Die gelöschte Welt
Situation werten, die gedacht war, um ein hohes Gut und, Gott segne uns, die ganze Menschheit zu schützen.
Schließlich sagte sie ganz einfach, das Dorf solle dem Erdboden gleichgemacht werden, die Einwohner aber würden zu Studienzwecken in Gewahrsam genommen. Angesichts der Natur dieser Siedlung und seiner Einwohner sollte Widerstand jeglicher Art jedoch als extreme Feindseligkeit bewertet werden. Wir mussten auf Nummer sicher gehen.
Im darauf folgenden Schweigen wirkten die Schläge von Zaher Beys starker, weicher Hand auf den Tisch so laut wie eine Sirene. Er schlug einige Male nachdrücklich und immer lauter auf den Tisch, und jetzt endlich gibt er seinen Gefühlen auch mit Worten Ausdruck.
»Nein, nein, nein, NEIN!«
Sein Gesicht ist gerötet, er beißt vor Zorn die Zähne zusammen. Nachdem er die Aufmerksamkeit des Publikums mit schlichter Gewalt erregt hat, fesselt er sie durch Gelehrsamkeit und Zorn. Er beginnt, indem er all die Beispiele von Massenmord und Völkermord aufzählt, die ihm einfallen. In dem darauf folgenden Schweigen (denn diese Ereignisse gebieten stummes Gedenken) lässt er einige Verwünschungen über Verbrecher im Allgemeinen und über Fust und van Meents im Besonderen los. Sie sind Küchenschaben. Parasiten. Sie kriechen, wo sie mit einem Aufschrei ihre Menschlichkeit verteidigen sollten. Sie sollten sich voller Stolz erheben, aber sie sind schwach. Erbärmlich. Vielleicht wird man ihnen verzeihen, obwohl sie die Rückkehr solcher Ungeheuerlichkeiten in die Welt befürwortet haben. Vielleicht gibt es irgendwo einen Gott, der ihnen verzeihen wird, da er sich bewusst sein wird, dass eine solche Vergebung von Zaher Bey nicht zu erwarten ist (genauer gesagt, von Zaher Bey ibn Solomon ibn Hassan al-Barqooq vom See von Addeh und den Bergen von Katir, aus dem kostbarsten Land und der Mutter des Friedens). Dann wendet er sich an mich.
»Und du!«, sagt der Bey und wackelt mit dem Finger. »Ausgerechnet du! Wir haben dich bei uns aufgenommen, nicht wahr? Als du einen Platz brauchtest, um dich zu verstecken, und obwohl du unser Feind warst. Aber wir haben dich aufgenommen. Und jetzt … wie du selbst sagst, hast du diesen Leuten – diesen Menschen – versprochen, ihnen würde nichts geschehen. Dennoch willst du sie jetzt sterben lassen, du wirst sie selbst töten, weil du nicht sicher bist, ob sie real sind oder nicht. Natürlich sind sie real! Und du hast ein Versprechen abgegeben! Was ist das jetzt noch wert?« Damit wirft er mit einem Notizblock nach mir, der mit flatternden Blättern herunterfällt. »Nichts«, sagt der Bey. Dann tritt er ans Fenster und blickt hinaus.
Im darauf folgenden Schweigen denke ich über seine Worte nach, und dann auf einmal spreche ich. Leise zwar, aber es erfüllt den ganzen Raum.
»Er hat recht«, sage ich.
Ich bin aufgestanden. Alle starren mich an. Es ist einer dieser Augenblicke wie in Crispin Hortons Büro, wo man scheinbar verschiedene Möglichkeiten und in Wirklichkeit nur eine einzige hat. Ich könnte beispielsweise innehalten und mich unauffällig verdrücken. Ich könnte versuchen, den Bey zu besänftigen und eine Brücke zwischen den Parteien zu schlagen – was letzten Endes Fust und van Meents in die Hände spielen würde. Aber der Bey hat Recht. Es ist eine üble Sache. Es ist eindeutig eine schreckliche Sache, und es ist ganz und gar falsch. Ich weiß nicht, ob die gefundenen Tausend (so nennen wir sie hier inzwischen; Hellen Fust benutzt die Bezeichnung aber nicht, weil Nicht-Menschen keine Namen haben) mit uns in Frieden leben können. Ich weiß nicht, wie sie wirklich sind – ob wir etwa entdecken werden, dass sie sich ausschließlich von Kleinkindern ernähren, mit einem Spritzer Soße aus Hundebabys (wenn das zutrifft, können wir für die Kleinkinder vielleicht einen Ersatz finden; und was die kleinen Hunde angeht, so mag ich sie zwar, aber wenn der Preis dafür, einen Völkermord zu vermeiden, darin besteht, dass hundert kleine Hunde in eine Art Monster-Version von Tabasco Eingang finden, dann soll es mir recht sein). Allerdings weiß ich, dass ich mit alldem hier nichts zu tun haben will. Ich habe eine Grenze entdeckt, die ich nicht überschreiten will, und deshalb reiße ich mir zu meiner eigenen Überraschung das Abzeichen der Piper 90 von der Schulter und werfe es auf den Tisch. Hellen Fust will etwas sagen, ich unterbreche sie mit ausgestrecktem Arm.
»Ich kündige«, sage ich. »Das hier ist falsch. Verdammt sollt ihr
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