Die Geliebte des Piraten
er hat sie verkauft. An einen Sultan oder Prinzen.«
Der Schwarze Engel packte fester zu, bis seine Knöchel weiß wurden und man sie knacken hören konnte. »Der Junge … wo ist der Junge?«
Barkmon runzelte die Stirn. »Welcher Junge?«
Das Schwert des Piraten ritzte seine Kehle ein wenig tiefer.
»Ich schwöre, dort ist kein Kind!«
Die Augenbrauen des Piraten zogen sich zusammen. »Wenn Eastwick das Leben seiner Frau und seines Kindes einfach so auslöschen kann, was, Direktor, glaubt Ihr, wird er dann mit Euch machen?«
Barkmons Knie gaben nach, und mit einem Stoß und einem Laut des Abscheus schleuderte der Pirat ihn gegen die nächstbeste Wand. Barkmon wagte es nicht, sich zu rühren. Die Piraten öffneten jetzt den Riegel des Gitters, das die Ladeluke abdeckte, und begannen, Fässer und Kisten herauszuhieven. Barkmon war bewusst, dass Eastwick ihm auch diese Sache anlasten würde. Eastwick würde ihn fertig machen und seinen Ruf ruinieren, und er selbst würde unbeschadet aus dieser Sache herauskommen – so duftend und makellos wie die Wäsche seiner Frau. Während ein Fass nach dem anderen auf das Piratenschiff hinübergetragen wurde, sah Barkmon sein Ende drohend kommen.
Besonders, wenn sie entdeckten, was genau sich in den kleinen Tonnen befand.
Raiden blätterte das Logbuch durch und überflog die Seiten, um herauszufinden, wohin dieses Schiff unterwegs war, und um seine Folgerungen aus Barkmons Angaben zu ziehen.
»Captain!«
Raiden schaute gerade noch rechtzeitig auf, um zu sehen, wie Barkmon an der Reling entlanglief und dann über Bord sprang.
»Mann über Bord!«
»Holt ihn da raus, um Gottes willen.« Raiden warf Kahlid das Logbuch zu, eilte an die Reling und schaute ins Wasser. Es war unübersehbar, dass Barkmon nicht schwimmen konnte. »Mach schon, Mann, greif zu!«, rief Raiden und zeigte zu dem Seil, das in Barkmons Reichweite von der Reling ins Wasser herabhing.
In offensichtlicher Sinnesänderung streckte der im Wasser Zappelnde die Hand nach dem Seil aus, dann wurde er plötzlich starr, und sein rundes Gesicht verzerrte sich zu einer Maske des Entsetzens. Der Schrei erfror ihm auf den Lippen, als er abrupt unter Wasser verschwand. Er tauchte nicht wieder auf. Dafür durchstach die eindeutige Form einer Haifischflosse die Wasseroberfläche, ehe das Tier mit seiner Beute blitzschnell und mühelos davonschwamm.
»Verdammt.« Raiden hieb mit der Faust gegen die Reling, ehe er sich abwandte. Mit großen Schritten ging er in die Kabine des Kapitäns, um sie zu durchsuchen. Er nahm einige der Karten mit, ehe er auf die Renegade zurückkehrte.
»Sehr gut gemacht, Captain. Mit Ausnahme Barkmons, natürlich.«
Raiden sah seinen Bruder verärgert an. »Dieser Idiot muss mehr auf dem Kerbholz gehabt haben, als wir dachten. Offensichtlich hatte vor Eastwick größere Angst als vor mir.«
Roarkes Blick glitt über Raidens Weste, die seine muskulösen Arme unbedeckt ließ, und über das Waffenarsenal, das in seinem Gürtel steckte und das wohl jeden Mann dazu treiben würde, davonzulaufen und sich zu verstecken. »Es fällt mir schwer, das zu glauben.«
Raiden grinste. »Die Sea Warrior ist bereit für dein Kommando.« Sein Blick glitt an Roarke vorbei, auf das Schiff, das sich der Renegade näherte.
Roarke machte sich nicht die Mühe hinzuschauen. Er nickte lediglich und betrachte die überreiche Beute, die die Männer im Rumpf der Renegade verstauten. »Du bist reicher denn je.«
Raiden zog die Augenbrauen zusammen. »Ich habe keinen Anteil an dieser Prise.«
Roarkes Grinsen blitzte ihn an. »Das meinte ich nicht.« Er kam dicht an Raiden heran und sagte leise: »Ich glaube nicht, dass dein Verräter in der Arrestkammer ist.«
Raiden richtete sich auf. Der Gedanke an den Verräter unter ihnen versetzte ihm einen scharfen Stich. Sein Blick glitt zu der geöffneten Ladeluke. »Wieso bist du dir so sicher?«
»Ich habe die Männer gefragt, ob ich auf sie zählen kann, wenn ich eine Meuterei anzettele. Hätten sie gekonnt, wären mir alle sechs sofort an die Gurgel gesprungen, um mich umzubringen.«
»Das war dumm von dir.«
Ein wenig kleinlaut zuckte Roarke mit den Schultern. »Es war der einzige Weg, der mir in dem Moment eingefallen ist.«
»Sie werden dir jetzt nicht mehr vertrauen, weil du dieses Ansinnen an sie gestellt hast.«
»Möglich, aber ich musste es einfach wissen.« Roarke schaute zu Boden, ehe er seinen Bruder wieder ansah. »Und was ist mit deinem
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