Die gepluenderte Republik
Fruchtfolgen einhalten und das Klima schonen.
Übrigens waren volle drei Jahre und ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nötig, um die nach EU-Recht zu veröffentlichenden Agrarexportsubventionen offenzulegen. Und einmal mehr waren es die Aktivisten von Greenpeace, die geltendem Recht zur Durchsetzung verholfen haben. Bislang nämlich wurden diese Subventionszahlungen – aus ähnlich gutem Grund wie die Einkünfte der nicht arbeitenden Superreichen – streng geheim gehalten. Und so mauerte auch Peer Steinbrücks Finanzministerium noch zehn Tage, obwohl das Bundesverwaltungsgericht sie mit einem Urteil vom 27. Mai 2009 längst zur Veröffentlichung verpflichtet hatte. Motto: Was interessiert mich geltendes Recht, wenn meine Wähler sowieso gehirnamputiert sind und das alles gar nicht mitkriegen.
Die Geheimniskrämerei wird allerdings schon beim ersten Blick auf die Liste der größten Subventionsabsahner verständlich. Spitzenreiter im Jahr 2008 war Europas größter Zuckerhersteller
Südzucker
mit 34 Millionen Euro, gefolgt vom Land Schleswig-Holstein mit gut zehn Millionen Euro. Dabei handelt es sich um Mittel für den Küstenschutz, wie das Landwirtschaftsministerium in Kiel auf Anfrage erläuterte. Der Deichbau wird aus dem EU-Fördertopf für ländliche Entwicklung unterstützt. Die
August Töpfer & Co. KG
(Fruchtzucker, Trockenobst und Nüsse) erhielt gut sieben Millionen Euro, die
Centrale Marketinggesellschaft CMA
knapp sechs Millionen Euro. Auch der Schokoladen- und Süßwarenhersteller
AugustStorck
(Nimm2, Merci, Toffifee) bezog im vergangenen Jahr EU-Millionen.
Die EU-Agrarsubventionen betragen fast die Hälfte des EUHaushalts, jährlich über 50 Milliarden. Deutschland zahlt mehr als neun Milliarden Euro und erhält knapp sechs Milliarden Euro zurück.
Greenpeace kritisiert schon seit Jahren vor allem die Zuckersubventionen: Der aus Rüben hergestellte europäische Zucker sei deutlich teurer als der in Brasilien, Indien oder Südafrika produzierte Rohrzucker. Anstatt aber die erlaubte Zuckererzeugungsmenge (Zuckerquote) in der EU zu senken, werde zu viel Zucker produziert, subventioniert und auf den Weltmärkten verscherbelt – auf Kosten gerade vieler ärmerer Länder.
Dazu passt, dass die Hamburger Staatsanwaltschaft und andere Behörden seit Juni 2009 wegen des Verdachts auf großangelegten Subventionsbetrug in der Zuckerindustrie ermitteln. Bundesweit wurden 35 Wohnungen und Geschäftsgebäude durchsucht und große Mengen Schriftmaterial beschlagnahmt.
Laut Zoll entstand durch unrechtmäßig erhaltene EU-Ausfuhrsubventionen sowie Steuerhinterziehung in den Jahren 2000 bis 2006 ein Schaden von 370 Millionen Euro. 208
Neben den Zuckerexporteuren seien es vor allem Molkereien, die Millionen von Steuergeldern erhalten hätten: Neben
Campina
zum Beispiel
Nordmilch
,
Müllermilch
und
Zott
. In der EU gebe es eigentlich eine Milchmengenbegrenzung (Milchquote), die die Produktion teurer Überschüsse verhindern solle. Doch statt die Milchmenge dem tatsächlichen Bedarf anzupassen, habe man die Quote ständig erhöht. Ähnlich wie beim Zucker könnten diese Überschüsse nur mit Hilfe von Subventionen auf den Weltmärkten abgesetzt werden, was ebenfalls den Milcherzeugern in anderen Staaten schade. 209
Ihrem Wesen nach sind also Subventionen für Privatunternehmen nichts anderes als Steuergelder für konkurrenzunfähige Betriebe und damit ein Armutszeugnis für die Marktwirtschaft. Wenn diese Gelder dann auch noch in marode, aufgeblähte oder historisch überholte Branchen wie etwa die Autoindustrie, die Landwirtschaft oder den Bergbau gepumpt werden, so wird dadurch nicht nur das freie Spiel von Angebot und Nachfrage durcheinandergebracht, sondern auch ein notwendiger Strukturwandel verhindert.
Etwas ganz anderes ist es allerdings mit fälschlicherweise ebenfalls
Subvention
genannten Geldern an Staatsbetriebe, etwa für den öffentlichen Nahverkehr, für Krankenhäuser, Schulen, Unis oder Kindergärten. Hier handelt es sich exakt um jene Grundversorgung, für die die Steuergelder ja unter anderem auch gedacht sind.
Allerdings geht es auch hier zuweilen nicht mit rechten Dingen zu. So wurden zwei Professoren der FH Gelsenkirchen im April 2008 wegen Subventionsbetrugs und Beamtenbestechung zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. Über Jahre hätten die beiden »ein kriminelles System der staatlichen Mittelbeschaffung etabliert und organisiert« und dabei einen Gesamtschaden von 10,9
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