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Die Geschichte eines schoenen Mädchens

Die Geschichte eines schoenen Mädchens

Titel: Die Geschichte eines schoenen Mädchens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Simon
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erzählte allen, dass Lynnie ihr half, doch in Wahrheit saß sie an Kates Schreibtisch und malte. Kate bewahrte Block und Buntstifte in ihrem Aktenschrank auf. Sobald Lynnie da war, schloss Kate die Tür ab und öffnete den Aktenschrank. Wenn Lynnie wieder ging, legte sie die Kunstwerke in die Schublade und drehte den Schlüssel um.
    Das Klingeln hörte auf.
    »Wir sind da«, sagte Onkel Luke in den Hörer. »Kommen Sie her und holen Sie sie ab.«
    Er legte auf. Dann ging er ohne einen Blick auf Clarence, der mittlerweile Platz genommen hatte, in sein eigenes Büro und schloss die Tür.
    Clarence’ Lippen wurden schmal. Hätte Lynnie nicht mit eigenen Ohren gehört, dass Smokes, der Freund von Clarence, Onkel Lukes Bruder war, wäre sie niemals auf diese Idee gekommen. Onkel Luke bevorzugte seinen Bruder und Clarence niemals vor anderen. Allerdings wussten alle, dass er es doch tat, weil Clarence und Smokes mit allem durchkamen. Sie waren die Einzigen mit Hunden und die Einzigen, die nach Alkohol rochen. Außerdem …
    Lynnie drehte sich zum Fenster. Es gab Schöneres, woran sie denken konnte: an Buddy, der lachend das Baby hochhob; an die Wärme, die sie durchströmt hatte, als ihr Kind in ihren Armen lag.
    Die Tür ging auf. Lynnie wirbelte herum.
    Kate!
    Lynnie gab einen freudigen Laut von sich, hielt sich jedoch zurück und lief nicht auf sie zu, um sie zu umarmen.
    Kate sah Lynnie mit einem traurigen Lächeln an. Als Kate ihre Arbeitsstelle hier antrat, nachdem ihr Mannsie wegen einer anderen verlassen hatte, war sie schlank gewesen, immer geschminkt und hübsch angezogen mit bunten Röcken. Mit der Zeit hatte sie an Gewicht zugelegt, das Make-up aufgegeben und mit Rauchen angefangen. Nach wie vor bestickte sie ihren Pflegerinnenkittel, trug jedoch nur noch braune oder graue Röcke und eine Kette mit einem goldenen Kreuz. Zudem wirkte sie erschöpft und in sich gekehrt; Lynnie war überzeugt, dass sie Kates kleineres Selbst sehen konnte.
    »Fühlen Sie ihr vorsichtig auf den Zahn«, sagte Onkel Luke, der die Tür wieder geöffnet hatte. »Wir wissen nicht, was er mit ihr gemacht hat.«
    Kate entgegnete: »Nummer Zweiundvierzig ist ein Gentleman. Er würde ihr nie etwas antun.«
    »Wenn er so vertrauenswürdig wäre«, versetzte Onkel Luke, »hätte er diese Sache nicht durchgezogen.«
    Kate schwieg, und Onkel Luke gab ihr Anweisungen, was sie mit der Ausreißerin tun sollte. Lynnie drehte sich weg und sah, dass Clarence den Blick auf sie gerichtet hatte. Sie schloss die Augen und biss sich auf die Lippe.
    Einen Augenblick später fühlte sie eine Hand auf ihrem Arm, und Kate führte sie weg. Sie hörte noch, wie Clarence sagte: »Mir scheint, dafür hat sie einige Zeit verdient, Doktor.« Dann stand Lynnie im Freien. Es hatte aufgeklart, und Sternbilder funkelten am Himmel. Lynnie betrachtete sie, und ihre Namen fielen ihr wieder ein. Da drüben war das Pony, am Horizont entdeckte sie die Tasse mit Henkel und direkt über ihnen die Feder – die liebte sie am meisten.
    Lynnie fasste nach Kates Hand, und sie gingen an den Klassenzimmern, die niemals benutzt wurden, und der Turnhalle mit den rostigen Geräten und der schimmligen Decke vorbei. Sie überquerten den nächsten Weg. Die Gebäude der Jungs befanden sich auf der linken Seitedes Hügels, die der Mädchen auf der rechten. Manchmal hörte sie, wie sich die Jungs nachts prügelten oder andere vulgäre Dinge taten. Aber heute war alles still. Irgendwann drückte Kate ihre Hand ganz fest. »Ich hab mir große Sorgen um dich gemacht«, sagte sie.
    Lynnie sah Kate ins Gesicht. Sie hätte ihr gern erzählt: Wir haben uns davongeschlichen, dann ist das Baby gekommen. Es hat wehgetan, aber es fühlte sich sehr gut an. Sie sehnte sich danach, von ihrer Liebe zu dem Kind zu sprechen und davon, wie überwältigt sie gewesen war, als sie das Kleine in dem verlassenen Bunker, in dem sie es zur Welt gebracht hatte, zum ersten Mal halten konnte. Von dem Kuss mit Buddy im Schlafzimmer der alten Lady – einem der langen Küsse, die sie nur im Maisfeld ausgetauscht hatten, wenn die Halme hoch genug waren, um sie zu verbergen. Davon, wie sie die Treppe der Lady hinuntergegangen waren, und von der Polizei und Buddys Flucht in den Wald.
    Abgesehen von den Augenblicken mit Buddy in den Maisfeldern bewegte sie ihren Mund so selten, dass sie das Sprechen fast ganz verlernt hatte. Sie drückte sich durch Zeichnungen aus, aber jetzt hatte sie keine Stifte. Wenn sie wenigstens so

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