Die gepluenderte Republik
vor Monaten die Grundzüge des Vorschlags erarbeitet. Bei der Formulierung des Gesetzentwurfs sei die Kanzlei dann beratend tätig geworden.
Neben Zypries griff auch Grünen-Fraktionschefin Renate Künast den Wirtschaftsminister an. »Für mich ist das ein Fall für den Rechnungshof«, sagte die wackere grüne Wahlkämpferin der
Berliner Zeitung
. »Ich will wissen, wie viel Steuergeld Guttenberg für diesen Entwurf gezahlt hat.« Das Wirtschaftsministerium verweigerte dazu jegliche Auskunft. 193
Wie dem auch sei: Es bleibt das Gefühl eines Remake von »Des Kaisers neue Kleider«. Wenn man irgendwo den Tatbestand der Halbbildung bei gleichzeitiger doppelter Großspurigkeit entdecken kann, dann bei den Beratern.
Lobbyisten – Die Hilfstruppen der Plünderung
Eine ebenso finanziell wie politisch gar nicht hoch genug einzuschätzende Form staatlicher Ausplünderung ist der Lobbyismus, der auf zweierlei Weise auftritt.
Erstens: Politiker vertreten – gegen Geld oder die Aussicht auf einen späteren Dankeschönjob beim Auftraggeber – dessen Interessen durch Stimmungsmache oder direkte Einwirkung auf politische Entscheidungen. Rund 60 Prozent unserer Bundestagsabgeordnetengehen solchen Nebentätigkeiten nach. Exemplarisch genannt sei hier nur Außenminister Guido Westerwelle, der in der letzten Legislaturperiode laut Internetseite des Bundestags im Aufsichtsrat der
ARAG
sowie im Beirat
Hamburg-Mannheimer
sowie der
TellSell Consulting GmbH
saß und außerdem für 28 Vorträge jeweils mindestens 7000 Euro Honorar erhielt, wobei die Abgeordneten aus gutem Grund nicht angeben müssen, ob es sich um 7050 oder um 200 000 Euro handelt. Aber natürlich haben sich die Unternehmen nicht das mindeste von einer derartig üppigen Bezahlung versprochen; und mit der wegen des Ministeramts notgedrungenen Aufgabe seiner Posten bei ARAG und Co. wird Guido Westerwelle auch die freundschaftlichen Kontakte besonders zur Versicherungsbranche schlagartig in überparteiliche umgewandelt haben.
Das ist aber noch gar nichts gegen die Aktivitäten des neuen Alterspräsidenten des Bundestages, Heinz Riesenhuber (73, CDU), der in sieben Aufsichtsräten, zwei Beiräten und einem Verwaltungsrat sitzt.
Zweitens: Außer den erwähnten sündhaft teuren Unternehmensberatungen und Anwaltskanzleien arbeiten auch jede Menge »externe Experten« kostenlos für die Regierung. Die Konzerne entsenden von ihnen bezahlte Mitarbeiter direkt in die Ministerien, wo sie einen eigenen Schreibtisch haben und nicht nur an wertvolle vertrauliche Informationen herankommen, sondern zuweilen auch der Einfachheit halber die Gesetzestexte schreiben. Weit über hundert dieser selbstlosen Helfer treiben sich derzeit in Deutschlands politischem Machtzen trum herum. Kein einziges Ministerium kommt ohne sie aus, was sogar dem sonst eher zurückhaltenden Bundesrechnungshof zu viel wurde. Die obersten Finanzkontrolleure warnten ausdrücklich vor allzu sorglosem Einsatz von Mitarbeitern aus Verbänden und Unternehmen und wiesen auf »erhöhte Risiken vonInteressenkonflikten« hin. Jedenfalls dürfte ein vor übergehender oder ständiger Personalmangel nicht als Ausrede für den Einsatz externer Kräfte herhalten. Darüber hinaus sollten die Firmenvertreter höchstens sechs Monate statt derzeit bis zu fünf Jahren herumlungern dürfen und schon gar nicht Gesetzentwürfe formulieren oder gar »Leitungs- oder Kontrollfunktionen« in den Ministerien ausüben. Ebenso dürften sie keinesfalls namens des Staates ihr eigenes Unternehmen kontrollieren, geschweige denn öffentliche Aufträge vergeben und Funktionen ausüben, in denen sie ihrem Konzern Gutes tun könnten. Vor allem aber dürfe nicht verheimlicht werden, wer Staatsdiener und wer Firmenvertreter ist. 194
Konstadinos Maras schreibt dazu im
Parlament
, angesichts einer unterstellten Korruptionsimmunität (von Regierung und Ministerialbürokratie) sei es »nicht unmittelbar einsehbar, inwiefern das administrative System dennoch eine Tendenz aufweisen kann, illegitime Aneignung öffentlicher Ressourcen zuzulassen. Dies scheint nun aber der Fall zu sein, wenn öffentliche Verwaltungen externe, von der Privatwirtschaft bezahlte Experten engagieren.« 195
Nun lässt sich das Ausmaß der Plünderung des Staates durch Lobbyismus kaum in Zahlen ausdrücken: Wie viel Steuern zum Beispiel entgehen dem Staat durch von Lobbyisten durchgedrückte unternehmerfreundliche Gesetze, Privatisierung zum Schnäppchenpreis, überteuerte
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