Die Geschichte Der Kinder Hurins. Sonderausgabe.
Haufen; und die Orks schlugen ihnen die Köpfe ab und türmten sie zu einem Hügel übereinander, der im Sonnenuntergang wie Gold glänzte.
Als letzter von allen stand Húrin allein. Da warf er den Schild fort und packte die Axt eines Orkhauptmanns und schwang sie beidhändig; und im Lied heißt es, die Axt habe im schwarzen Blute von Gothmogs Trollgarde so sehr gequalmt, dass sie schließlich verraucht sei, und bei jedemSchlag rief Húrin: » Aure entuluva! Es soll wieder Tag werden!« Siebzigmal stieß er diesen Ruf aus; doch zuletzt ergriffen sie ihn lebendig, auf Morgoths Geheiß, der ihm Schlimmeres anzutun gedachte als den Tod. Darum packten die Orks ihn mit ihren Händen, die sich auch dann noch festklammerten, wenn er die Arme abgehauen hatte, und sie kamen in immer neuen Scharen, bis er zuletzt lebendig unter ihnen begraben lag. Dann fesselte ihn Gothmog und schleifte ihn unter Spott und Hohn nach Angband.
So endete die Nirnaeth Arnoediad, als die Sonne jenseits des Meeres unterging. Nacht wurde es in Hithlum, und ein großer Sturmwind kam aus dem Westen.
Groß war Morgoths Triumph, auch wenn noch nicht all seine unheilvollen Ziele erreicht waren. Ein Gedanke beunruhigte ihn vor allem und verdarb ihm die Siegesfreude: Turgon war seinem Netz entkommen, von all seinen Feinden der eine, den er am sehnlichsten zu fangen oder zu vernichten wünschte. Denn Turgon aus dem mächtigen Hause Fingolfin war nun der rechtmäßige König aller Noldor – und Morgoth fürchtete und hasste Fingolfins Haus wegen der Verachtung, die es ihm in Valinor erwiesen hatte, und wegen der Gunst seines Feindes Ulmo, derer es sich erfreute, und der Wunden wegen, die Fingolfins Schwert ihm geschlagen hatte. Doch am meisten von allen fürchtete Morgoth Turgon; denn schon einst in Valinor war dieser ihm in den Blick geraten, und wann immer er ihm nahe kam, war ein Schatten auf seine Seele gefallen, eine Vorahnung, dass zu einer noch im Dunkel verborgenen Zeit von Turgon sein Verderben kommen werde.
KAPITEL 3
DER WORTSTREIT ZWISCHEN
HÚRIN UND MORGOTH
A uf Morgoths Geheiß suchten nun die Orks unter großen Mühen die Leichen aller zusammen, die in der großen Schlacht gefallen waren, sowie alle ihre Rüstungen und Waffen; und sie warfen alles auf einen großen Haufen in der Ebene von Anfauglith; und er war groß wie ein Berg, so dass man ihn von weither sehen konnte. Haudh-en-Ndengin nannten ihn die Elben, den Hügel der Erschlagenen, und Haudh-en-Nirnaeth, den Hügel der Tränen. Doch auf diesem Hügel wuchs wieder Gras, hoch und grün, das einzige Gras in jener riesigen Ödnis, die Morgoth geschaffen hatte;und keine von Morgoths Kreaturen betrat von da an mehr den Boden, unter dem die Schwerter der Eldar und der Edain zu Rost zerfielen.
Fingons Reich war nicht mehr, und Feanors Söhne trieben wie Blätter vor dem Winde umher. Nach Hithlum kam nie einer der Menschen von Hadors Haus zurück, ja nicht einmal eine Nachricht vom Ausgang der Schlacht und vom Schicksal der Fürsten des Landes gelangte dorthin. Doch Morgoth schickte Menschen, dunkelhäutige Ostlinge, die unter seiner Herrschaft standen, nach Hithlum und er schloss sie dort ein und verbot ihnen, das Land zu verlassen. Das war alles, was er ihnen von den reichen Belohnungen gewährte, die er ihnen für ihren Verrat an Maedhros versprochen hatte: die Alten und die Frauen und Kinder von Hadors Volk auszuplündern und zu schinden. Die Reste der Eldar von Hithlum, bis auf einige, die sich retten konnten und in die Wildnisse und Gebirge entkamen, wurden in die Bergwerke des Nordens geschleppt und versklavt. Aber die Orks zogen ungehindert im ganzen Norden umher und drangen immer weiter südwärts nach Beleriand vor. Doriath jedoch hielt stand und Nargothrond; doch um sie kümmerte sich Morgoth nicht, entweder weil er wenig von ihnen wusste oder weil nach seinen heimtückischen Plänen ihre Stunde noch nicht gekommen war. Seine Gedanken kehrten aber immer wieder zu Turgon zurück.
Aus diesem Grunde wurde Húrin vor Morgoth gebracht. Denn durch seine geheimen Künste und seine Kundschafter wusste dieser, dass Húrin die Freundschaft des Königs besaß, und er versuchte, ihn mit seinem Blick einzuschüchtern. Doch Húrin ließ sich keine Furcht einjagen und widerstand ihm. Deshalb ließ Morgoth ihn in Ketten legen und einerlangsamen Folter unterwerfen. Nach einer Weile jedoch ging er zu ihm und machte ihm ein Angebot: Er ließ ihm die Wahl, entweder frei zu gehen, wohin er
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