Die geraubte Braut
ist es warm.«
»Wie im Backofen!« bestätigte er. »Ehe ich wagte, diesen zarten Körper der Luft auszusetzen, schürte ich das Feuer, bis es fast den Kamin in Brand setzte.«
Portia setzte sich auf. »Du hast alles geplant?«
»Nicht wirklich.« Er setzte sich auf »Es war sozusagen ein Geistesblitz.« Entschuldigend blickte er auf sie hinunter. »Du weißt, dass einiges auf Erledigung drängt.«
»Ach ja«, sagte sie träge. »Ich weiß.« Ihr Blick klärte sich. »Wann brichst du auf?«
»Am Morgen. Wir müssen Granvilles Mannen den gebührenden Empfang bereiten und anschließend den Schatz weiterbefördern, da man ihn ja nicht einfach herumliegen lassen kann.«
»Nein«, sagte sie, und schaffte es, dass das Wort ein wenig verloren klang. »Wie lange wirst du ausbleiben?«
»Schwer zu sagen. Mindestens eine Woche.«
»Ich verstehe«, sagte sie und verzog traurig den Mund.
»Na, und wer wollte Soldat werden?« neckte er sie und strich ihr mit dem Finger eine Locke aus der Stirn.
Portia senkte den Blick, um das Aufblitzen in ihren Augen zu verbergen. »Ich finde mich damit ab, eine Frau zu sein, die den häuslichen Herd hütet und sich grämt«, murmelte sie.
»Zum Grämen ist kein Grund«, sagte Rufus ernst. »Ich verspreche, dass ich von dieser kleinen Expedition unversehrt heimkehren werde.« Aber wie viele würden nicht so viel Glück haben?
Sie hatte Cato und seine Männer der Rache Decaturs ausgeliefert. Oder hatte sie Rufus vor der Rache Granvilles bewahrt? Vielleicht war es ein und dasselbe.
Kapitel 17
Wills Verlegenheit war am dritten Tag der Übungsstunden noch so groß wie am ersten. Er stand am Ufer und sah kritisch zu, wie Portia den schlanken Bogen aus Weidenholz spannte und auf die Zielscheibe anlegte, die am dicken Stamm einer kahlen Eiche angebracht war.
Das machen die Breeches, überlegte sie. Sie ließen sie fremd aussehen, anders als jede andere Frau. Dann aber dachte sie, dass es nicht das allein sein konnte, obwohl es dazugehörte und Teil ihrer Andersartigkeit war. Will war ein konventioneller Typ, der sich nur wohl fühlte, wenn er es mit bekannten Gewohnheiten und Menschen zu tun hatte. Gewiss, er liebte die Aufregungen des Lebens als Geächteter, doch war das für ihn Normalität. Er wusste, was er zu erwarten hatte, vor allem von seinen Kameraden. Aber diese Mistress Worth war so überraschend und merkwürdig, als wäre sie vom Mond herabgefallen.
Zuerst hatte Will nicht gewusst, ob es Portia ernst mit dem Militärdienst meinte. Nachdem aber sein Kommandant mit einer Abteilung Decatur verlassen hatte, hatte sie ihm ihren Ernst deutlich gemacht. Und Will hatte festgestellt, dass man ihr unmöglich widerstehen konnte. Warum, das wusste er nach wie vor nicht. Zwar hatte sie ihn daran erinnert, dass er ihr einen Gefallen schulde, da sie ihm das Leben gerettet hatte, doch hätte er unter dem Vorwand ablehnen können, sein Kommandant gestatte es nicht, und ohne Befehl könne er nichts unternehmen. Aber aus irgendeinem Grund hatte er die Worte nicht herausgebracht.
Er hatte sich mit George beraten, der Rufus' ältester Freund war und nach dem Tod von Rufus' Onkeln die Rolle des Ältesten im Clan der Geächteten eingenommen hatte. Anstatt Portias Idee sofort als lächerlich abzutun, hatte George ihm auf seine gelassene Art zugezwinkert und gesagt: »Warum nicht? Kann nicht schaden, wenn das Mädel ein paar Lektionen bekommt. Am Ende wird es eine Sache zwischen ihr und dem Herrn sein.« Er hatte sogar angeboten, Portia den gröberen Teil, nämlich den Umgang mit Pike und Muskete, beizubringen, während Will sie die Feinheiten des Bogenschießens und des Schwertkampfes lehren sollte.
George schien mit seiner Aufgabe keine Schwierigkeiten zu haben. Der alte Mann war durch seine neue Schülerin nicht in Unruhe versetzt worden, im Gegenteil zu Will, der in Portias Gegenwart einsilbig, gegen seinen Willen streitsüchtig und vor allem ungeschickt wurde.
Will nahm sich daraufhin zusammen und konzentrierte sich auf die vorliegende Aufgabe. Da er einmal zugestimmt hatte, ließ sein Stolz ein Versagen nicht zu. Es sollte nicht seine Schuld sein, wenn Portia ihr Ziel nicht schaffte.
Unter seinem scharfen Blick belastete sie ihren noch nicht ganz heilen Knöchel vorsichtig, ehe sie den Bogen abschoss. In den drei Tagen der Ausbildung hatte er die verräterischen Anzeichen von Nervosität kennengelernt, die dem Schuss vorausgingen. Ihre Schulterhaltung, die Fußstellung. Er wartete, dass
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