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Die geraubte Braut

Die geraubte Braut

Titel: Die geraubte Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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wischte mit dem behandschuhten Daumen über das Glas, ehe er es ans Auge führte. Keiner der beiden bemerkte Portias Kommen.
    »Glaube ich nicht. Sie führen nicht die Granville-Flagge.«
    Rufus beobachtete den Reitertrupp, der etwa fünf Meilen weit entfernt durch die öde Gegend ritt. »Sieht mir nach der Standarte Levens aus«, sagte er. »Kavallerie, fünfzehn oder zwanzig Mann. Was mag ihr Ziel sein?«
    »Egal, welches, wir halten sie auf.« Will grinste von einem Ohr zum anderen.
    Rufus setzte sein Fernglas ab. »Da wäre ich nicht so sicher«, sagte er im Scherzton zu Will.
    Wills Grinsen wurde breiter. »Wie viele von uns?«
    »Dreißig. Piken und Musketen. Brustpanzer und Handschutz. Sag den Leuten, sie sollen die Mäntel vorne schließen. Unsere Kampfausrüstung bleibt versteckt, bis wir den Gegner vor uns haben.«
    »Gut. Soll ich zu den Waffen rufen?«
    »Ja, ganz schnell.« Rufus, der sich umdrehte, schien nun erst Portia zu bemerken. »Steh nicht im Weg herum«, ordnete er so befehlsgewohnt an, als hätte es den brisanten Moment auf dem Pfad nicht gegeben. Dann machte er sich auf den Weg bergab, nicht so hastig diesmal, während hinter ihm zwei Trompetenstöße erklangen, die Portia Schauer der Hochspannung über den Rücken jagten.
    Portia folgte unauffällig in gebührendem Abstand. Falls Rufus es merkte, ließ er es nicht erkennen. Er schritt durch das Dorf, in dem die Männer sich auf der Straße drängten, Brustharnische umschnallten und Musketen schulterten, schon dem Sammelplatz am Flussufer zustrebend.
    Will tauchte wie aus dem Nichts auf, lief unter den Männern hin und her, schickte einige zurück an die Arbeit, befahl den anderen, unter einem kahlen Weidenbaum in Reih und Glied anzutreten.
    Rufus trat vor die Gruppe von dreißig Mann, und ihr hektisches Stimmengewirr verstummte. Erwartungsvoll ruhten die Blicke aller auf ihm. Portia, die das alles fasziniert beobachtete, blieb ein wenig zurück.
    »Wer ist für einen Überfall auf Levens Männer?« fragte Rufus gutgelaunt. Er stand breitbeinig da, die Hände in die Hüften gestützt. Seine Augen blitzten vor Energie, und Portia spürte, wie diese Kraft von ihm auf die Männer überging, als sie ihrer Zustimmung überschwänglich Ausdruck verliehen.
    »Wir wollen ihnen ein bisschen in den Schwanz zwicken«, rief Rufus laut. »Wir nehmen den Morebattle-Pfad, umzingeln sie und greifen diesseits von Yetholm an. Noch Fragen?«
    »Machen wir Gefangene?«
    »Alle Gefangenen werden ins Hauptquartier der Royalisten in Newcastle gebracht«, sagte Rufus energisch. »Sonst noch etwas?«
    Allgemeines Kopfschütteln. »Also, Gentlemen, los jetzt.«
    Die Männer setzten sich in Bewegung und liefen zu den Stallungen, von Rüstung und Waffen kaum -behindert. Rufus drehte sich um und sah Portia, die hinter einer anderen Weide halbversteckt stand. Als er sie zu sich winkte, war er nicht mehr der Mann, den sie vor kurzem so leidenschaftlich geküsst hatte.
    »Ihr bleibt hier. Wo die Kantine ist, wisst Ihr. Dort bekommt Ihr Euer Essen. Und mein Haus steht Euch offen.« Er hob ihr Kinn an und drohte ihr in unmissverständlichem Ton: »Wenn Ihr in meiner Abwesenheit Verdruss macht, Mistress Worth, dann werdet Ihr es bereuen. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
    »Glasklar«, sagte Portia, seinem Blick standhaltend.
    Wortlos hielt er ihr Kinn fest, dann ließ er sie los und ging zu seinem Haus. Portia hielt Schritt mit ihm.
    Im Haus stand sie an die Tür gelehnt da und sah zu, wie er ein massives, in einer Lederscheide steckendes Schwert von einem Haken an der Wand nahm. Er befestigte es an seinem breiten Schwertgürtel und schnallte sich einen stählernen Brustpanzer über sein Lederkoller. Dann prüfte er mit dem Finger die Klinge eines gefährlich gekrümmten Dolches, ehe er ihn einsteckte, warf den Mantel um seine Schultern und schloss ihn am Hals.
    »Denkt an meine Worte.« Nach einem knappen Nicken schob er sie aus dem Weg und ging, und mit ihm ging seine geballte Energie, so dass die Küche plötzlich verlassen und öde wirkte.
    Portia, die ihren Mantel enger um sich zog, starrte in die Glut des Kamins. Mit einer jähen ungeplanten Bewegung zog sie sich die Kapuze über ihr flammendes Haar. So ging sie aus dem Haus, unsicher, was sie eigentlich vorhatte, doch von einem Gefühl der Rastlosigkeit und des Wagemuts erfüllt, das sie auf einen Weg schickte, der sich ihrem Willen entzog.

Kapitel 10
    Auf den ersten Blick bot sich ihr im Stall ein chaotisches Bild.

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