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Die Gelehrten der Scheibenwelt

Die Gelehrten der Scheibenwelt

Titel: Die Gelehrten der Scheibenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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den Alchimisten der Scheibenwelt ähneln würden, die nur Wege gefunden haben, Gold in weniger Gold zu verwandeln.
    Dank der Bemühungen der Physiker wissen wir jetzt, daß Atome aus anderen, kleineren Teilchen bestehen. Eine Zeitlang glaubte man, es gebe nur drei solcher Teilchen: das Neutron, das Proton und das Elektron. Das Neutron und das Proton haben fast die gleiche Masse, während das Elektron im Vergleich dazu winzig ist; das Neutron hat keine elektrische Ladung, das Proton hat eine positive Ladung und das Elektron eine negative, die das exakte Gegenstück zu der des Protons ist. Atome haben keine Gesamtladung, also ist die Zahl der Protonen gleich der Zahl der Elektronen. Für die Anzahl der Neutronen gibt es keine derartige Beschränkung. Das Atomgewicht eines Elements erhält man, indem man die Anzahl der Protonen und Neutronen addiert – Sauerstoff beispielsweise hat acht von jeder Sorte, und 8 + 8 = 16, das Atomgewicht.
    Atome sind nach menschlichen Maßstäben unglaublich klein – etwa ein Dreißigmillionstel eines Zentimeters im Durchmesser für ein Bleiatom. Die Teilchen, aus denen sie bestehen, sind aber noch erheblich kleiner. Indem sie Atome voneinander abprallen ließen, haben Physiker herausgefunden, daß sie sich so verhalten, als ob Protonen und Neutronen einen winzigen Bereich im Zentrum einnähmen – den Kern –, die Elektronen aber außerhalb des Kerns über ein vergleichsweise viel größeres Gebiet verteilt seien. Eine Zeitlang stellte man sich das Atom wie eine Art kleines Sonnensystem vor, wobei der Kern die Rolle der Sonne spielte und die Elektronen die der Planeten. Dieses Modell funktionierte aber nicht sonderlich gut – zum Beispiel ist das Elektron eine bewegte Ladung, und gemäß der klassischen Physik sendet eine bewegte Ladung Strahlung aus, also sagte das Modell voraus, daß im Bruchteil einer Sekunde jedes Elektron eines Atoms seine gesamte Energie abstrahlen und auf einer Spiralbahn in den Kern fallen würde. Mit der Art Physik, die sich aus Isaac Newtons monumentalen Entdeckungen entwickelt hat, funktionieren Atome einfach nicht, wenn sie wie Sonnensysteme aufgebaut sind. Nichtsdestoweniger ist das der allgemein verbreitete Mythos, die Lüge-für-Kinder, die einem sofort in den Sinn kommt. Sie ist mit soviel Narrativium ausgestattet, daß wir sie nicht austilgen können.
    Nach langen Debatten beschlossen die Physiker, die mit Materie in sehr kleinem Maßstab arbeiteten, das Sonnensystem-Modell beizubehalten und die Newtonsche Physik wegzuwerfen, indem sie sie durch die Quantentheorie ersetzten. Ironischerweise funktionierte das Sonnensystem-Modell des Atoms immer noch nicht besonders gut, doch es hielt sich lange genug, um der Quantentheorie den entscheidenden Anstoß zu geben. Nach der Quantentheorie haben die Protonen, Neutronen und Elektronen, aus denen ein Atom besteht, überhaupt keinen exakten Ort – sie sind wie verschmiert. Aber man kann sagen, wie sehr verschmiert sie sind, und die Protonen und Neutronen sind über ein winziges Gebiet in der Mitte des Atoms verschmiert, während die Elektronen übers ganze Atom verschmiert sind.
    Wie das physikalische Modell auch beschaffen sein mochte, alle stimmten darin überein, daß die chemischen Eigenschaften eines Atoms hauptsächlich von seinen Elektronen bestimmt werden, weil die Elektronen außen sind; also können die Atome sich aneinanderhängen, indem sie Elektronen austauschen. Wenn sie sich aneinanderhängen, bilden sie Moleküle, und das ist die Chemie. Da ein Atom insgesamt elektrisch neutral ist, muß die Anzahl der Elektronen gleich der Anzahl der Protonen sein, und es ist diese ›Ordnungszahl‹, nicht das Atomgewicht, das die von Mendelejew entdeckte Periodizität hervorbringt. Für gewöhnlich beträgt jedoch das Atomgewicht ungefähr das Doppelte der Ordnungszahl, weil aus Quantengründen die Anzahl der Neutronen der der Protonen ziemlich nahekommt, so daß man praktisch dieselbe Reihenfolge bekommt, einerlei, welche der beiden Größen man benutzt. Nichtsdestoweniger ist es die Ordnungszahl, die für die Chemie mehr Sinn ergibt und die Periodizität erklärt. Es zeigt sich, daß das Perioden-Intervall 8 wirklich wichtig ist, weil die Elektronen in einer Reihe von ›Hüllen‹ existieren wie russische Matrjoschka-Puppen, eine in der anderen, und in den unteren Bereichen der Liste der Elemente besteht eine komplette Schale aus acht Elektronen.
    Weiter werden dann die Schalen größer, und die

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