Die gesandte der Köingin Tess 2
wenn ich ihn gehen ließ.
Duncan kehrte mir den Rücken zu, trat ans Feuer und begann seelenruhig, seine Sachen einzupacken. Tuck stampfte mit den Hufen und rollte ängstlich die Augen, als der Wind am Rand der Lichtung auffrischte und in den Bäumen stöhnte wie ein lebendiges Wesen. »Liebe?«, fragte er, faltete seine Decke zusammen und band sie mit einer ausgefransten Schnur an das verängstigte Tier. »Ich weiß nicht, Tess. Eines Tages, irgendwann, hätte ich dich vielleicht geliebt. Es hat mir gefallen, dich zu küssen. Ein Jammer, dass du so anständig bist.« Mit einem hässlichen, verwegenen Grinsen zog er das zweite Pferd näher zu sich heran. »Wir hätten uns großartig miteinander amüsieren können, nach diesem letzten Kuss zu schließen.«
Lass mich frei, säuselte der Wind, heiß und beharrlich. Ich werde deinen Kummer und deinen Zorn beenden. Gib mir deinen Willen, und ich gebe dir Gerechtigkeit. Ich kann ihm den Atem rauben. Ich kann sein Herz stillstehen lassen …
Ich trat einen Schritt vor, die Hände zu Fäusten geballt. »Du hast mich nie geliebt.«
Er warf mir einen verärgerten Blick zu. »Ich mag dich, Tess. Ich mag dich wirklich, ob du mir glaubst oder nicht. Wenn du mir also noch irgendetwas sagen möchtest, dann sag es jetzt. Ich muss weiter.« Er nahm Tucks Zügel und stieß ihm das Knie in die Rippen, damit das Pferd ausatmete, ehe er den Gurt des Reitkissens festzog.
Wütend trat ich näher, bis meine Stiefel fast das Feuer berührten. »Du hast gehört, wie Rylan mich gequält hat.«
»Mich hätte Lan vor Wut kastriert!«, entgegnete er laut, drehte sich um und zeigte mir den Zorn in seinen braunen Augen. »Ich bin Falschspieler, kein Irrer.« Er warf Tuck die Segeltuchplane über den Rücken, und das schreckhafte Tier scheute. »Außerdem wusste ich ja, dass du und deine Magie ihn besiegen könnt. Siehst du? Du bist hier, und es geht dir gut.«
Tränen verschleierten mir die Sicht, während die Erinnerung an Angst und Pein in mir widerhallte. Um mich herum flaute der Wind ab. Ich kam mir dumm vor, weil ich mir so sehr gewünscht hatte, dass Duncan kommen und mich retten würde. Ich hatte mich selbst dadurch geschwächt, dass ich Hilfe von ihm erwartet hatte. Doppelt dumm von mir. »Warum?«, flüsterte ich, während die Blätter über das Moos huschten.
Duncan hockte sich vor eines der Bündel. »Warum ich das getan habe?«, fragte er und gluckste dann vor Lachen. »So viel Geld. Und es war so einfach, ich brauchte es mir ja nur zu nehmen. Du warst leichter zu betören als eine betrunkene Schankmaid. Du hast so nach Liebe gehungert, dass du gehört hast, was du glauben wolltest. Und ich habe dir deinen geheimen Traum erfüllt – ein kluger Mann, der bereit war, alles zu opfern, nur dir zuliebe. Du solltest mir dankbar sein. Und das hier?« Mühsam richtete er sich auf und belud den unwilligen Tuck mit dem ersten Geldsack. »Das hier gehört mir. Ich habe es mir verdient. Du wirst mich nicht daran hindern, es mir zu nehmen. Du liebst mich.«
Ich konnte nichts tun und stand da wie erstarrt, während er Tuck näher heranführte und den zweiten Sack so auflud, dass er ein Gegengewicht zum ersten bildete. »Und du wirst mich immer lieben«, sagte Duncan, der mit langsamen Fingern die Säckchen verschnürte, damit sie nicht rutschten. »Du würdest alles für mich tun. Du hast alles für mich getan. Du hast Contessa dazu gebracht, auf Lans Schiff zu springen, du hast mir von dem gefälschten Brief erzählt, du hast mich sogar geweckt, als Hauptmann Jeck sie befreit hat. Ich habe ewig gebraucht, Lan dazu zu überreden, dich auf dieser Insel auszusetzen, statt dich einfach zu töten, aber ich wusste, dass du eine Möglichkeit finden würdest, in die Hauptstadt zu gelangen und diesen Narren von einem Kanzler dazu zu bringen, dass er das Lösegeld bezahlt. Da habe ich dir das Leben gerettet.«
»Kavenlow hat das Lösegeld nicht bezahlt.« Das taube Gefühl in meiner Schulter kroch aufwärts und vernebelte meine Gedanken. »Ich habe ihn belogen.« Ein rascher, tiefer Atemzug, und der Nebel lichtete sich. Ich hatte Kavenlows Vertrauen verspielt, um Duncans falscher Liebe willen. »Ich habe ihn um deinetwillen belogen.«
»Genau das meine ich!«, rief Duncan aus, und der dritte Sack landete auf dem unglücklichen zweiten Pferd. »Du hast alles für mich getan, Tess, genau wie ich es geplant hatte. Und deshalb wirst du auch da stehen bleiben und zusehen, wie ich davonreite.«
Der
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