Die geraubte Braut
hängen, fiel auf die Kehrseite und rutschte mit einem Aufschrei den Pfad hinunter, um gegen Rufus' Beine zu prallen. Er verlor das Gleichgewicht und fiel um, alle viere von sich streckend. Seine Gliedmaßen gerieten mit jenen Portias in Konflikt, während sie gemeinsam unaufhaltsam bergab schlitterten.
Rufus rollte sich seitwärts weg, riss sie mit sich und grub seine Fersen ins Eis. Ihr Kopf steckte unter seinem Kinn, seine Arme umfingen sie. Er konnte ihre Rippen spüren, ihren beschleunigten Herzschlag, ihre langen Beine, die seinen in die Quere kamen. Sie versuchte, sich von ihm zu befreien, und verwünschte ihn als arroganten, ungeschickten Kerl. Ihr vor Entrüstung gerötetes Gesicht war ihm zugewendet, seinem Blick so nahe, dass er in den blitzenden Augen nur etwas hell Verschwommenes und lodernden Zorn sah.
Sein Griff wurde fester, und er hielt ihren Befreiungsversuchen stand. »War das Absicht?« fragte er knurrend, als ihr wortreicher Zornausbruch kein Ende nehmen wollte.
»Und wenn schon?« schleuderte sie ihm atemlos und vor Wut kochend entgegen.
Ein Augenblick der Stille trat ein. Portia sah, wie er die Augen zusammenkniff, wie es gefährlich in ihnen aufblitzte und sie in Erregung versetzte. Das Schweigen dehnte sich immer mehr in die Länge, bis es sie einzuhüllen und in einen Schwebezustand zu versetzen schien.
Dann gab er ihren Körper frei und nahm ihren Kopf zwischen beide Hände. Seine Finger griffen in ihr zerzaustes Haar. Er veränderte seine Position, so dass seine Beine ihre festhielten und sie auf den Boden drückten. Sie spürte jede Linie seines kraftvollen Körpers an sich, spürte, wie er sich ihr förmlich einprägte. Sie spürte seine Hitze, die Wärme seines Atems.
»Mistress Worth, es gibt so etwas wie Wiedergutmachung«, murmelte er und nahm ihren Mund in Besitz. Diesmal war es kein leichter, flüchtiger Kuss, keine Tändelei. Es war eine harte Besitzerklärung. Unwillkürlich öffnete sich ihr Mund der drängenden Forderung seiner Zunge, und sie spürte, wie er die warme, weiche Höhlung erforschte und auskostete. Dann begannen ihre Zungen zu tänzeln, und sie kostete ihn, ertastete die Konturen seines Mundes und ließ ihre Zunge -über seine Zähne gleiten, in seine Wangenhöhlen. Ihre Augen schlossen sich über roter Dunkelheit, und ihr Blut raste vor Erregung. Als sie seine harte Wölbung an sich spürte, umfasste sie seinen Rücken und knetete seine festen Gesäßbacken. Er griff tiefer in ihr Haar, packte sie fester und hob dann seinen Kopf.
Rufus blickte in ihr gerötetes Gesicht, sah die geschwollenen Lippen, ihren verhangenen Blick. Nach wie vor hielt er sie fest, mit seinem Körper und mit den Händen in ihrem Haar, und rührte sich eine Weile nicht. »Warum habe ich das getan?« Sein Lächeln verriet Verwunderung und eine gewisse Nachdenklichkeit. »Es war so gar nicht meine Absicht.«
Portia fuhr mit der Zunge über ihre Lippen. »Was war dann Eure Absicht?«
»Etwas viel weniger Angenehmes«, gab er mit demselben Lächeln zurück. »Aber wenn es um dich geht, du widerspenstiger kleiner Spatz, bereite ich mir stets wieder selbst eine Überraschung.«
Er gab ihr Haar frei und stand auf, um sich Mantel und Breeches abzuklopfen. »Steh auf.« Er nahm ihre Hände und zog Portia hoch.
Portia strich ihr Haar mit beiden Händen zurück und bemühte sich, die zerraufte Mähne zu glätten und ihre Empfindungen zu ordnen. Sie hatte das Gefühl, die Erdachse hätte sich verschoben, so dass sie Mühe hatte, am steilen Abhang gerade zu stehen.
Aus Rufus' Blick sprach noch immer Verblüffung. »Du bist wirklich ein Spatz«, murmelte er. »Nur Beine und zerrauftes Gefieder.« Bergauf blickend fragte er sich, ob jemand diesen wahnwitzigen Moment beobachtet hatte, und als er es tat, erscholl von einem Hügel im Norden ein Trompetenstoß, der im ganzen Tal widerhallte.
Alle Gedanken an Tändelei, alle Reste von Verblüffung waren vergessen. Das Signal bedeutete nur eines: Ein Posten hatte eine ungewöhnliche Beobachtung gemacht. Er lief los, wieder den Hügel hinauf.
Portia blieb stehen, nach wie vor bemüht, Ordnung in ihre Empfindungen zu bringen. Wieder ertönte der Trompetenstoß, und sie lief ohne zu überlegen Rufus nach. Das Signal hatte so dringend, so elementar geklungen, dass man ihm folgen musste.
Will, der vor Aufregung kaum an sich halten konnte, reichte Rufus ein Fernglas, als dieser bei ihm ankam. »Truppen im Norden, auf vier Uhr.«
»Granville?« Rufus
Weitere Kostenlose Bücher