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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Hemd auf. »Ich glaube, es steckt ein Plan dahinter«, gestand er und deutete mit dem Kopf zur Tür, während er sein Hemd auszog. »So wie mit den Bienen.«
    »Welchen Bienen?«
    »Wenn man einen Bienenstock an einen anderen Platz bringen will«, erklärte er, öffnete das Flügelfenster und hängte das Hemd an dem Haken ins Freie. »Nimmt man einen Pfeifenkopf voll mit dem stärksten Tabak, der sich finden läßt, schiebt ihn in den Bienenstock und bläst den Rauch in die Waben. Benebelt fallen die Bienen herunter, so daß man sie dort hinbringen kann, wohin man möchte. Und ich vermute, daß Jared mit seinen Kunden ebenso verfährt: Er räuchert sie ein bis zur Bewußtlosigkeit, und bevor sie wieder zu sich kommen, unterschreiben sie Aufträge, die dreimal so hoch sind wie ursprünglich beabsichtigt.«
    Ich kicherte. Er grinste und legte den Finger auf die Lippen, weil Jareds Schritte auf dem Flur zu vernehmen waren. Nachdem die Gefahr vorüber war, streckte sich Jamie, mit nichts anderem als Kilt und Strümpfen bekleidet, neben mir aus.
    »Ist es schlimm?« fragte er. »Ich kann im Ankleidezimmer schlafen, falls es zu sehr stinkt. Oder meinen Kopf zum Lüften aus dem Fenster hängen.«
    Ich schnupperte an seinem rotgelockten Haar, in dem noch immer Tabakrauch hing. Das Kerzenlicht ließ das Haar golden aufleuchten, und ich fuhr genüßlich durch die weiche Mähne.
    »Nein, es ist zu ertragen. Du machst dir also keine Sorgen, weil Jared so bald abreist?« Kopfschüttelnd lächelte er mich an.
    »Nein. Ich habe alle wichtigen Kunden und die Kapitäne kennengelernt und mich den Schauerleuten und den Hafenverwaltern vorgestellt. Die Preis- und Inventarlisten kenne ich mittlerweile auswendig. Was ich sonst noch wissen muß, eigne ich mir im täglichen Umgang an. Mehr kann Jared mir nicht beibringen.«
    »Und Prinz Charles?«
    Jamie verengte die Augen zu Schlitzen und grunzte ergeben. »Was ihn betrifft, muß ich auf die Gnade Gottes bauen, nicht auf Jared. Bestimmt wird es einfacher für mich sein, wenn Jared nicht hier ist und mich beobachtet.«
    Ich streckte mich neben ihm aus. Er drehte sich zu mir um und schlang mir den Arm um die Taille, so daß wir eng beieinander lagen.

    »Wie sollen wir vorgehen?« fragte ich. »Hast du eine Idee, Jamie?«
    Sein warmer, nach Weinbrand duftender Atem streifte mein Gesicht. Ich hob den Kopf und küßte ihn. Er drückte seinen weichen Mund auf meine Lippen, und so verweilten wir für einen Augenblick.
    »Nun, ich habe so meine Vorstellungen«, antwortete er dann seufzend. »Und davon jede Menge.«
    »Und welche?«
    »Mmmpf.« Er legte sich bequem auf den Rücken und nahm mich in den Arm. Ich bettete den Kopf an seine Schulter.
    »Meiner Meinung nach ist es eine Frage des Geldes, Sassenach«, hob er an.
    »Geld? Ich hätte eher gedacht, es geht dabei um Politik. Wollen die Franzosen James denn nicht wieder auf dem Thron sehen, weil es die Engländer ärgert? Dem wenigen nach, an das ich mich erinnere, wollte Louis - will Louis -, daß Charles Stuart König George ablenkt, damit er selbst in Brüssel ungehindert seine Absichten verfolgen kann.«
    »Wahrscheinlich«, entgegnete Jamie. »Aber um Könige wieder auf den Thron zu bringen, braucht man Geld. Und soviel hat Louis nicht, als daß er in Brüssel Kämpfe ausfechten und gleichzeitig Angriffe auf England finanzieren könnte. Du hast doch gehört, was Jared über die königlichen Finanzen und die Steuern gesagt hat.«
    »Ja, aber...«
    »Nein, Louis ist nicht maßgeblich«, klärte er mich auf. »Obwohl er natürlich ein Wörtchen mitzureden hat. Nein, es gibt noch andere Geldquellen, die James und Charles versuchen werden anzuzapfen, und zwar die französischen Bankiersfamilien, den Vatikan und den spanischen Königshof.«
    »James übernimmt den Vatikan und die Spanier, und Charles die französischen Bankiers, oder?« fragte ich interessiert.
    Den Blick auf die geschnitzten Walnußpaneele gerichtet, nickte Jamie. Im flackernden Kerzenschein schimmerte die Deckentäfelung mit den dunklen Rosetten und Bändern, die sich aus jeder Ecke rankten, in einem warmen Braun.
    »Aye, das denke ich auch. Onkel Alex hat mir die Briefe von Seiner Majestät König James gezeigt, und ich glaube, daß er bei den Spaniern die größten Aussichten hat. Der Papst ist verpflichtet, ihm
zu helfen, weil James ein katholischer Monarch ist. Papst Klemens, der mittlerweile gestorben ist, hat ihn jahrelang unterstützt. Benedikt, sein Nachfolger, ist

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