Die gepluenderte Republik
bestellen lieber einen Installateur, ehe wir durch versehentlichesAnbohren einer Gasleitung den gesamten Häuserblock in die Luft jagen. Wie aber steht es mit dem ungeheuren Beraterkonsum der Bundesregierung?
Sie selbst hat nicht einmal einen kompletten Überblick, wo und wie viel sie für Pseudo-Experten an Steuergeldern verpulvert: über die externen Berater- und Gutachterverträge, die in ihrem Auftrag an Sachverständige und Anwaltskanzleien vergeben werden, wie der Bundesrechnungshof im Sommer 2009 feststellte. Insbesondere monierten Deutschlands höchste Finanzprüfer, dass es nach wie vor kein einheitliches Berichts- und Kontrollverfahren in den Ministerien gebe. Zudem würden Beraterverträge zum Teil nicht ausgeschrieben und es sei »nicht sichergestellt«, dass die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit von Beratungsleistungen ausreichend geprüft wird. In Einzelfällen seien externe Berater sogar mit der Überprüfung der eigenen Beratungsleistungen beauftragt worden.
Insgesamt schüttete die schwarz-rote Bundesregierung allein im Jahr 2008 rund 40 Millionen Euro für externe Beratung aus, wobei nur die Verträge enthalten sind, deren Wert über 50 000 Euro liegt. Spitzenreiter bei der Beauftragung Externer war 2008 Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) mit rund 12,5 Millionen Euro, gefolgt von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit 10,2 Millionen Euro und Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) mit 8,2 Millionen Euro.
Die Zuarbeit externer Fachleute bei Gesetzen oder Verordnungen ist in der gesamten Bundesregierung längst übliche Praxis. In der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Linkspartei hatte die Regierung im März 2009 erklärt, in der laufenden Legislaturperiode seien bis dato bei 17 Gesetz- und Verordnungsentwürfen solche Beratungsleistungen in Anspruch genommen worden.
Das höchste Einzelhonorar – rund 1,1 Millionen Euro – wurde einer Aufstellung zufolge 2007 bei einem Gesetzentwurf zurNeuorganisation der Eisenbahnen fällig, für den einmal mehr Verkehrsminister Tiefensee verantwortlich ist. Und er konnte es nicht lassen: »Tiefensee lässt sich von Lobbyisten beraten«, titelt der
Tagesspiegel
im Juni 2009. »Eine Münchner Kanzlei begleitet Projekte des Bau- und Verkehrsministeriums – und hilft Mandanten, Genehmigungen beim Hause Tiefensee zu erhalten.« Für Volker Wissing, den damaligen Obmann der FDP im Finanzausschuss, ist es »ein Unding, wenn die Bundesregierung sich Stellungnahmen von Lobbyisten schreiben lässt«. Dann sei es wenig verwunderlich, »wenn auch die späteren Entscheidungen entsprechend ausfielen« 192 .
Auch beim Ergänzungsgesetz zur Finanzmarktstabilisierung – einer Angelegenheit des Ressorts von Finanzminister Peer Steinbrück – wurde externer Sachverstand genutzt. Eine Honorarhöhe nannte die Regierung dazu in der Aufstellung wohlweislich nicht.
Ein typischer »Einzelfall« war natürlich die »Hilfe« einer Anwaltskanzlei zum Gesetzesvorschlag des Wirtschaftsministeriums für ein neues Banken-Rettungsmodell, über die die damalige Bundesregierung in Streit geriet. So warf Bundesjustizministerin Brigitte Zypries ihrem Kabinettskollegen Guttenberg Verschwendung von Steuergeldern vor. »Es ist unverantwortlich, eine große Wirtschaftskanzlei zu beauftragen, statt den vorhandenen Sachverstand innerhalb der Bundesregierung zu nutzen.« Das Wirtschaftsministerium wies dies scharf zurück: »Die Ausgaben waren durch die Verweigerungshaltung des Justizministeriums bei der Erarbeitung eines gemeinsamen Gesetzentwurfes nötig geworden«, sagte ein Ministeriumssprecher mit Blick auf das fürstliche Salär für die Kanzlei.
Der Vorschlag Guttenbergs sieht vor, eine marode Bank zeitweise unter Staatsverwaltung zu stellen. Zypries hielt dem CSUPolitiker vor, er sei überhaupt nicht zuständig für das Insolvenzrecht. Dagegen argumentierte das Wirtschaftsministerium, beider Bankenrettung gehe es nicht um das Insolvenzrecht, sondern um das Kreditwesengesetz. Zudem hätten Wirtschafts- und Justizministerium vor Monaten gemeinsam vom Kabinett den Auftrag erhalten, ein Modell zur Bankenrettung jenseits einer Enteignung zu entwerfen. Dem habe sich aber das Justizministerium verweigert.
»Blanken Unsinn« nannte ein Sprecher Guttenbergs die Darstellung, der Gesetzentwurf sei komplett von einer Anwaltskanzlei gegen Honorar erstellt und dann der Öffentlichkeit zugeleitet worden. Vielmehr habe Wirtschaftsstaatssekretär Walther Otremba schon
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