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Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition)

Titel: Die gelben Augen der Krokodile: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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Systems?«
    Ihr Ellbogen rutschte auf der Wachstuchdecke ab und plötzlich kam Joséphine der Gedanke, dass die gleiche Frage womöglich auch für sie selbst galt. Seit sie auf sich allein gestellt war, von Rechnungen verfolgt wurde, die sie selbst bezahlen musste, wuchsen ihre Fähigkeiten und ihre Umsicht. Als drängte sie das Wissen um die Gefahr dazu, doppelt so schnell zu arbeiten, zu arbeiten und immer weiterzuarbeiten …
    Wenn das ganze Geld nicht genauso schnell wieder verschwände, könnte ich nächsten Sommer ein Ferienhaus für die Mädchen mieten, ich könnte ihnen die schönen Kleider kaufen, die sie sich wünschen, mit ihnen ins Theater gehen oder ins Konzert … Wir könnten einmal pro Woche essen gehen und uns hübsch machen! Ich würde zum Friseur gehen und mir ein schönes Kleid kaufen, dann würde Hortense sich auch nicht mehr für mich schämen …
    Sie gönnte sich noch ein paar Minuten solcher Träumereien, dann riss sie sich zusammen: Sie hatte Shirley versprochen, ihr zu helfen, die Torten für eine Hochzeit zu liefern. Es war ein großer Auftrag. Shirley brauchte sie, damit die Torten in ihrem Kombi nicht hin und her rutschten. Außerdem sollte sie hinter dem Steuer sitzen bleiben, während Shirley die Torten hineinbrachte, falls sie keinen Parkplatz fänden.
    Sie räumte ihre Sachen zusammen, ihr Rechnungsheft, den Bleistift, den roten Kugelschreiber. Blieb noch einen Moment sitzen, saugte versonnen an der Kappe des roten Stifts und stand schließlich auf, zog ihren Mantel an und ging hinüber zu ihrer Freundin.
     
    Shirley wartete schon im Treppenhaus und wippte ungeduldig mit dem Fuß. Gary stand in der Tür. Er winkte Jo kurz zu und schloss die Tür. Joséphine unterdrückte einen verblüfften Aufschrei, der Shirley nicht entging.
    »Was ist denn los? Hast du ein Gespenst gesehen?«
    »Nein, aber Gary … ich habe ihn als Mann gesehen, als den Mann, der er in ein paar Jahren sein wird. Meine Güte, sieht er gut aus!«
    »Ja, ich weiß, die Frauen fangen allmählich an, ihm hinterherzuschauen.«
    »Weiß er das?«
    »Nein! Und ich werde es ihm ganz bestimmt nicht sagen … Er soll nicht einer von diesen eingebildeten Bengels werden.«
    »Bengeln, Shirley, nicht Bengels.«
    Shirley zuckte mit den Schultern. Sie hatte die Lattenkisten mit den Torten aufeinandergestapelt.
    »Aber sag … sein Vater kann nicht übel gewesen sein, oder?«
    »Sein Vater war der schönste Mann der Welt … Und das war im Übrigen auch sein größter Vorzug!«
    Sie runzelte die Stirn und fuhr mit der Hand durch die Luft, als wollte sie eine böse Erinnerung verscheuchen.
    »Was soll’s … Wie gehen wir jetzt am besten vor?«
    »Wie du willst … Du weißt, was zu tun ist, also entscheide du.«
    Joséphine überließ Shirley die Planung.
    »Wir bringen alles nach unten, und du passt auf die Torten auf,
während ich das Auto hole. Dann laden wir alles ein, und los geht’s … Ruf den Aufzug und blockier die Tür.«
    »Kommt Gary auch mit?«
    »Nein. Sein Französischlehrer ist krank. Dieser Mensch ist immer krank … Und statt in der Schule zu bleiben und Hausaufgaben zu machen, kommt er nach Hause und liest Nietzsche! Andere Mütter haben picklige Teenager, ich habe einen Intellektuellen! Los, komm! Vor lauter Schwatzen vergessen wir die Zeit. Move on! «
    Joséphine gehorchte. Nach wenigen Minuten waren die Torten auf dem Rücksitz verstaut, und Joséphine hielt die Lattenkisten mit einer Hand fest, damit sie nicht ins Rutschen gerieten.
    »Sieh mal auf dem Stadtplan nach, ob wir auch anders fahren können als über die Avenue Blanqui«, bat Shirley
    Joséphine angelte nach dem Stadtplan, der im Fußraum herumlag, und suchte nach einer Alternative.
    »Meine Güte, bist du langsam, Jo.«
    »Ich bin nicht langsam, du bist gestresst. Lass mich doch in Ruhe nachschauen.«
    »Du hast recht. Es ist so lieb von dir, dass du mitkommst. Ich sollte mich bei dir bedanken, statt dich anzuschreien.«
    Genau das ist der Grund, warum ich diese Frau so liebe, dachte Jo, während sie weiter den Stadtplan studierte. Wenn sie unfair war, gibt sie es zu, und wenn sie unrecht hat, ebenfalls. Alles an ihr passt. Ihre Worte, ihre Gesten, ihre Taten stimmen mit ihren Gedanken überein. Nichts ist falsch oder gekünstelt.
    »Du kannst auch über die Rue d’Artois fahren, dann biegst du in die Maréchal Joffre ein, und wenn du dann gleich die Erste rechts nimmst, kommst du geradewegs zu deiner Rue Clément

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