Die Geliebte des Koenigs
schmerzlich. „Aber warum weiß ich von all diesen Dingen nichts? Ich bin doch ihr Vater!“ Er schüttelte den Kopf. Dann straffte er die Schultern. „Von jetzt an wird alles anders.“
„Versprochen?“
„Versprochen!“
„Und was ist mit deiner Mutter?“
„Glaube mir, ich will sie eigentlich nicht hier bei mir haben. Aber ich kann sie auch nicht einfach rauswerfen. Seit ich ein kleiner Junge war, ist mir eingeimpft worden, dass ich meine Mutter und meine Schwestern zu ehren, zu verteidigen und zu beschützen habe.“ Er sah sie beinahe verzweifelt an. „Für dich scheint alles so einfach und normal zu sein – offen reden, selbstlos teilen. Für mich ist das ungeheuer schwer.“
„Aber mit mir redest du doch auch!“
„Du bist auch anders … bei dir bin selbst ich ein anderer … einfach nur ich – nicht Prinz Sharif, und schon gar nicht König Fehz.“
„Aber bei Zulima …“
„Nein!“ Vehement schüttelte er den Kopf. „Am Anfang unserer Ehe habe ich einen schrecklichen Fehler begangen, den Zulima mir nie verziehen hat. Nicht einmal in der Stunde ihres Todes.“
„Das kann ich nicht glauben, Sharif! Was hast du ihr angetan?“
Er zögerte und sah sie mit einem eigentümlichen Blick an, den Jesslyn nicht deuten konnte. „Ich habe sie mit deinem Namen angeredet, als wir … zusammen waren.“
„Du hast ihr doch nicht absichtlich wehtun wollen“, entgegnete sie.
„Natürlich nicht, aber sie wusste, wie ich zu dir stand, und dass ich immer noch nicht über dich hinweg war.“
Jesslyn sah ihn an. Und mit einem Mal wurde sie sich bewusst, dass sie ihn mehr als alles andere liebte. Sie hatte ihn immer geliebt und liebte ihn auch jetzt noch.
Aus einem Impuls heraus küsste sie ihn – und Sharif erwiderte ihre Zärtlichkeit. Für einen kostbaren Moment genossen sie einfach die Nähe des anderen.
Doch unvermittelt löste Sharif sich von ihr. „Mein ganzes Leben wäre völlig anders verlaufen, wenn wir beide geheiratet hätten.“
„Dann hättest du aber deine Töchter nicht bekommen.“
„Es wären unsere Töchter geworden.“
Jesslyn schluckte heftig. Jetzt war der richtige Zeitpunkt gekommen, um ihm von ihrer Unfruchtbarkeit zu erzählen, damit Sharif einsah, dass er doch den richtigen Weg gewählt hatte. Aber sie brachte es nicht fertig.
„Die Kinder hätten eine Mutter wie dich gebraucht“, sagte er bitter. Unvermittelt wandte Sharif sich ihr zu. „Warum hast du mich damals verlassen, Jesslyn?“, fragte er eindringlich.
„Wir passten einfach nicht zusammen.“
„Oh doch, das taten wir! Unsere Beziehung war so natürlich, so harmonisch, dass daran gar nichts falsch sein konnte.“
Gequält schloss Jesslyn die Augen. „Deine Mutter hat unsere Beziehung nie akzeptiert.“ Sie erinnerte sich noch genau an Königin Reynas Worte. Sharif wird Sie nie heiraten. Nicht nur, dass Sie aus einer völlig anderen Welt stammen als er … Sie können ihm keine Kinder schenken, weil Sie durch den Unfall unfruchtbar geworden sind, nicht wahr? Aber Sharif braucht Erben, die einmal seine Thronnachfol ge antreten … Diese Worte hatten sie damals tief getroffen. Sie hatte nicht geahnt, dass die Königin darüber Bescheid wusste. „Deine Mutter hat mir gesagt, dass ich als Braut für dich nicht infrage komme.“
„Dann hast du mich deshalb verlassen? Weil du die Zustimmung meiner Mutter nicht hattest?“
„Es ging nicht um die Zustimmung deiner Mutter, Sharif.“ Sie senkte den Kopf. „Es ist etwas sehr Persönliches, worüber ich nicht reden kann.“
„Komm schon, Jesslyn! Du bist Lehrerin. Und die können über alles reden.“
Stumm schüttelte sie den Kopf.
„Dann verrate ich dir, welche Erklärung mir meine Mutter wegen deines Verhaltes angeboten hat.“ Seine Miene hatte sich verfinstert. Er kam auf sie zu und lachte freudlos auf. „Sie behauptet nämlich, einen kleinen Deal mit dir abgeschlossen zu haben. Du bist gegangen und hast als Dankeschön für deine Kooperation Geld bekommen.“
Jesslyns Herz schlug plötzlich bis zum Hals. Hatte Sharif den Verstand verloren? „Deine Mutter behauptet, ich hätte Geld von ihr angenommen?“
Sharif stand nun direkt vor Jesslyn im Sand und umfasste ihre Schultern. Eindringlich sah er sie an. „Hast du nicht?“
„Nein, ich habe dich nie betrogen“, flüsterte sie. „Ich habe immer nur das Beste gewollt und getan. Für dich.“
„Ist das die Wahrheit? Schau mir in die Augen und sage mir, dass das die Wahrheit
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