DIE GELIEBTE DES MILLIARDAERS
Carly auf ihre Armbanduhr und griff nach dem Koffer. In zwei Minuten sollte das Auto da sein, das Ricardo ihr geschickt hatte. Höchste Zeit, dass sie nach draußen ging.
Am Donnerstagmorgen war Lucy ins Büro geplatzt und hatte geschrien: „Du liebe Güte, Carly, mir ist gerade klar geworden, dass im Kostümfundus nichts ist, was dir passt!“
Der „Kostümfundus“ war in Wirklichkeit ein kleines Zimmer im Londoner Haus von Lucys Eltern. Dort hingen die glamourösen Outfits, die Lucy und Jules bei den Events trugen. Glücklicherweise hatten beide Frauen dieselbe Kleidergröße.
Die Designersachen waren alle secondhand gekauft und stammten aus den verschiedensten Quellen.
„Guckt euch das an“, hatte Lucy nach ihrer letzten Einkaufsexpedition staunend gesagt und etwas hochgehalten, was wie ein mit Pailletten besetztes Taschentuch aussah. „Wer in aller Welt würde so ein Ding kaufen?“
„Du hast es getan“, hatte Carly lachend erwidert.
„Ja, aber ich habe nur fünfzig Pfund dafür bezahlt. Neu hat es über eintausend gekostet.“
„Es ist sehr sexy“, meinte Jules nach einem gründlichen Blick.
Doch Carly hatte ihr widersprochen. „Ich finde es eher vulgär und flittchenhaft.“
„Hm … Tja also, Nick hat es entdeckt.“
Weil Carly die Sachen im „Kostümfundus“ nicht passten, hatte Lucy am Donnerstag energisch verkündet: „Los, Carly. Wir müssen auf einen Fischzug gehen und dich einkleiden!“
Anfangs hatte sie sich gesträubt, doch Jules und Lucy hatten nicht lockergelassen.
Sämtliche in Secondhandshops und Marktbuden gefundenen Outfits waren an diesem Morgen aus der Reinigung gekommen und lagen jetzt in Carlys Koffer, zusammen mit ihren eigenen Sachen. Sie sah im Geiste noch einmal alles durch: ein weißer Seidenhosenanzug, zwei Abendkleider, ein Badeanzug mit passendem Hosenrock und Jacke. Ihre eigenen sportlich-eleganten Sommersachen waren von Lucy begutachtet und für perfekt erklärt worden.
Den Koffer hinter sich herziehend, stieß Carly die Haustür auf und trat hinaus in die Vormittagssonne.
Vom Rücksitz aus beobachtete Ricardo Carly, während der Chauffeur die Limousine aus der Parklücke fuhr, die er ein Stück vom Haus entfernt gefunden hatte.
Keine Kosten scheuen, aber jemand anderen dafür zahlen lassen. Für diesen Lebensstil ist Carly ein typisches Beispiel, dachte Ricardo verächtlich. Weißes T-Shirt, perfekt sitzende Blue Jeans, langes, glänzendes Haar, dezentes Make-up, Sonnenbrille, „gute“ Armbanduhr, Slipper. Die viel zu dünne Frau im Designermix, die gerade auf Stilettoabsätzen an Carly vorbeistöckelte, konnte ihr nicht das Wasser reichen. Keine Frage: Carly hatte Klasse.
Wie würde sie im Bett sein? Neugierig? Oder doch eher passiv gelangweilt?
Unwillkürlich musste Ricardo an eine andere Frau aus ihrer Schicht denken, eine, die er kennen gelernt hatte, als er schon etwas verbittert, aber noch nicht völlig abgestumpft war. Er hatte sie hübsch gefunden, bis sie ihre finanziellen Forderungen immer höher geschraubt und einen Ehering im Austausch gegen den angeblichen Vorteil, in eine höhere Gesellschaftsschicht aufzusteigen, verlangt hatte. Voller Verachtung hatte er ihr daraufhin gesagt, er würde eine ehrliche Hure vorziehen.
Natürlich forderten Frauen wie Carly niemals offen Geld für Sex, doch sie suchten mit Argusaugen nach dem reichsten Ehemann, den sie finden konnten. Er zahlte und bekam dafür Sex mit einer Luxuspuppe, deren Ansprüche höher waren als das Vermögen ihrer vornehmen Familie. Das war ein Tauschhandel, der Ricardo anekelte.
Schon lange machte er sich keine Illusionen mehr über Frauen oder Sex. Er war so reich, dass er jede Frau bekommen konnte. Auch Carly. Das hatte sie ihm schon deutlich zu verstehen geben, als sie ihn so unverfroren angestarrt hatte. Ihr Blick war eine offene Einladung gewesen. Vermutlich würde sie bei der erstbesten Gelegenheit mit ihm schlafen. Und am nächsten Morgen ein Schmuckstück erwarten oder einen Anruf aus einem exklusiven Laden – sie möge doch vorbeikommen und sich etwas aussuchen…
So wurden diese Dinge in ihren Kreisen geregelt.
Ich denke zu viel an sie, warnte sich Ricardo. Schließlich wollte er in erster Linie Prêt a Party kaufen und nicht Carly Carlisle.
Als die elegante stahlgraue Limousine neben ihr hielt und Ricardo ausstieg und nach ihrem Koffer griff, war Carly völlig verblüfft. Unsicher blickte sie zum Chauffeur.
„Charles fährt. Ich bin sehr wohl imstande,
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