Die Germania
geduldig binden und verkaufen. Das ist Charakterfestigkeit in verwerflicher Sache; sie selbst nennen es Ehre. Einen also gewonnenen Sklaven schafft übrigens sein Herr selbst auf dem Verkaufswege fort, um der Beschämung über seinen Sieg ledig zu werden.
Caput XXIV.
Genus spoctaculorum unum atque in omni coetu idem: nudi iuvenes, quibus id ludicrum est, inter gladios se atque infestas frameas saltu iaciunt, – exercitatio artem paravit, ars decorem – non in quaestum tamen aut mercedem, quamvis audacis lasciviae pretium est voluptas spectantium. Aleam, quod mirere, sobrii inter seria exercent, tanta lucrandi perdendive temeritate, ut, cum omnia defecerunt, extremo ac novissimo iactu de libertate ac de corpore contendant. Victus voluntariam servitutem adit; quamvis iuvenior, quamvis robustior, alligari se ac venire patitur; ea est in re prava pervicacia; ipsi fidem vocant. Servos condicionis huius per commercia tradunt, ut se quoque pudore victoriae exsolvant.
Caput XXV
Sklaven und Freigelassene.
Im übrigen ist die Stellung der Sklaven eine andere als bei uns, wo die einzelnen Geschäfte unter das Gesinde förmlich vertheilt sind. Dort sitzt jeder auf seinem besonderen Heimwesen, am eigenen Herde. Der Herr legt ihm nur, wie in unserem Pachtverhältniß, eine bestimmte Leistung an Getreide, Vieh oder Gewand auf und daraus beschränkt sich die Pflicht des Hörigen. Die sonstigen Geschäfte des Herrenhauses besorgen Weib und Kinder. Daß der Sklave gepeitscht, in Fesseln gelegt, mit Zwangsarbeiten bestraft wird, ist ein seltener Fall; häufiger ist Tödtung durch den Herrn, nicht als Strafe oder Maßregel der Strenge, sondern als eine That der Leidenschaft und des Jähzorns; wie man etwa seinen Feind erschlägt, mit dem Unterschiede, daß auf ersterem keine Strafe steht.
Der Freigelassene steht nicht viel höher als der Sklave; selten übt er einigen Einfluß im Hause, niemals im öffentlichen Leben. Einzige Ausnahme bilden die monarchisch regierten Staaten, wo der Freigelassene über den Freigeborenen und sogar über den Adelichen sich erheben kann. Bei den anderen Stämmen gibt die untergeordnete Stellung des Freigelassenen Zeugniß von der freien Volksverfassung.
Caput XXV.
Ceteris servis non in nostrum morem descriptis per familiam ministeriis utuntur; suam quisque sedem, suos penates regit; frumenti modum dominus aut pecoris aut vestis ut colono iniungit. Et servus hactenus paret; cetera domus officia uxor ac liberi exsequuntur. Verberare servum ac vinculis et opere coercere rarum: occidere solent, non disciplina et severitate, sed impetu et ira, ut inimicum, nisi quod impune est. Liberti non multum supra servos sunt, raro aliquod momentum in domo, nunquam in civitate, exceptis duntaxat iis gentibus quae regnantur; ibi enim et super ingenuos et super nobiles ascendunt; apud ceteros impares libertini libertatis argumentum sunt.
Caput XXVI
Ackerbau.
Geldgeschäft und Wucherzins sind unbekannte Dinge, und darum gewissenhafter gemieden, als wenn sie gesetzlich verboten wären.
Die Feldmarkung, je nach der Anzahl der Bebauer größer oder kleiner, gehört der ganzen Gemeinde als Gesammtbesitz und diese vertheilt die Grundstücke unter ihre Mitglieder nach Maßgabe des Ranges. Die Möglichkeit dieses Verfahrens liegt in der großen Ausdehnung der Markungen. In der Bebauung wechselt man alljährlich das Geld, wobei immer noch ein Theil desselben frei bleibt. In den Wettkampf mit der Ertragfähigkeit und Ausdehnung des Bodens seine Arbeit einzusetzen, Obstpflanzungen anzulegen, Wiesland auszuscheiden, einen Garten zu bewässern, versteht der Germane nicht; nur seine Aussaat an Getreide soll ihm die Erde leisten. Daher theilt sich ihm auch das Jahr nicht in unsere vier Zeiten; von Winter, Frühling und Sommer hat er einen Begriff und hat die Worte dafür, vom Herbste kennt er einen Namen so wenig als seinen Segen.
Caput XXVI.
Fenus agitare et in usuras extendere ignotum, ideoque magis servatur, quam si vetitum esset. Agri pro numero cultorum ab universis vicis occupantur, quos mox inter se securidum dignationem partiuntur; facilitatem partiendi camporum spatia praestant. Arva per annos mutant. Et superest ager; nec enim cum ubertate et amplitudine soli labore contendunt, ut pomaria conserant et prata separent et hortos rigent; sola terrae seges imperatur. Unde annum quoque ipsum non in totidem digerunt species: hiems et ver et aestas intellectum ac vocabula habent; autumni perinde nomen ac bona
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