Die Geschichte eines schoenen Mädchens
er sich geschworen hatte, nie wieder zu tun, nachdem es ihn in den Knast gebracht hatte – er wagte es, seine Stimme einzusetzen. Er hatte die Worte »Ich bin taub!« ausgesprochen, wie er sich an sie erinnerte, und sie so oft wiederholt, bis sie verstanden.Danach nahmen sie davon Abstand, ihn in eine Gefängniszelle zu stecken und zu überprüfen, ob er ein gesuchter Mann war. Halleluja , hatte er gedacht, als ob er es nicht besser wüsste.
Alles fing an, als er dem Baseballspiel zusah. Jemand hatte ihn beobachtet und war ihm bis zur Hütte gefolgt. Nach der Prügelei brachten sie ihn zur Polizei und behaupteten, er wäre der Verursacher. Die Cops wussten nicht, was sie mit jemandem anfangen sollten, der nicht reden konnte. Also fuhren sie ihn weit weg und setzten ihn vor einem Waschsalon ab. Dann geschah es wieder und wieder. Jedes Mal fand er neue Verstecke und neue Kleider und schaffte es einige Wochen oder sogar Monate. Dann wurde jemand auf den zerzausten tauben Typen, der einen irren Eindruck machte, aufmerksam, und er wurde wieder weggebracht. Einmal setzten sie ihn sogar in einen Bus und bezahlten für seine Fahrkarte. Das schöne Mädchen und die Kleine bauten auf ihn, und die Stiefel gaben ihm die Sicherheit, dass er irgendwie zu ihnen zurückkommen würde. Er sah sie immer noch jeden Morgen – das schöne Mädchen, das auf den kleinen Kosmetikspiegel der Rothaarigen hauchte und mit einem Finger sein Gesicht darauf malte; die Kleine streckte, auf einem Fenstersims sitzend, die Arme aus und berührte das Kinn des schönen Mädchens. Doch dieses Irgendwie erschien ihm mit jedem Tag unerreichbarer.
Dieses Mal brachten ihn die Cops aus der Stadt. Das Land war braun und durch Zäune unterteilt. Sie fuhren immer weiter. Rinder weideten in der Ferne. Maschinen auf Stelzen pickten wie Vögel im Boden.
Nach langer Zeit blieben sie vor einem einsamen Ranchhaus stehen, und ein weißer Mann und eine weiße Frau kamen heraus. Beide hatten silbernes Haar und trugen gestärkte, gebügelte Kleider – ihre Gesichter schienennicht allzu sehr ans Lächeln gewöhnt zu sein. Neben den beiden kam er sich noch schmutziger und heruntergekommener vor, und er konnte sich nicht vorstellen, warum sie ihn in ihr Haus führten. Später erinnerte er sich an diesen Moment als Anfang des bis dahin verblüffendsten Kapitels in seinem Leben. Doch vorerst war er dankbar, ein Haus betreten zu können, ohne nach einer Gegenleistung gefragt zu werden.
Von Anfang an wunderte er sich darüber, dass sie ihn so gut behandelten. Zum ersten Mal hatte er ein eigenes Zimmer mit Schreibtisch, Schrank und Bett. Im Schrank lag eine gute Hose, weiße Hemden, Latzhosen, weiße Unterhemden, Pyjamas, Socken, sogar Unterhosen. Er bekam dreimal täglich eine Mahlzeit – die Silberfrau kochte gut und scharf. Sie machten keine Schreigesichter. Sie gingen mit ihm um wie mit ihren anderen beiden Gästen. Sie hatten ihn lediglich darum gebeten, sich um die Schweine im Nebengebäude zu kümmern.
Auch die anderen zwei Gäste erfüllten ihre Aufgaben. Der eine hatte lehmfarbene Haut, einen schwarzen Zopf und eine stämmige Figur. Der andere war dünn, picklig und blond. Sie mussten den Silbermann begleiten, wenn er herumfuhr, um die Pickmaschinen auf Stelzen zu inspizieren, mit den beiden Silbernen vor dem Fernseher sitzen und einem Prediger zuschauen und nachmittags in einem Buch lesen – in demselben Buch, das bei Homans Ankunft in einem kleinen braunen Koffer auf seinem Bett gelegen hatte. Es war ein dickes Buch mit Ledereinband, goldenen Blattkanten und Bildern von einem alten Mann mit Bart, der einen Stock in die Luft hielt, während das Wasser eines Flusses vor ihm zurückwich, oder einem Schiff, das voll mit Tieren beladen war, oder einem Jungen mit einer Steinschleuder. Homan vermutete, dass das dieBibel war. Die McClintock-Jungs hatten ihm Geschichten aus der Bibel erzählt – das Wunder von den Brotlaiben und Fischen, vom guten Samariter. Vielleicht standen in diesem Buch noch andere Geschichten – woher sollte er das wissen? Er ließ das Buch in dem Koffer und schob den Koffer unters Bett. An den Nachmittagen, wenn alle anderen im Esszimmer saßen und lasen, ging er in die Garage, in der er Schätze fand wie kaputte Fernsehgeräte, alte Automaten und Bücherschränke, die eine Reparatur nötig hatten. Es war brütend heiß im Stall und in der Garage, aber mit den Schweinen, dem Werkzeugkasten und den Traumgesichtern seiner Lieben ging es ihm
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