Die Geschichte eines schoenen Mädchens
gut mit den Händen reden könnte wie Buddy, aber leider verstand sie nur seine Gesten, und das auch nicht immer.
»Sag mir, ob es dir gut geht«, forderte Kate sie auf.
Lynnie nickte.
»Gott sei Dank. Ich war krank vor Sorge.«
Sie kamen in die Krankenstation. Kate nahm die erste Stufe. »Ich habe gefragt, ob du die heutige Nacht hier verbringen darfst, wo ich bei dir – nur bei dir – bleiben kann. »
Lynnie zog sie zurück.
»Was ist?«
Sie deutete auf A-3.
»Du willst wirklich gleich in deine Abteilung?«
Dort wird er mich suchen , hätte sie gern erklärt, doch dazu war sie nicht fähig. Stattdessen nickte sie wieder.
»Also schön«, gab Kate nach. »Ich werde Ärger bekommen, aber besser ich als du.«
Sie gingen weiter, an dem ersten Mädchen-Cottage A-1 vorbei, dann an A-2. Schließlich gelangten sie zu A-3. Die ganze Zeit musste Lynnie daran denken, um wie viel schwieriger ein zweiter Versuch sein würde. Beim ersten Mal hatten sie geplant, wegzulaufen, solange am meisten Betrieb herrschte – zu der Zeit, in der das Personal die Schützlinge zu Bett brachte. Sie war durch die Tür geschlüpft in dem Wissen, dass man sie erst später vermissen würde. Sie hatten sogar Kissen unter ihre Bettdecke gestopft – Doreen hatte ihr dabei geholfen und gesagt: »Wie eine Mumie.« Jetzt passten die Pflegerinnen sicher besser auf.
Lynnie und Kate stiegen die drei Stufen zur Haustür hinauf. Der rostige Knauf ließ sich schwer drehen, aber Kate brach die Tür auf, und sie traten ein.
Der Geruch! Als Lynnie ihn zum ersten Mal wahrnahm, hatte sie versucht wegzulaufen. Der Pfleger fing sie wieder ein, und sie biss ihn dafür. Dieser Geruch drang einem nicht nur in die Nase, sondern auch in die Augen und unter die Zähne. Es war so schlimm, ihn einzuatmen, dass manche Pfleger rauchten, nur um einen anderen Geschmack im Mund zu haben. Lynnie zog immer die Decke über das Gesicht, bevor sie einschlief.
Kate, wenn du wüsstest, wie gut die Nacht gerochen hat, als wir den richtigen Platz gefunden haben. Ich konnte das Buddy nicht übermitteln, weil ich das Baby im Arm hielt, deshalb gab ich einen Freudenlaut von mir und legte meine Lippen an seine, und er ging mit seiner Stimme rauf und runter, bis wir den selbenTon hatten. Dann summten unsere Körper, mit dem Baby zwischen uns, gemeinsam.
Sie durchquerten die Lobby. Suzette, eine andere Nachtschwester, saß zurückgelehnt am Schreibtisch und hielt sich ein aufgeschlagenes Buch vor das Gesicht. Ihr Mund stand offen. Suzette schritt bei Streitereien nicht rasch genug ein, allerdings gerieten die Mädchen nicht so oft aneinander wie die Jungs. Richtig Schwierigkeiten gab’s nur, wenn die Jungs in die Bereiche der Mädchen vordrangen. Bisher war das nur einmal passiert. Damals hatten weder Suzette noch Kate Dienst, und … oh, denk nicht mehr daran.
Sie durchquerten den Gemeinschaftsraum. Die Bänke und Plastikstühle waren unbesetzt, der schmutzige Boden wartete darauf, dass ihn die »Working Girls« während des Frühstücks putzten. Sogar der Fernseher war ausgeschaltet. Lynnie erinnerte sich daran, wie schrecklich alles war, bevor sie den Fernseher bekommen hatten. Sie saßen herum, ohne etwas zu tun zu haben, machten hauptsächlich Unsinn oder erfanden Spiele. Oft ärgerten sie sich gegenseitig und stibitzten die wenigen Habseligkeiten, die die Mädchen von zu Hause bekommen hatten. Die Insassen nahmen ihre Stühle in Besitz und behielten sie jahrelang.
Auf dem Weg zu Lynnies Schlafsaal flüsterte Kate: »Du wirst eine Strafe bekommen, aber ich versuche dafür zu sorgen, dass es nicht allzu schlimm für dich wird.«
Kate führte Lynnie in den Waschraum mit den Toiletten. Gut.
Sie passierten die Waschbecken. Zehn Toiletten verbargen sich in einer Reihe hinter separaten Metalltüren, aber es gab keine Trennwände, sodass eine Pflegerin zehn Mädchen auf einmal beaufsichtigen konnte, wenn die ihre Geschäfte machten. Lynnie griff nach einer Tür; Kate bekam das nicht mit. »Erst wirst du gebadet. Ich werdeihnen sagen, dass du kooperativ warst, vielleicht sind sie dann nicht ganz so streng.«
Kate blieb vor einer Badewanne stehen und fing an, Lynnies Zwangsjacke ganz aufzuknoten. »Ich kann heute Nacht bleiben und auf dich aufpassen. Aber am Morgen muss ich nach Hause.«
Kate warf die Zwangsjacke auf den Boden.
»Woher hast du dieses hübsche Kleid? Dein Haar flutet über den Rücken wie das von Rapunzel.«
Lynnie grunzte erfreut.
»Tut mir leid, du
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