Die Geschichte Der Kinder Hurins. Sonderausgabe.
Menschen, und du wirst es niemals sein, obwohl du über ganz Arda und Menel herrschst. Außerhalb der Weltkreise wirst du jene nicht verfolgen, die sich dir widersetzen!«
»Außerhalb der Weltkreise werde ich niemanden verfolgen«, erwiderte Morgoth, »denn außerhalb der Welt ist nichts. Doch innerhalb der Welt werden sie mir nicht entkommen, bis sie in das Nichts eintreten.«
»Du lügst«, sagte Húrin.
»Du wirst es sehen, und du wirst erkennen, dass ich nicht lüge«, sagte Morgoth. Er brachte Húrin nach Angband zurück, setzte ihn auf einen steinernen Sessel an einer hohen Stätte auf den Thangorodrim, von wo aus er in der Ferne das Land Hithlum im Westen und die Länder Beleriands im Süden sehen konnte. Dort blieb Húrin durch Morgoths Macht an seinen Platz gefesselt, und dieser stand neben ihm, verfluchte ihn erneut und belegte ihn mit einem Bann, sodass er sich weder von dort fortbewegen noch sterben konnte, bis Morgoth ihn erlöste.
»Hier bleibe nun«, sagte Morgoth, »und schaue hinaus auf Länder, in denen Elend und Verzweiflung über alle kommen werden, die du mir ausgeliefert hast. Denn du hast es gewagt, mich zu verhöhnen, und die Macht Melkors in Zweifel gezogen, der Herr über Ardas Geschicke ist. Deshalb sollst du mit meinen Augen sehen, mit meinen Ohren hören, und nichts soll dir verborgen bleiben.«
KAPITEL 4
TÚRINS AUFBRUCH
N ur drei Männer fanden am Ende den Weg durch den schrecklichen Taur-nu-Fuin zurück nach Brethil, und als Glóredhel, Hadors Tochter, erfuhr, dass Haldir gefallen war, brach ihr der Kummer das Herz, und sie starb.
Nach Dor-lómin drangen keine Nachrichten. Rían, Huors Gemahlin, floh in ihrer Verzweiflung in die Wildnis; doch Grau-Elben aus den Bergen von Mithrim standen ihr bei, und als ihr Sohn Tuor geboren wurde, zogen sie ihn auf. Rían jedoch begab sich zum Haudh-en-Nirnaeth, legte sich dort nieder und starb.
Morwen Eledhwen blieb in Hithlum, in stummem Schmerz. Ihr Sohn Túrin war erst neun Jahre alt, und sie warerneut schwanger. Die Zeiten waren schlimm für sie. Die Ostlinge kamen in großer Zahl ins Land; sie sprangen grausam mit dem Volk Hadors um, raubten ihm alles, was es besaß, und versklavten es. Alle Bewohner der Ländereien Húrins, die arbeiten konnten oder zu irgendetwas nütze waren, schleppten sie fort, sogar junge Mädchen und Knaben; die Alten aber töteten sie oder ließen sie in der Wildnis verhungern. Doch sie wagten es nicht, Hand an die Herrin von Dor-lómin zu legen oder sie aus ihrem Haus zu vertreiben. Denn es liefen Gerüchte um, sie sei gefährlich und eine Hexe, die mit den »Weiß-Furien« Umgang habe; so nannten sie nämlich die Elben, die sie hassten, aber mehr noch fürchteten. Aus diesem Grunde fürchteten und mieden sie auch die Berge, wo viele Eldar Zuflucht gesucht hatten, vor allem im Süden des Landes. Nachdem sie das Land geplündert und verheert hatten, zogen sich die Ostlinge nach Norden zurück.
Húrins Haus befand sich im Südosten Dor-lómins am Rande des Gebirges; der Ursprung des Nen Lalaith war eine Quelle im Schatten des Amon Darthir, über dessen Rücken ein steiler Pass führte. Wer waghalsig genug war, konnte hier die Ered Wethrin überqueren und an den Quellen des Glithui nach Beleriand hinabsteigen. Dieser Weg aber war weder den Ostlingen noch Morgoth bekannt, weshalb jener ganze Landstrich, solange das Haus Fingolfin bestand, vor Morgoth sicher war; keiner seiner Knechte war jemals hierhergekommen. Er vertraute darauf, dass die Ered Wethrin eine unüberwindliche Mauer bildeten, sowohl für Flüchtlinge aus dem Norden als auch für Angreifer aus dem Süden. Und es gab in der Tat für alle, die keine Flügel hatten, keine andere Verbindung zwischem dem Fenn von Serech und dem äußersten Westen, wo Dor-lómin an Nevrast grenzte.
So kam es, dass Morwen nach den ersten Überfällen unbehelligt blieb, obwohl Männer in den umliegenden Wäldern lauerten und es gefährlich war, sich allzu weit vom Haus zu entfernen. Dort lebten unter Morwens Schutz noch Sador, der Holzschnitzer, einige alte Männer und Frauen sowie Túrin, den Morwen nur im Hof umherlaufen ließ. Aber Húrins Hauswesen geriet bald in Verfall, und obwohl Morwen hart arbeitete, lebte sie in Armut, und sie hätte Hunger leiden müssen, wäre nicht die Unterstützung gewesen, die Aerin, eine Verwandte Húrins, ihr heimlich zukommen ließ. Ein gewisser Brodda, ein Ostling, hatte Aerin gewaltsam zu seinem Weib gemacht. Es war bitter für
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