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Die gelöschte Welt

Die gelöschte Welt

Titel: Die gelöschte Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Harkaway
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fort.
    »Wenn es einen holistisch günstigeren Weg gäbe, mit der Situation umzugehen, der alle zufriedenstellen würde, dann wäre ich die Erste, die sich dafür ausspräche«, sagt Hellen Fust.
    »Aber wenn es diesen Weg nicht gibt, muss ich empfehlen, wie geplant weiterzufahren und diesen Leuten gegenüber unser Bedauern zum Ausdruck zu bringen, dass wir sie umsiedeln müssen«, sagt Hellen Fust.
    »Sie meinen also, wir sollten einfach ihre Häuser überrollen«, unterbricht sie Zaher Bey abrupt. Hellen Fust starrt ihn an, als wäre er unerträglich grob gewesen. Der Bey dagegen sieht zur mir herüber. Seine dunklen, zornigen Augen heften sich auf mich. Ich lasse den Blick sinken.
    Auch Huster hätte dies nicht auflösen können, sage ich mir. Er hätte vor der gleichen Entscheidung gestanden, aber vielleicht hätte er die Leute davon überzeugen können, dass es besser für sie wäre. Vielleicht besteht der Unterschied letzten Endes nur darin, dass Hellen Fust nicht selbst ins Dorf geht, um den Einwohnern zu erklären, was geschehen wird. Sie schickt uns.
     
    »Mir ist klar, dass ihr schlechte Erfahrungen gemacht habt«, sagt Gonzo einfühlsam. »So ist es vielen Menschen gegangen. Aber wir wollen alles wieder in Ordnung bringen. Ihr müsst keine Angst haben. Wir passen auf euch auf.«
    »Wir brauchen aber keinen, der auf uns aufpasst«, sagt die Frau hinter dem Gitter geduldig. »Wir können selbst auf uns aufpassen. Immerhin leben wir noch.«
    Gonzo geht es behutsam an. Er will es so erscheinen lassen, als hätten sie sich selbst entschieden, damit wir nicht wie ein Stoßtrupp wirken. Es funktioniert nicht. Vielleicht ist die Frau – ihr Name ist Dina – daran gewöhnt, dass Männer vor ihrer Tür auftauchen und sanft auf sie einreden. Vielleicht bemerkt sie auch die Anspannung und das Bedauern in Gonzos Stimme und quält ihn noch ein wenig, ehe sie sich ins Unvermeidliche schickt. Gonzo winkt mich zu sich. Übernimm mal, sagt er. Und noch leiser: Tu es.
    Meine Ehre steht zur Disposition, seine nicht.
    Ich nehme den Platz vor dem Gitter ein.
    »Hi«, zwitschert Dina. Ich lächle sie an, setze mich auf den Boden und blicke zur Tür hoch. Sie muss sich auf die Zehenspitzen stellen, denn ihre Augen verschwinden. Und dann hüpft sie wieder hoch, damit sie mich sehen kann.
    »Eure Häuser wirken ziemlich stabil«, sage ich nach einer Weile.
    »Ja, das sind sie.«
    »Sie haben aber einiges abbekommen.«
    »Das ist wahr.«
    »Was ist denn passiert?«
    »Vieles.«
    Ich hatte gehofft, mit solchen Fragen weiterzukommen. Nach kurzem Schweigen fährt Dina fort.
    »Wesen wie Haie mit Beinen.«
    »Schlimm.«
    »Sehr.«
    Wir denken kurz über feindliche Hai-Monster nach. Dann sieht sie mich an und spricht weiter.
    »Und ein paar Soldaten.«
    »Echte?«
    Dina seufzt.
    »Die meisten waren sehr verzweifelt. Sie sehen, was wir haben, und glauben, sie könnten es sich einfach nehmen. Wir aber zeigen ihnen, dass es so nicht geht.«
    »Ja, das kann ich mir vorstellen.« Genauso sicher bin ich, dass sie die Piper 90 nicht aufhalten können, wenn sie kommt. Der Stein, auf dem ich sitze, ist recht bequem. Ich rutsche darauf herum und kratze mich damit, als mein Bein juckt.
    »Als ihr gekommen seid, haben wir uns gefragt, ob ihr echt seid. Oder neu.«
    »Neu?«
    »Gemacht. So nennen wir die Leute, die nicht geboren wurden. Sie entstehen einfach oder teilen sich auf, sodass es zwei von ihnen gibt. Oder sogar mehr.«
    »Mehr?«
    »Ein alter Mann drüben in Gondry hatte vier Leute, die in seinem Kopf herumgerannt sind. Einer von ihnen war ein gefährlicher Schweinehund. Die anderen hatten nur Angst. Solche Leute nennen wir die Neuen.«
    »Hast du viele davon gesehen?«
    »Ja, das kann man schon sagen.«
    »Wir sind nicht vielen begegnet.«
    »Wie ist es gelaufen?«
    Ich erzähle ihr von Pascal Timbery und Larry Tusks Hund und der Angst.
    »Aber bei uns wärt ihr vor solchen Leuten sicher.«
    »Das sagst du jetzt.«
    Es gibt eine Pause.
    »Ich kenne diese Gegend ziemlich gut«, fährt Dina nach einer Weile fort. »Gestern Abend habe ich darüber nachgedacht.«
    Oh verdammt.
    »Wegen des Wassers könnt ihr nicht nach Süden.«
    »Nein.«
    »Ihr könntet vielleicht nach Norden, aber das wäre schwierig.«
    »Nicht unmöglich.«
    »Wirklich nicht?«
    »Wir nehmen es an.«
    »Aber die Wahrheit ist, dass ihr durch meine Stadt fahrt, nicht wahr?«
    »Ich will das nicht. Ich meine, wenn das passiert, werde ich dabei sein, aber ich bin nicht …

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