schüttelte den Kopf, um noch einmal die Süße des Gifts auszukosten, das sie in Iris’ Gedanken träufelte. Diese saß ihr ungerührt gegenüber. Ihre langen Finger mit den rot lackierten Nägeln spielten mit einer Falte in der weißen Tischdecke, aber das war auch das einzige Zeichen, das als mögliche Ungeduld hätte gedeutet werden können. Bérengère wäre es lieber gewesen, wenn Iris sie gedrängt hätte weiterzureden, aber sie wusste, dass das nicht ihre Art war. Iris’ große Stärke lag in einer Passivität, die an nahezu vollkommene Gleichgültigkeit heranreichte, so als könnte nichts sie jemals wirklich berühren.
    »Angeblich … Soll ich es dir wirklich sagen?«
    »Wenn du unbedingt willst.«
    In Bérengères Augen sah sie eine unterdrückte Freude aufleuchten, die nur darauf wartete hervorzubrechen. Es muss etwas Ernstes sein, dachte Iris, ein belangloses Gerücht würde sie nicht in solche Erregung versetzen. Und die will meine Freundin sein! In wessen Bett wird sie Philippe legen? Philippe ist ein Mann, auf den es die Frauen abgesehen haben: gut aussehend, gebildet, und er hat Geld. Die drei großen G, wie Bérengère es nennt. Und geisttötend, fügte sie hinzu, während sie mit ihrem Messer spielte. Aber das merkt man nur, wenn man mit ihm zusammenlebt. Sie war die Einzige, die den todlangweiligen Alltag ihres begehrten Ehemannes teilte. Was für eine seltsame Freundschaft, die gerade darin besteht, die geliebte Person nicht zu schonen, sondern genau die Stelle aufzuspüren, die am meisten schmerzt, um den tödlichen Pfahl hineinzurammen.
    Sie kannten sich seit Langem. Grausame Vertrautheit zweier Frauen, die sich gegenseitig ständig belauerten und einander doch nicht missen mochten. Eine abwechselnd gehässige und zärtliche Freundschaft, in der jede die andere unablässig taxierte, bereit, zuzubeißen
oder die Wunde zu verbinden. Je nach Laune. Und nach Größe der Bedrohung. Denn, dachte Iris, wenn mir etwas Schlimmes zustoßen sollte, wäre Bérengère an meiner Seite. Rivalinnen, solange sie noch Krallen und Zähne hatten, Verbündete, sollte eine von ihnen ins Wanken geraten.
    »Du willst es also wissen?«
    »Ich rechne mit dem Schlimmsten«, entgegnete Iris spöttisch.
    »Ach, weißt du, das ist sicher nur Gerede …«
    »Beeil dich, gleich habe ich vergessen, über wen wir reden, und dann ist es nur noch halb so lustig.«
    Je länger Bérengère

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