Die Gelehrten der Scheibenwelt
Verbindung (nicht bloß ein Gemisch) aus den beiden Elementen Natrium (einem weichen, brennbaren Metall) und Chlor (einem giftigen Gas). Wasser ist eine Verbindung, die aus Wasserstoff und Sauerstoff (beides Gase) besteht. Luft ist ein Gemisch, das aus verschiedenen Gasen wie Sauerstoff (einem Element), Stickstoff (ebenfalls einem Element) und Kohlendioxid (einer Verbindung von Kohlenstoff und Sauerstoff) besteht. Erde ist ein sehr kompliziertes Gemisch, und die Mischung ändert sich von Ort zu Ort. Feuer ist überhaupt keine Substanz, sondern ein Prozeß, an dem heiße Gase beteiligt sind.
Es dauerte eine Weile, bis sich das alles geklärt hatte, doch 1789 hatte Antoine Lavoisier eine Liste von 33 Elementen aufgestellt, die eine brauchbare Auswahl aus denen waren, die wir heute verwenden. Er machte ein paar verständliche Fehler, und er zählte sowohl Licht als auch Wärme zu den Elementen, doch seine Herangehensweise war systematisch und sorgfältig. Heute kennen wir 112 verschiedene Elemente. Ein paar davon werden künstlich erzeugt, und manche von diesen haben auf der Erde nur einen winzigen Sekundenbruchteil lang existiert, doch die meisten Elemente von der Liste können aus dem Boden gegraben, aus dem Meer gewonnen oder aus der uns umgebenden Luft ausgesondert werden. Und abgesehen von einigen weiteren künstlichen Elementen, die in der Zukunft vielleicht hergestellt werden können, ist die gegenwärtige Liste mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vollständig.
Wir brauchten noch eine Weile, bis wir soweit waren. Die Kunst der Alchimie machte langsam der Wissenschaft der Chemie Platz. Allmählich wuchs die Liste der anerkannten Elemente; gelegentlich schrumpfte sie, wenn man feststellte, daß ein vermeintliches Element in Wahrheit eine Verbindung war, wie Lavoisiers Kalk, der, wie man heute weiß, aus den Elementen Kalzium und Sauerstoff besteht. Was sich nicht änderte, war das einzige, was die Griechen richtig erkannt hatten: Jedes Element war ein einmaliges Individuum mit seinen eigenen charakteristischen Eigenschaften. Dichter, fester, flüssiger oder gasförmiger Zustand bei Zimmertemperatur und normalem Atmosphärendruck, der Schmelzpunkt fester Stoffe – für jedes Element hatten diese Größen feststehende, unveränderliche Werte. Genauso ist es auf der Scheibenwelt mit ihren für unsere Augen bizarren Elementen wie Chelonium (als unerläßlicher Bestandteil weltentragender Schildkröten), Elefantenstoff (dito für Elefanten) und Narrativium – ein nicht nur auf der Scheibenwelt, sondern auch zum Verständnis unserer eigenen Welt äußerst wichtiges ›Element‹. Die charakteristische Eigenschaft von Narrativium besteht darin, Geschichten zusammenhängend zu machen. Der menschliche Geist liebt eine gute Dosis Narrativium.
In unserem Universum verstanden wir allmählich, wieso Elemente einzigartige Individuen sind und was sie von Verbindungen unterscheidet. Abermals geht der erste Schimmer der richtigen Idee auf die Griechen zurück, nämlich auf Demokrits Annahme, das alle Materie aus winzigen unsichtbaren Teilchen besteht, die er Atome (griechisch für ›unteilbar‹) nannte. Es ist nicht bekannt, ob irgend jemand, und sei es Demokrit selbst, das in der Antike wirklich glaubte – vielleicht war es nur ein kluges Argument in einer Debatte. Boyle griff die Idee wieder auf und äußerte die Ansicht, zu jedem Element gehöre eine einzige Art von Atomen, während Verbindungen aus verschiedenen Arten von Atomen zusammengesetzt seien. Also besteht das Element Sauerstoff aus Sauerstoffatomen und weiter nichts, das Element Wasserstoff aus Wasserstoffatomen und weiter nichts, aber die Verbindung Wasser besteht nicht aus Wasseratomen und weiter nichts, sie besteht aus Atomen von Wasserstoff und Atomen von Sauerstoff.
1807 hatte einer der bedeutendsten Schritte in der Entwicklung sowohl der Chemie als auch der Physik stattgefunden. Der Engländer John Dalton hatte einen Weg gefunden, eine gewisse Ordnung in die verschiedenen Atome zu bringen, aus denen die Elemente bestehen, und einen Teil dieser Ordnung auch auf Verbindungen zu übertragen. Seine Vorgänger hatten bemerkt, daß Elemente, wenn sie sich zu Verbindungen zusammenschließen, das in einfachen und charakteristischen Mengenverhältnissen tun. Soviel Sauerstoff plus soviel Wasserstoff ergibt soviel Wasser, und die Gewichtsverhältnisse von Sauerstoff und Wasserstoff sind immer dieselben. Überdies passen diese Verhältnisse alle hübsch
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