Die geraubte Braut
ausgezeichnet.« Sie wies mit dem Messer auf die Bank neben sich.
»Du liebe Güte, Lady Olivia kann doch nicht in der Küche essen!« rief die Köchin aus. »Fort mit Euch, Mylady. Das ist kein Ort für Euch.«
»Aber ich möchte nicht gehen«, erklärte Olivia mit einem Eigensinn, den Portia interessiert registrierte. Olivia setzte sich neben Portia und blickte sich herausfordernd um.
»Der Herr steh mir bei!« ließ sich eine Dienstmagd aus der Speisekammer vernehmen. »Ihre Ladyschaft trifft glatt der Schlag.«
»Wo denkst du hin!« erwiderte darauf lachend eine rundliche, rotbackige Kuchenbäckerin. »Die doch nicht. Die ist aus Eis und wird uns noch alle erstarren lassen wie Lots Weib. Ja, das wird Mylady tun.« Sie schlug mit dem Nudelholz auf den ausgerollten Teig, dass eine feine Mehlwolke aufstieg.
»Und jetzt haltet gefälligst den Mund!« schalt die Köchin mit einer bezeichnenden Geste, die Olivia galt, obwohl diese gar nicht zuhörte. Dennoch trat nun ein unbehagliches Schweigen ein, das nur vom Geklapper der Töpfe und Pfannen unterbrochen wurde, bis die Küchentür aufging und Lord Granville, gefolgt von Giles Crampton und einem eisigen Luftschwall, eintrat.
»Wie viele Fässer Ale haben wir vorrätig, Garsing?« erkundigte Cato sich gutgelaunt beim Kastellan, der sich vom übrigen Gesinde durch seine schweren, am Gürtel hängenden Kellerschlüssel unterschied. »Morgen brauchen wir im äußeren Hof mindestens ein halbes Dutzend. Dazu ganze Rinderlenden, Spanferkel und Hammel. Kümmert Ihr Euch darum, Mistress Quick? Es gibt Grund zum Feiern.« Er stampfte mit den Füßen und blies auf seine Hände. Seine Wangen waren gerötet von der Kälte, seine Augen blitzten, und sein ganzer Körper schien Energie und Tatkraft zu verströmen.
Da fiel sein Blick auf die zwei Mädchen bei Tisch. Er runzelte die Stirn. »Was treibst du hier, Olivia?«
Portia sprang sofort auf und antwortete für ihre Freundin. »Sie leistet mir Gesellschaft beim Frühstück, Mylord.«
»Und warum frühstückst du in der Küche?« Sein Stirnrunzeln wurde tiefer.
»Mir erschien es nicht geziemend, dass Euer Gesinde mich bedient, Sir.«
Als Cato die Dienstboten ansah, begegnete er gesenkten Blicken. Daraufhin sah er wieder seine Tochter an, diesmal noch finsterer. »Wo ist deine Stiefmutter? Sie würde deine Anwesenheit hier sicher nicht billigen.«
Olivia errötete unter dem Bemühen, die Worte über die Lippen zu bringen. Cato, der wartete, schlug mit den Handschuhen gegen die Handfläche der anderen Hand. Portia spießte im Stehen verstohlen das letzte Stück Speck auf die Gabel.
»Meine gnädige Mutter hütet das Bett, Sir.«
Cato hatte wieder Grund, die Stirn zu runzeln. Wie befürchtet, hatte Diana sich seine Entscheidung, die Seiten zu wechseln, ernsthaft zu Herzen genommen. Nun, sie war seine Frau. Sobald sie sich an den Gedanken gewöhnt hatte, würde sie ihn darin unterstützen.
Er verlor das Interesse an der Anwesenheit seiner Tochter in der Küche und wandte sich wieder dem geduldig an der Tür wartenden Giles zu. »Giles, sag den Leuten, dass morgen ein Feiertag sein soll. jeder soll seine Familie zum Fest mitbringen. Laß die Tore öffnen, und lade auch die Leute aus dem Dorf ein. Zumindest all jene, die gemeinsam mit ihrem Herrn für das Parlament eintreten«, setzte er hinzu, in einem Ton freilich, der erkennen ließ, dass abweichende Meinungen bei ihm auf geringes Verständnis stoßen würden. »Wenn es nicht wieder schneit, wird es Musik und Tanz geben. Ein Fest für alle, die sich auf unsere Seite schlagen.« Er vollführte eine ausholende Geste.
»Die Männer werden sich freuen.« Giles strahlte. »Sie sind ohnehin schon festlich gestimmt. Kein einziger wird der Fahne den Rücken kehren.«
»Gut.« Cato nickte befriedigt und wollte zur Tür, als er innehielt und Portia einen Blick zuwarf. Sie hatte wieder ihren Platz am Tisch eingenommen und widmete sich ihrem Frühstück.
Cato musterte ihr blasses Sommersprossengesicht so eindringlich, als wolle er die Gedanken hinter den klaren grünen Augen lesen. Warum hatte er den Eindruck, dass dieses neue Mitglied seines Haushalts so undurchschaubar war wie eine Geheimschrift? Entschlossen, sie aus dem Gleichgewicht zu bringen, fragte er abrupt: »Welchen Eindruck hat Lord Rothbury auf dich persönlich gemacht, Nichte?«
Von der Frage überrumpelt, schaffte Portia es dennoch, gelassen zu antworten: »Gar keinen, Mylord. Zumindest fand ich ihn nicht
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