Die Geschichte Der Kinder Hurins. Sonderausgabe.
Furcht vor Schmerzen und Tod. Und diese Räuber können ihn quälen oder töten, wenn sie Lust darauf haben. Ich habe gehört, dass sie einige der Schnellfüßigen auswählen und mit Hunden hetzen. Sie haben schneller von den Orks gelernt als wir vom Elbenvolk.«
»Jetzt verstehe ich einiges besser«, sagte Túrin.
»Es ist eine Schande, dass du solche Dinge so früh erfahren musst«, sagte Sador. Als er den seltsamen Ausdruck auf Túrins Gesicht bemerkte, fragte er: »Was verstehst du jetzt besser?«
»Warum meine Mutter mich fortschickt«, sagte Túrin, und seine Augen füllten sich mit Tränen.
»Ach so«, sagte Sador und murmelte vor sich hin: »Warum erst so spät?« Dann wandte er sich an Túrin und sagte: »Mir scheint, das ist kein Grund, Tränen zu vergießen. Aber du solltest über die Pläne deiner Mutter weder mit Labadal noch mit irgendeinem anderen laut sprechen. In diesen Zeiten haben Mauern und Zäune Ohren, und zwar solche, die nicht an ehrlichen Köpfen wachsen.«
»Aber ich muss mit jemandem reden!«, sagte Túrin. »Ich habe dir immer alles erzählt. Ich will dich nicht verlassen, Labadal. Ich will dieses Haus nicht verlassen und schon gar nicht meine Mutter.«
»Aber wenn du es nicht tust«, antwortete Sador, »wird es bald für immer mit dem Hause Hador zu Ende sein, das musst du verstehen. Labadal will nicht, dass du gehst, doch Sador, der Knecht Húrins, wird glücklich sein, wenn Húrins Sohn außerhalb der Reichweite der Ostlinge ist. Nun gut, es hilft nichts, wir müssen uns Lebewohl sagen. Willst du jetzt mein Messer als Abschiedsgeschenk annehmen?«
»Nein«, sagte Túrin. »Ich gehe zu den Elben, sagt meine Mutter, zum König von Doriath. Dort kann ich vielleicht etwas Ähnliches bekommen. Aber ich werde dir keine Geschenke schicken können, Labadal. Ich werde weit weg sein und ganz allein.« Darauf weinte er, doch Sador sagte zu ihm: »Kopf hoch! Wo ist Húrins Sohn geblieben? Denn ich hörte ihn noch vor nicht allzu langer Zeit sagen: Ich werde als Soldat zu einem Elbenkönig gehen, sobald ich kann. «
Darauf trocknete Túrin seine Tränen und erwiderte: »Gut! Wenn dies die Worte von Húrins Sohn waren, so muss er sich daran halten und gehen. Aber jedes Mal, wenn ich sage, dass ich dieses oder jenes tun werde, sieht es ganz anders aus, wenn es so weit ist. Jetzt will ich nicht mehr. Ich muss darauf achten, so etwas nicht wieder zu sagen.«
»Es wäre in der Tat das Beste«, sagte Sador. »So predigen es die meisten Menschen, aber nur wenige folgen diesem Rat. Lass das Morgen Morgen sein. Heute ist mehr als genug.«
Somit wurde Túrin für die Reise gerüstet, und er sagte seiner Mutter Lebewohl und brach in aller Heimlichkeit mit seinen beiden Gefährten auf. Doch als sie ihn aufforderten, sich noch einmal umzuwenden und zum Haus seines Vaters zurückzublicken, traf ihn der Abschiedsschmerz wie ein Schwertstich, und er schrie: »Morwen, Morwen, wann werde ich dich wiedersehen?« Morwen, die auf der Türschwelle stand, hörte das Echo dieses Schreis in den waldigen Hügeln, und sie umklammerte den Türpfosten so heftig, dass ihre Finger bluteten. Dies war das erste der Leiden Túrins.
Im Frühjahr nach Túrins Abreise schenkte Morwen einer Tochter das Leben, die sie Nienor nannte, was Trauer bedeutet; doch bei der Geburt war Túrin bereits weit fort. Sein Weg war lang und gefährlich, denn Morgoths starker Arm reichte weit. Doch er hatte Gethron und Grithnir als Führer, die in den Tagen Hadors jung gewesen und jetzt zwar alt, aber nicht minder tapfer waren. Sie kannten das Land gut, denn in früheren Tagen waren sie oft durch Beleriand gezogen. Also überquerten sie mit Glück und Geschick das Schattengebirge, stiegen in das Tal des Sirion hinab, kamen in die Wälder von Brethil und erreichten endlich, erschöpft und ausgezehrt, die Grenzen Doriaths. Dort jedoch verloren sie den Weg, verliefen sich in den Irrgärten der Königin und wanderten so lange im weglosen Baumland umher, bis ihre Vorräte aufgebraucht waren. Sie waren dem Tod nahe, denn aus dem Norden zog der kalte Winter heran. Doch Túrins Schicksal wollte es anders; denn just als die Verzweiflung sie übermannen wollte, hörten sie den Klang eines Horns. Beleg Langbogen, der größte Jäger jener Tage, war in dieser Gegend auf der Jagd; denn er hatte in den Grenzmarken Doriaths seine ständige Behausung. Er hörte ihre Rufe und kam zu ihnen, und nachdem er ihnen zu essen und zu trinken gegeben hatte, erfuhr er
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