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Die Geschichte vom neidischen Dorle

Titel: Die Geschichte vom neidischen Dorle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Günter Krack
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geholt.
    Dieses Sparschweinchen hatte nicht nur einen Schlitz auf dem Rücken, sondern auch eine kleine Klappe im Bauch. Die Klappe konnte man aufschließen, um Geld herauszunehmen. Das tat manchmal die Mutter, wenn Dorle gar zu versessen auf gefüllte Bonbons war und nicht genug davon haben konnte. Dann sagte Mutti immer: „Wir müssen eben das Schweinchen schlachten!“ Wenn Dorle später die Bonbons alle aufgelutscht hatte, tat es ihr meistens leid, daß sie das Schweinchen Wieder

    einmal geschlachtet hatten. Das Geld war für neue Sommerschuhe bestimmt.
    Heute sah Dorle schon mit Bedauern zu, wie Mutti das rosige Tier in die Hand nahm, es ein wenig hin und her drehte, daß das Geld klapperte, und dann den Schlüssel in den prallen Bauch des Schweinchens steckte. Die Mutti nahm zwei Fünfzigpfennig-Stücke aus dem Schweinchen. Dann machte die Klappe „klick-klack“, und das traurige Schweineschlachten war vorbei.
    „So“, sagte die Mutter und drückte Dorle die beiden Geldstücke in die Hand. „Das gibst du morgen dem Peter, ja? Bist doch meine artige Dorle!“
    Angestrengt nickte Dorle mit dem Kopfe. Betrübt sah sie ihrer Mutti nach, als sie zur Anrichte ging, um das Schweinchen wieder an seinen Platz zu stellen.
    Was hatte sie nun von dem schönen Geld? — Für eine dumme Lampenscheibe war es bestimmt!

Neidhammel
    Um acht Uhr mußte Dorle in der Schule sein. Sie verabschiedete sich von ihrer Mutti, die in dieser Woche Spätdienst hatte. „Vergiß nicht, Peter das Geld zu geben, wenn du aus dem Hort kommst“, schallte es Dorle durchs Treppenhaus nach. Dorle hüpfte von Stufe zu Stufe nach unten und blieb vor
    Neumanns Tür stehen. Gestern abend im Bett hatte sie sich vorgenommen, Traude nicht abzuholen. Doch sie merkte, daß die Mutter oben die Wohnungstür noch nicht geschlossen hatte. Darum drückte sie widerwillig auf den weißen Klingelknopf. Frau Neumann öffnete ihr.
    „Guten Morgen“, grüßte Dorle, machte einen Knicks und wunderte sich. Sonst machte ihr morgens immer Traude auf. „Guten Morgen“, antwortete ihr Frau Neumann. Sie war eine rundliche Frau mit einem Vollmondgesicht und wuscheligen Haaren. Sie betrachtete Dorle aus ihren kugeligen Augen nicht besonders freundlich und erklärte kurz: „Traude ist schon weggegangen!“
    „Schon — schon gegangen?“ stammelte Dorle, drehte sich auf dem Absatz herum und lief die Treppe hinunter. Das war ja allerhand! Gemein war das von der dummen, dicken Traude! Eine Freundin wollte das seih!
    Der Schulweg kam Dorle an diesem Tag sehr lang vor. Es war das erste Mal, daß sie allein gehen mußte.
    Die 12. Oberschule war erst vor einem Jahr eingeweiht worden. Ihre drei schmucken, hellen Gebäude standen inmitten einer großen Grünanlage, auf der kleine Baum- und Buschgruppen angepflanzt waren. Schülerinnen und Schüler hatten die Pflege der Anlage übernommen. Vor Schulbeginn, in den Pausen und nach Schulschluß standen immer einige ältere, Thälmann-Pioniere an den Ecken der Anlage und achteten streng darauf, daß niemand über den Rasen lief. Die Wiese schmückte sich schon mit dem ersten Frühlingsgrün. An den jungen Bäumchen und Sträuchern prangten braunglänzende Knöspchen.
    Es war ein schon recht warmer Tag. Dorle hatte buntgemusterte Kniestrümpfe angezogen. Dazu trug sie einen dunkelblauen Rock, einen roten Pullover mit bunter Stickerei und darüber die gelbe Windjacke mit der gefütterten Kapuze. Wie sie so dahinlief, war sie ein hübsches Mädchen. Man konnte gar nicht glauben, daß in ihr eine schlimme Krankheit saß.

    Vor Dorle ging die Puppen-Monika mit ihrem hellbraunen Schulranzen auf dem Rücken. Sie wandte den Kopf. Als sie Dorle sah, verlangsamte sie nicht etwa ihre Schritte, um mit ihr die Schule zu betreten! Nein, sie beeilte sich und tauchte im Gewimmel der Mädel und Jungen vor der Schule unter. Als Dorle ins Klassenzimmer trat, waren schon fast alle Kinder versammelt. Die meisten trugen blaue Halstücher. In der 2 a gab es nur noch drei, die nicht zu den Pionieren gehörten. Aber wie jeden Tag, so hatten auch heute wieder einige vergessen, ihr Tuch umzubinden. An diesem Morgen hätte auch Dorle zu ihnen gehört, wenn sie nicht von der Mutter daran erinnert worden wäre.
    „Neidhammel! Neidhammel!“ schrien fünf, sechs Stimmen. Dorle stieß die kleine Brigitte Magerle heftig zur Seite, obwohl diese nicht zu den Schreiern gehörte. Sie drängte sich durch die Kinder zu ihrem Platz und schob den Schulranzen unter

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