Die Genesis-Affäre: Mind Control (German Edition)
festzunehmen. Der Pilot stand neben der Tür und beobachtete, was geschah. Der Kapitän blieb im Cockpit sitzen, bereit, jeden Augenblick den Jet zu starten. Die Aufforderung, die Triebwerke abzuschalten, überhörte er.
»Wo sind ihre Passagiere?«, fragte einer der Männer in einem barschen Tonfall.
Der Pilot zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen. Wir haben keine Passagiere an Bord.« Sein Tonfall wurde schärfer, als die Polizisten seinen Protest ignorierten, der darauf hinwies, dass es sich um eine Privatmaschine handelte, die nicht so ohne Weiteres durchsucht werden dürfe. Immerhin gab es keinen richterlichen Beschluss, gleichwohl aber lag Gefahr in Verzug vor, sollte LeClerc tatsächlich ein Terrorist sein.
Jede Sitzreihe untersuchten die Beamten, schauten unter die Sitze, in die Gepäckablagen, in den Sanitärraum, in jeden Küchenschrank – nichts. Von LeClerc und Dutronc gab es keine Spur, als wären sie nie an Bord gewesen. Auch ins Cockpit sahen sie, aber es war viel zu eng, um dort zwei Menschen zu verstecken.
»Wo sind LeClerc und die Frau, die ihn in Empfang genommen hat?«, fragte einer der Männer mit Nachdruck.
»Es gibt keine Passagiere«, wiederholte der Pilot, »wir fliegen leer nach Berlin, um dort eine Delegation von Wissenschaftlern abzuholen, die bei CERN an dem Urknallversuch teilnehmen werden.«
In diesem Moment fuhr der Flugkapitän die gedrosselten Triebwerke hoch, nachdem überraschend Startfreigabe erteilt wurde. Der Copilot nahm die lauter werdenden Turbinen wahr und wusste, was dies zu bedeuten hatte.
»Tut mir leid, meine Herren. Wenn ich Sie jetzt bitten darf, die Maschine zu verlassen? Wir müssen unser Startfenster unbedingt einhalten. Andernfalls bringen wir die gesamte Flugsicherung im europäischen Luftraum durcheinander. Wenn Sie dies verantworten wollen, bitte. Aber Sie erklären Eurocontrol, weshalb wir nicht gestartet sind.«
Die Männer gaben sich geschlagen, obgleich es ihnen ein Rätsel war, wo sich LeClerc und Dutronc versteckt hielten. Das gesamte Flugzeug hatten sie durchsucht, ohne eine Spur von ihnen zu finden. Demzufolge mussten sie die Maschine verlassen haben, obwohl es ihnen völlig unklar war, wie sie dies geschafft haben sollten.
Der Geheimdienst löste auf dem gesamten Airport Alarm aus und ließ nach LeClerc und Dutronc fahnden. Gleichzeitig wiesen sie die Flugsicherung an, den Flug der CERN-Maschine zu verfolgen und ihnen sofort zu melden, sollte diese abdrehen und einen nicht angemeldeten Zielflughafen anfliegen.
Nachdem der Copilot die Einstiegstür verriegelt hatte, öffnete er eine kleine Bodenluke im hinteren Teil der Maschine, die in den Frachtraum führte und half LeClerc und Dutronc heraus. Glücklich sah er dabei nicht aus.
»Jetzt haben wir ein Problem! Das ist Ihnen doch klar, oder?«, fragte der Pilot LeClerc. »Egal, wohin wir fliegen, man wird uns in Empfang nehmen. Was mit Ihnen geschieht, ist mir egal, aber unsere Fluglizenz steht auf dem Spiel. Möglicherweise wird sogar die Maschine beschlagnahmt. Wollen Sie das den Managern von CERN erklären?« Wütend sah der Copilot Dutronc an, der er dieses Desaster zu verdanken hatte.
3
Wie oft ließ man sich dazu hinreißen zu sagen: Die Ereignisse überschlagen sich? An diesem Tag sollte dieser Ausspruch eine völlig neue Bedeutung bekommen. Nichts würde mehr so sein wie früher, wie es die Welt nach dem verheerenden Terroranschlag auf das World-Trade-Center in New York schon einmal erlebt hatte. Die Welt hatte sich seither verändert, aber kaum jemand sprach mehr darüber. Selbst um die vielen Verschwörungstheorien wurde es ruhiger. Damals war es weit weg gewesen, doch heute spielte sich mitten in Deutschland etwas ab, was bislang in diesem Land für undenkbar galt.
Manchmal sind es Zufälle, die etwas ans Licht bringen, was besser im Dunkeln geblieben wäre. Zuweilen steckt Absicht dahinter, um den letzten Funken auszulösen, der den Stein des Unheils ins Rollen bringt. Niemand kannte die Motive der anonymen Person, die vor wenigen Tagen dem Fernsehsender Filmmaterial über eine geheime Konferenz zugespielt hatte. Noch viel weniger wusste man, dass dies dem verantwortlichen Personenkreis nicht entgangen war und dieser alles daran setzte, eine Ausstrahlung zu verhindern. Der unerwartete Rücktritt des Bundeskanzlers kam dabei ungelegen, zumal der Sender die Genesis-Konferenz damit in Zusammenhang brachte.
Lena Jansen hatte den Sendebeitrag gerade
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