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Die geraubte Braut

Die geraubte Braut

Titel: Die geraubte Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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niedrigen Steinbau zu, in dem sich die Kantine befand.
    Elinor, die Mutter der Kinder, die bald nach Lukes Geburt gestorben war, hatte fünf Jahre lang regelmäßig Rufus' Bett geteilt. Sie hatte nicht im Dorf gelebt, doch war ihre Beziehung über die simplen finanziellen Transaktionen hinausgegangen, die ihn mit Maggie und den anderen Frauen in Mistress Beldams Etablissement verbanden. Ihr Tod hatte ihn tief getroffen, und sobald Luke aus dem Windelalter heraus war, hatte Rufus die jungen ungeachtet aller Schwierigkeiten zu sich genommen. Ein Militärlager war kein idealer Ort, um Kinder großzuziehen, doch hatte er ihrer Mutter geschworen, dass sie seinen Namen tragen sollten und er sich um sie kümmern würde.
    Natürlich würde die Zukunft der Kinder sich viel rosiger gestalten, wenn ihr Vater sich auf die richtige Seite schlug und ihm seine Ländereien von einem dankbaren König rückerstattet würden, überlegte Rufus mit kaltem Zynismus und schob die Kinder in die würzige Wärme der überfüllten Kantine.
    Portia zog die Kapuze ihres Umhangs gegen den windgepeitschten Schneeregen, der über die Lammermuir Hills fegte, fester um ihr Gesicht. Ihr Pferd schnaubte unwillig und senkte den Kopf gegen die kalten Windstöße. Es war spät am Morgen, und sie hoffte, man würde bald zum Mittagessen anhalten, doch sah man auf diesem Abschnitt der Straße nach Edinburgh nirgends Anzeichen von Schutz bietenden Behausungen. Portias Begleiter, der mürrische, aber ihr wohlgesinnte Giles Crampton und seine vier Mann, trotzten dem schneidenden Wind mit jener beharrlichen Ausdauer, die man den Bewohnern Yorkshires nachrühmte.
    Eine Woche war vergangen, seit Sergeant Crampton, wie er sich selbst nannte, im Rising Sun aufgetaucht war. Sie hatte Ale gezapft und sich bemüht, den zudringlichen Händen der Gäste auszuweichen, als dieser stämmige Mann aus Yorkshire die Tür aufstieß und mit ihm Schnee herein trieb, was ihm grollende Verwünschungen jener einbrachte, die sich um das glosende Torffeuer scharten.
    »Mistress Worth?«
    »Die bin ich.« Portia schob dem wartenden Gast den gefüllten Humpen hin und stützte ihre Ellbogen auf die Theke. Ihre grünen Augen sahen den Neuankömmling abschätzend an, registrierten seine warme, bequeme Kleidung, die schweren Stiefel, sein raues Äußeres, das darauf hindeutete, dass er sich viel im Freien aufhielt. Ein wohlhabender Bauer oder Handwerker, schätzte sie. Aber kein Mann, dem man in die Quere kommen durfte, wie seine großen, eckigen Hände mit den Venensträngen verrieten, die breiten Schultern, seine muskelbepackten Schenkel, vor allem aber der kompromisslose Blick seiner scharfen braunen Augen.
    »Crampton, Sergeant Crampton.« Giles vergrub die Hände in den Hosentaschen und schob dabei den Umhang beiseite, so dass die in seinem Gürtel steckenden Pistolen mit den beinernen Griffen und ein schlichtes, in der Scheide steckendes Schwert sichtbar wurden.
    Natürlich, dachte Portia. Ein Soldat. In Schottland war zwar der englische Bürgerkrieg in aller Munde, doch gekämpft wurde bislang nur jenseits der Grenze.
    »Was wollt Ihr von mir, Sergeant?« Sie stützte ihr Kinn in die Hand und sah ihn neugierig an. »Vielleicht ein Ale?«
    »Ale zapfen ist keine Arbeit für Lord Granvilles Nichte«, stellte Giles bärbeißig fest. »Miss Worth, Ihr sollt diesem Ort den Rücken kehren und mit mir kommen. Ich bringe einen Brief von Eurem Onkel.« Er zog eine Pergamentrolle aus der Brusttasche und legte sie auf die Theke.
    Portia, die Gänsehaut bekam, spürte, wie ihr Herz schneller schlug. Sie hatte keine Ahnung, was Jack seinem Halbbruder geschrieben hatte, doch musste es in seinem Brief um sie gegangen sein. Sie entrollte das Pergament und überflog den in kühner Schrift abgefassten Text.
    Giles beobachtete sie. Eine Schankmagd, die lesen konnte, war höchst ungewöhnlich, diese aber, die äußerlich alle Bedingungen dieser Rolle erfüllte – rissige Hände, ein ausgefranstes und nicht allzu sauberes Hemd unter dem Leinenkittel, wirre Locken um das schmale, sommersprossige Gesicht –, schien keine Schwierigkeiten damit zu haben.
    Portia konnte sich an Cato Granville von jenem heißen Nachmittag in London her erinnern, als man den Earl of Strafford enthauptet hatte. Sie dachte an das Bootshaus und die zwei Mädchen. An Phoebe, die Schwester der Braut, und an ihre eigene Halbcousine Olivia. Ein ernstes Kind, das stotterte. Sie hatten ein törichtes Spiel gespielt und ihren

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