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Die geraubte Braut

Die geraubte Braut

Titel: Die geraubte Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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Burggraben, ein Bierfass, das von einer Gruppe übermütiger junger Leute über die Zugbrücke gerollt wurde. »Es sieht so aus«, wiederholte er murmelnd.
    Will warf ihm einen Seitenblick zu. Er war gewarnt, da er diesen Ton gut kannte. Und als Rufus ihn mit seinen blauen Augen ansah, sank Wills Herz. Purer Übermut blitzte ihm trotz des gelassenen Lächelns entgegen, und um den vollen Mund im rotgoldenen Bart lag ein Zug, der Will mit einer wohlbekannten unguten Vorahnung erfüllte, »Was denkst du, Rufus?« fragte er voller Unbehagen.
    Rufus' Lächeln wurde breiter. »Ach, ich dachte mir, dass man vielleicht die Gastfreundschaft unseres Freundes Granville ein wenig in Anspruch nehmen sollte. Seit dem Frühstück ist viel Zeit vergangen, und der Bratenduft macht einem den Mund wässrig.«
    »Ihr wollt in die Burg, Mylord?« George sagte es eher resigniert als entsetzt. »Ihr hofft, in der Menge unterzugehen?«
    »Warum nicht?« Rufus zuckte achtlos mit den Achseln und gab seinem Fuchs die Sporen. Die anderen folgten ihm ins Tal und dann wieder die halbe Anhöhe bis zu Castle Granville hinauf.
    Rufus zügelte sein Pferd hinter einem schützenden Stechpalmengestrüpp und beäugte die Umgebung. »Näher können wir nicht heran.«
    »Du bist verrückt!« rief Will aus. »Granville wird dich vom höchsten Turm hängen lassen.«
    »Schon möglich … wenn er wüsste, dass ich hier bin«, gab Rufus ihm gutgelaunt recht. Er schwang sich vom Pferd und löste eine zusammengerollte Decke vom Sattel. »Hilf mir, George.«
    George, der sehr gut wusste, was jetzt von ihm gefordert wurde, saß ab. Rufus Decaturs Meisterschaft in der Kunst der Verkleidung war nur eines seiner zahlreichen Talente.
    Rufus schlüpfte aus seinem Mantel und formte aus der Decke eine Einlage, die er unter Wills resignierter Beobachtung auf seiner Schulter befestigte.
    »Na, wie sehe ich aus?« Rufus schlang seinen Umhang aus dunklem Tuch über die Schulter, zog die Kapuze über und machte sie vorne am Hals fest. Plötzlich war er wie verwandelt. Seine große, stattliche Erscheinung wirkte gebrechlich und gebeugt, eine Schulter war höher als die andere, da der Höcker die gerade Schulterlinie verformte.
    »Du wirst damit durchkommen«, grummelte Will, der wider Willen grinste. Obschon er diese Verkleidung schon kannte, verfehlte sie nicht, ihn stets von neuem in Erstaunen zu setzen. Sie hätte nicht simpler sein können – eine Veränderung der Züge, der Körpergröße und eindrucksvollen Persönlichkeit, die Rufus Decatur unter allen heraushoben. Ohne diese Eigenschaften aber würde ihn niemand erkennen.
    George schnitt einen festen Stock aus einem Schössling und reichte ihn Rufus. Nun erst war die Verwandlung perfekt. Gebückt und auf den Stock gestützt, in handgewebten bäuerlichen Kleidern – Umhang, Wams und Hose –, die Kapuze tief in die Stirn gezogen, war aus Rufus ein Dörfler aus der Umgebung geworden.
    »Ich gehe allein hinein«, sagte er und tat Wills sofortigen Protest ab. »Ein Eindringling allein ist ein geringeres Risiko als drei.«
    »Warum das alles?« fragte Will. »Was erhoffst du dir von diesem Wagnis?«
    »Ich dachte, du wärest hungrig«, sagte Rufus in gespieltem Erstaunen. »Ich bin es nämlich und gedenke, mir auf Cato Granvilles Fest den Bauch vollzuschlagen, was sonst?«
    »Ja, was sonst?« murmelte Will und sah zu, als Rufus sich vorsichtig aus dem Schutz der Büsche hinauswagte. »Er hat doch sicher etwas anderes vor, meinst du nicht, George?«
    »Vermutlich«, meinte George phlegmatisch. »Aber der Braten würde mir auch schmecken. Von hier aus riecht er verdammt gut.« Er schnupperte anerkennend, als der Wind das volle Aroma gebratenen Fleisches vermischt mit Holzrauch heran wehte und seine Geschmacksnerven reizte.
    Rufus schritt nur fünf Minuten allein aus, dann mischte er sich gebeugt unter den Menschenstrom, der sich vom Dorf am Fuß des Hügels bergan bewegte. Will hatte Mühe, ihn im Auge zu behalten, während Rufus sich, mühsam auf den Stock gestützt, hinauf schleppte. Als die Menge die Zugbrücke erreichte, verschwand Rufus aus dem Blickfeld, und Will blieb es überlassen, angsterfüllt an seinen Nägeln zu kauen.
    Rufus spähte seitlich in den Graben hinunter, als er über die Zugbrücke ging. Die zwei Schlittschuhläufer, die er schon früher bemerkt hatte, tummelten sich noch immer auf dem EIS. Blitzartiges Erkennen traf ihn tief bis ins Innere, als er Portia Worth unter sich dahingleiten sah, die

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