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Die Geliehene Zeit

Titel: Die Geliehene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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»Was hast du gehört, Sassenach, und von wem?«
    »Von den Dienstboten«, entgegnete ich und widmete mich meinen eigenen Aalen. Angesichts von Jareds gerunzelter Stirn kam mir zum ersten Mal der Gedanke, daß es für die Dame des Hauses wohl nicht schicklich war, sich an dem Klatsch der Dienstmädchen zu beteiligen. Zum Teufel damit, entschied ich trotzig. Schließlich blieb mir nicht viel anderes zu tun.
    »Das Dienstmädchen hat mir verraten, daß Seine Hoheit Prinz Charles der Princesse Louise de la Tour de Rohan Besuche abstattet«, erklärte ich, während ich einen Aal von der Gabel nahm und ihn bedächtig kaute. Sie schmeckten köstlich, fühlten sich aber seltsam an, wenn sie im ganzen hinunterrutschten - als wäre das Tier noch lebendig. Ich schluckte vorsichtig. So weit, so gut.
    »In Abwesenheit des Gatten der Dame«, fügte ich vornehm hinzu.
    Jamie zeigte sich amüsiert, aber Jared war entsetzt.
    »Die Princesse de Rohan?« wiederholte Jared. »Marie-Louise-Henriette-Jeanne de La Tour d’Auvergne? Die Familie ihres Gatten steht dem König sehr nahe.« Er fuhr sich mit seinen butterverschmierten Fingern über die Lippen. »Das könnte sehr gefährlich werden«, brummte er vor sich hin. »Ob dieser kleine Dummkopf... aber nein. Gewiß hat er mehr Verstand. Wahrscheinlich nur die Unerfahrenheit. Das gesellschaftliche Leben ist ihm noch fremd, und in Rom verhalten sich die Dinge anders als hier. Dennoch...« Er schwieg und wandte sich entschlossen an Jamie.
    »Das wird deine erste Aufgabe sein, Junge, im Dienste Seiner Majestät. Du und Seine Hoheit seid fast im gleichen Alter, aber aus deiner Zeit in Paris verfügst du über Erfahrung und Urteilsvermögen. Und natürlich über meine hilfreichen Instruktionen, wenn ich mir einmal schmeicheln darf.« Er lächelte Jamie kurz zu. »Freunde dich mit Seiner Hoheit an, ebne ihm den Weg bei jenen Menschen, die ihm von Nutzen sein könnten. Und erkläre Seiner Hoheit - mit größtmöglichem Taktgefühl -, daß Galanterie am falschen Ort den Zielen seines Vaters erheblichen Schaden zufügen kann.«
    Jamie nickte geistesabwesend. Kein Zweifel, er war mit seinen Gedanken woanders.

    »Woher weiß unser Dienstmädchen von den Besuchen Seiner Hoheit, Sassenach?« wollte er von mir wissen. »Sie verläßt das Haus doch nur einmal die Woche, um zur Messe zu gehen.«
    Ich schüttelte den Kopf und schluckte meinen Bissen herunter.
    »Ich glaube, das Küchenmädchen weiß es vom Küchenjungen. Der hat es vom Knecht erfahren, und der wiederum hat es vom Stallburschen nebenan. Ich habe keine Ahnung, wie viele Leute noch dazwischen stecken, aber das Haus der Rohans befindet sich drei Türen weiter. Ich wette, die Prinzessin weiß genausogut über uns Bescheid«, fügte ich heiter hinzu. »Zumindest wenn sie mit ihrem Küchenmädchen spricht.«
    »Eine Dame klatscht nicht mit den Küchenmädchen«, bemerkte Jared frostig. Er heftete den Blick beschwörend auf Jamie, damit er seine Gattin besser im Zaum hielt.
    Ich bemerkte, wie Jamies Mundwinkel zuckten, doch er nahm nur einen kleinen Schluck Montrachet und ging dann zu Jareds neuestem Wagnis über: einer Lieferung Rum, unterwegs von Jamaika.
    Als Jared klingelte, um die Teller abräumen und den Weinbrand servieren zu lassen, entschuldigte ich mich. Zu Jareds persönlichen Eigenheiten gehörte eine Vorliebe für lange schwarze Zigarren, begleitet von einem Weinbrand, und ich hatte das sichere Gefühl, daß die Aale wenig Lust verspürten, geräuchert zu werden.
    Ich legte mich auf mein Bett und versuchte mit begrenztem Erfolg, die Aale zu vergessen. Ich schloß die Augen, um von Jamaika mit seinen malerischen weißen Stränden unter tropischer Sonne zu träumen. Aber diese Gedanken führten mich zur Wilhelmina und von dort zum Meer hinaus, und schon war ich wieder bei den Aalen angelangt. Ich sah, wie sie sich in den grünen Wogen wanden und schlängelten. Daher begrüßte ich Jamies Erscheinen mit Dankbarkeit.
    »Puh!« Er lehnte sich an die geschlossene Tür und fächelte sich mit den herabhängenden Enden seines Jabots Luft zu. »Ich fühle mich wie eine Räucherwurst. Jared ist ja ein netter Kerl, aber ich werde es nicht bedauern, wenn er sich und seine verdammten Zigarren nach Deutschland verfrachtet.«
    »Komm mir bloß nicht zu nahe, wenn du wie eine Zigarre riechst«, erklärte ich. »Die Aale mögen keinen Rauch.«
    »Das kann ich ihnen in keiner Weise verdenken.« Er entledigte
sich seines Mantels und knöpfte sein

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