Die gesandte der Köingin Tess 2
Augen war beängstigend.
»Duncan?«, fragte ich. Ich vertraute ihm, und dennoch war mir schlecht. Das würde er nicht tun. Nicht einmal, um den Piraten etwas zu beweisen. Aber in meinem geschwächten Zustand könnte er es tun.
»Du solltest dich wehren«, sagte er und senkte den Kopf, so dass ihm die langen Stirnfransen vor die Augen fielen.
Ich fuhr mir mit der Zunge über die Lippen und spürte den leichten Druck seines Gewichts auf mir. »Ich will aber nicht.«
Er beugte sich über mich, und wieder verschwand der Wind. Ein schwacher Duft von Bier und Leder drang mir in die Nase, und ich schloss die Augen. Ich gab einen leisen Laut von mir, der mich noch schneller mit ihm zu verschmelzen schien, als seine Lippen sich auf meine senkten. Ich schmeckte sie, salzig vom Wind, und seine Finger um meine gesunde Schulter drückten zu und entspannten sich wieder.
Der Puls dröhnte mir in den Ohren. Ich hob die unverletzte Hand und zog ihn auf mich herab. Meine Finger spielten mit dem Haar in seinem Nacken, überrascht schnappte er nach Luft und unterbrach den Kuss. Ich öffnete die Augen und begegnete seinem verblüfften Blick. Das sollte ich wirklich nicht tun, dachte ich, doch im Grunde war es mir gleich.
»Komm mit mir«, flüsterte er. »Bitte, Tess. Wenn das hier vorbei ist, versprich mir, dass du dann mit mir kommst. Jetzt hält dich doch nichts mehr zurück.«
Ich konnte ihm nicht antworten. Obwohl ich wusste, dass das ein Fehler war, zog ich ihn wieder zu mir herab.
Er folgte der Aufforderung willig und mit so plötzlicher Leidenschaft, dass ich einen Augenblick zögerte, ehe ich darauf einging. Ich sollte das nicht tun, dachte ich erneut. Ich sollte aufhören und ihn von mir stoßen. Ich sollte von ihm abrücken und mich aufsetzen. Ich sollte mich gegen ihn wehren, damit die Piraten ihm seine Geschichte glauben.
Aber ich konnte nichts mehr tun, außer die Augen zu schließen, so unerwartet heftig stieg Begehren in mir auf.
Die Finger meiner rechten Hand zuckten. Ich ignorierte den Schmerz, legte leicht den Arm über seinen Rücken und versuchte, ihn eng an mich zu ziehen. Er stieß den Atem aus, und als wir uns küssten, streifte mich sein Bart, der sich weicher anfühlte, als ich erwartet hatte. Seine Hand legte sich schwer auf meine Hüfte, auf meine nackte Haut, wo mein Kleid zerrissen war. Dies war nicht unser erster Kuss, doch mit jedem Mal löste sich meine Entschlossenheit ein wenig mehr auf.
Plötzlich und höchst unwillkommen brach eine Woge aus Licht und Lärm über uns herein. Ich schnappte nach Luft, als Duncan sich hastig aufrichtete. Das hatte ich tatsächlich vergessen.
Der Ärger, mit dem Duncan sich steif auf die Knie stemmte, war echt. Mit finsterer Miene starrte er die Piraten an, die uns umringt hatten, und ihre flackernden Fackeln ließen seinen Zorn deutlich erkennen. Ich starrte mit großen Augen um mich und wusste nicht, was ich tun sollte. Mit hämmerndem Herzen bemühte ich mich nur, das Kleid so gut wie möglich geschlossen zu halten.
»Aufstehen«, bellte Smitty, und ich japste erschrocken, als Duncan von meiner Seite gerissen wurde.
Ich ignorierte den Schmerz und rappelte mich selbst auf, ehe einer von ihnen mich anrührte. Ich wagte es nicht, aufs Meer hinauszublicken – sie durften nicht merken, dass ich wusste, wo die Strandläufer war.
Duncan machte jedoch genug Wirbel, um alle abzulenken. »Die Pocken sollen euch holen!«, brüllte er mit angezogenen Schultern und schüttelte zornig die Hände ab, die ihn gepackt hatten. »Sie gehört mir. Ein Mann wird sich doch noch nehmen dürfen, was ihm gehört, ohne dass jeder Kaulköder, Schafsköttel und Flussschleim hier auftaucht und mir alles verdirbt! Sie gehört mir! Was zum Teufel soll das?«
Kapitän Rylan musterte den zornigen Duncan und wandte sich ab. Smitty jedoch fuhr so hitzig auf ihn los, dass Duncan einen Schritt rückwärtstaumelte.
»Wo sind sie?«, brüllte er, das Gesicht nur ein paar Zoll von Duncans erschrockenen Augen entfernt. »Wo sind die Königin und ihr Prinz?«
Duncan blinzelte. »Die hingen noch an ihren Fesseln, als ich die hier losgeschnitten habe«, sagte er in durchdringender, gut gespielter Unschuld.
»Kapitän!«, rief einer der Männer und zeigte aufs Meer hinaus. »Da sind sie!«
Alle drehten sich um. Ich spähte zwischen den Männern hindurch und schlug mir die Hand vor den Mund, als ich die Strandläufer sah, die mit vollen weißen Segeln davonglitt, im Mondschein deutlich zu
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