Die gepluenderte Republik
Euro steuerfreie Dienstaufwandsentschädigung monatlich, ein Minister 12 860 plus 3681,36 Euro.
Auch die Übergangsgelder haben es in sich. Ein arbeitsloser Ex-Minister erhält für drei Amtsjahre rund 250 000 Euro in den drei folgenden Jahren. Selbst bei nur einem Tag Amtszeit gibt es noch 57 000 Euro. 186
Auch die Abgeordneten müssen nicht zum Sozialamt: Sie erhaltenseit 1. Januar 2009 – wenn auch steuerpflichtig – monatlich 7668 Euro. Die steuerfreie Kostenpauschale von derzeit 3782 Euro wird jährlich den Lebenshaltungskosten angepasst. Die Erhöhungen an die Beamtenbesoldungsgruppe B6 und R6, also an die Bezüge von Bürgermeistern mittelgroßer Städte mit bis zu 250 000 Einwohnern und von Richtern an einem obersten Gerichtshof des Bundes, zu koppeln vermeidet zum einen die leidige öffentliche Debatte. Zum anderen führt der Innenminister die Verhandlungen über Beamteneinkommen: Da Wolfgang Schäuble aber auch MdB ist, bestimmt er über sein eigenes Einkommen mit.
Darüber hinaus erhalten die Abgeordneten noch Sonderleistungen: So können sie alle Verkehrsmittel der Deutschen Bahn gratis nutzen, und im Raum Berlin steht ihnen zusätzlich ein Dienstwagen aus der Flotte des Bundestages zur Verfügung. Außerdem werden die Kosten von Flug und Schlafwagen auf Nachweis sowie die Ausgaben für Telekommunikation, Büro und Geschäftsbedarf bis zu 9000 Euro monatlich beglichen.
Und auch für das Alter ist vorgesorgt: Nach einem Jahr Bundestag stehen einem Ex-Abgeordneten rund 192 Euro zu, vom 2. bis zum 27. Jahr erhöht sich die Pension um 3 Prozent pro Jahr auf maximal 67,5 Prozent oder derzeit 5175 Euro. Wer vor 2008 schon MdB war, dem bringen acht Jahre Bundestag ab dem 65. Lebensjahr immerhin monatlich 1722 Euro Pension, 18 Jahre sogar 4697 Euro und zwar schon mit 55 Jahren.
Am 7. Mai 2008 verordnet sich die Bundesregierung per Gesetzentwurf die Erhöhung ihrer eigenen Einkommen für 2008 und 2009 um insgesamt 770 Euro. Nach massiven Protesten aus der Bevölkerung und sogar aus den eigenen Fraktionen sowie dem Verzicht des Bundestages auf eine Diätenerhöhung sieht auch das Kabinett schon 14 Tage später notgedrungen von der Anhebung ab.
Nun geht es in erster Linie nicht um eine »Neiddebatte«. Klarist aber auch, dass es sich um Volks- und nicht um Versicherungsvertreter handelt – auch wenn manch eine(r) entsprechende Nebeneinkünfte etwa als Aufsichtsrat erhält. Man sollte nicht dem Volk Wasser predigen und selbst Sekt trinken – nicht einmal Prosecco.
So richtig die Begründung für die Alimentierung unsrer Volksvertreter ist – es sollen Normalsterbliche und nicht nur Millionärserben in den Parlamenten vertreten sein –, so fragwürdig ist eine exzessive Auslegung dieser Idee. Gradmesser für das Einkommen unserer Volksvertreter muss also der Verdienst von Otto Normalverbraucher sein und nicht der eines gerissenen Wirtschaftsbetrügers. Und wenn immer gesagt wird, wir müssen unseren Politikern den materiellen Anreiz geben, in der Politik statt in den Untiefen der teils sogar legalen Wirtschaftskriminalität aktiv zu werden, stellt sich die Frage, ob wir unter 80 Millionen Menschen nicht wenigstens eine Handvoll ehrlicher Häute finden.
Insofern liegen zwischen dem Selbstverständnis früherer und heutiger Politiker Welten. Der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt zum Beispiel lehnte stets sogar das Bundesverdienstkreuz ab, weil er seine Tätigkeit als Selbstverständlichkeit sah. Gerhard Schröder dagegen – im Brionizwirn und mit einer Edelzigarre der Marke Cohiba im Mund – demonstrierte dem Volk genau jenen Menschenschlag, den man früher »Parvenü« nannte.
Hinzu kommt das private Wellness-Programm unserer Kanzlerin. »Kohls U-Bahn kommt bei Merkel an«, lästerte
Financial Times Deutschland
. Vom damaligen Kanzler Helmut Kohl geplant, bricht die neue Berliner Kanzlerinnen-U-Bahn U55 mit einem Preis von 320 Millionen Euro für 1,8 Kilometer Gleislänge und einer Bauzeit von 13 Jahren alle Rekorde.
Wer nun über die Rundumsorglos-Alimentierung unserer einheimischen Volksvertreter die Nase rümpft, hat sicher nochnichts von den Zuständen im EU-Parlament gehört. Weil einem Rentenfonds nach Fehlspekulationen durch riskante Aktienzockerei 120 Millionen Euro fehlen, fürchten EU-Parlamentarier um ihr Ruhegeld. Nun soll der Steuerzahler noch mehr zur Kasse gebeten werden als ohnehin schon. Bislang nämlich zahlt ein Abgeordneter knapp 1200 Euro im Monat, und der Steuerzahler gibt
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