Die Geliebte des Malers
Etwas Langes, Schlankes.« Mit beiden Händen umfasste er ihre Hüfte. »Rundungen haben Sie praktisch keine, und Ihre Taille ist schmal wie die eines Kindes. Ja, und hochgeschlossen muss es sein, damit wir uns um das fehlende Dekolleté keine Gedanken machen müssen.«
Mit hochroten Wangen ließ Cassidy sich von dem Hocker gleiten und stieß Colin von sich. »Das hier ist mein Körper, falls es Ihnen noch nicht aufgefallen sein sollte. Auf Ihr Urteil kann ich gut verzichten, auch auf Ihre Hände auf meinen … meinen angeblich nicht vorhandenen Hüften. Und mein Dekolleté oder ein Mangel desselben geht Sie überhaupt nichts an.«
»Seien Sie nicht kindisch«, tat er barsch ab und drückte sie auf den Schemel zurück. »Ihr Körper ist im Moment nur aus rein künstlerischer Sicht von Interesse für mich. Sollte sich das ändern, werden Sie es als Erste erfahren.«
»Momentchen mal, Sullivan!« Wieder schlüpfte sie von dem Stuhl und schüttelte wütend ihr Haar zurück. Sie würde ihn schon in seine Grenzen weisen!
»Absolut spektakulär.« Er griff in ihr Haar am Nacken und zog ihr Gesicht näher zu sich heran. »Sie sehen großartig aus, wenn Sie wütend sind, Cass. Aber das ist nicht die Stimmung, die ich von Ihnen brauche. Später vielleicht.«
Seine Mundwinkel verzogen sich, als ein träges Lächeln über sein Gesicht zog. Mit den Fingern massierte er leicht ihren Nacken. Obwohl Cassidy vermutete, dass beides von ihm mit einer ganz bestimmten Absicht eingesetzt wurde, verminderte das nicht die Wirkung auf sie. Seine Finger brannten auf ihrer Haut. Dieses physische Bewusstsein war ihr unbekannt und ließ sie verstummen. Das hier war etwas völlig Neues für sie.
Als er jetzt wieder zu sprechen anhob, war der tiefe Ton seiner Stimme nicht weniger machtvoll als seine sanft streichelnden Finger. Und der irische Akzent wurde stärker. »Ich suche nach einer Illusion und gleichzeitig nach der Realität. Es ist ein Wunschtraum. Können Sie dieser Wunschtraum für mich sein, Cass?«
Und in diesem Moment, das Gesicht nur wenige Zentimeter von seinem entfernt, ihre Körper so nah, dass sie seine Wärme spüren konnte, da hätte Cassidy alles sein können, was er von ihr verlangte. Nichts war unmöglich. Sie erkannte, worin seine Macht über Frauen lag: in dem Charme, den er so urplötzlich einzusetzen vermochte, in seinem Freibeuteraussehen, in seiner Stimme. Hinzu kamen die unverblümte sexuelle Ausstrahlung, die er nach Belieben einsetzen konnte, und die Ungeduld, die aus seiner gesamten Haltung sprach.
Es bestand kein Zweifel, dass er sich dieser Macht bewusst war und sie schamlos für seine Zwecke benutzte. Cassidy selbst wurde davon überwältigt. Unwillkürlich fragte sie sich, wie sich seine Lippen wohl anfühlten. Ob ein Kuss von ihm so aufregend wäre, wie sie es sich vorstellte? Würde sie sich in ihm verlieren? Oder wäre er einfach nur eine Erfahrung ohne Bedeutung?
Wie um sich vor ihren eigenen verräterischen Gedanken zu schützen, legte sie beide Hände auf seine Brust und drückte sich von ihm ab. »Sie sind kein einfacher Mann, nicht wahr, Colin?« Sie musste tief durchatmen, um ihre Fassung wiederzufinden.
»Nein, ganz und gar nicht«, stimmte er anstandslos zu. Den Ausdruck, der über sein Gesicht huschte, hätte Cassidy als eine Mischung aus leichter Verärgerung und Neugier bestimmt. »Wie alt sind Sie, Cassidy?«
»Dreiundzwanzig«, antwortete sie und sah ihn offen an. »Wieso?«
Mit einem Schulterzucken steckte er die Hände in die Hosentaschen und begann im Raum auf und ab zu marschieren. »Ich muss alles über Sie wissen, was es zu wissen gibt. Denn es wird auf die eine oder andere Weise in das Bild einfließen, und ich muss damit arbeiten können. Aber jetzt muss ich dieses verflixte Kleid finden, und zwar schnell. Ich will sofort anfangen. Die Zeit ist genau richtig.« Er klang plötzlich gehetzt. Diese Eile stand in deutlichem Gegensatz zu der Stimmung, in der er vorhin noch gewesen war. Wer war dieser Colin Sullivan? Cassidy hatte das bestimmte Gefühl, dass es gefährlich werden könnte, die Antwort auf diese Frage zu finden. Und dennoch reizte sie der Gedanke.
»Ich glaube, ich weiß da von einem Kleid, das Ihren Vorstellungen entgegenkäme«, setzte sie vorsichtig an, leicht ratlos wegen seiner Stimmung. »Es hat eher die Farbe von Austern, aber es ist gerade geschnitten und am Hals hochgeschlossen. Allerdings ist es schrecklich teuer. Es ist nämlich aus Seide …«
»Wo ist
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