Die Geschichte von Liebe und Sex
Geschwisterliebe (oder: Inzest) durchaus üblich. Bei den Griechen gab es eine Zeit lang Tempelpriesterinnen, meist Töchter aus wohlhabenden Familien, die gleichzeitig Prostituierte waren. Außerdem wurde den sexuellen Beziehungen griechischer Bürger zu männlichen Jugendlichen ein hoher erzieherischer Wert beigemessen.
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|60| Im römischen Weltreich schließlich beklagte man zwar die dekadenten Sitten der Griechen und stellte strikte Eheregeln auf. Doch diese Regeln wurden längst nicht von allen befolgt: Berühmt geworden sind die Liebesaffären der letzten ägyptischen Herrscherin Kleopatra (69 – 30 v. Chr.) mit den römischen Feldherren Julius Cäsar (100 – 44 v. Chr.) und Mark Anton (zirka 82 – 30 v. Chr.) sowie das Buch Die Liebeskunst des römischen Dichters Ovid (43 v. Chr. – zirka 17 n. Chr.). Spätere römische Kaiser wie Caligula (12 – 41 n. Chr.) und Nero (37 – 68 n. Chr.) waren für ihre exzessiven Orgien berüchtigt, in denen Gewalt und Sex mit Frauen wie Männern eine wichtige Rolle spielten.
Für Ägypter, Griechen und Römer gilt gleichermaßen, dass ihre Gesellschaften schroff und beinahe ohne Übergänge in Herrschende und Untertanen eingeteilt waren. Die ägyptischen Pharaonen mit ihren Beamten herrschten über Hunderttausende von Arbeitern und Sklaven. So schätzt man, dass die berühmte, ab etwa 2549 v. Chr. erbaute Pyramide von Gizeh, die Pharao Cheops als Grabstätte dienen sollte, in etwa 20 Jahren von rund 100 000 weitgehend rechtlosen Arbeitern erbaut wurde.
Obwohl die Griechen als Erfinder der Demokratie (griechisch für: Volksherrschaft) gelten, bezogen sich demokratische Rechte im antiken Griechenland allein auf männliche Angehörige der herrschenden Bürgerschicht. Entsprechendes gilt für die römische Gesellschaft, auch wenn sie den Ehefrauen von Bürgern zeitweise gewisse Rechte zuerkannte.
Alle drei klassischen Gesellschaften verehrten Götter, die für verschiedene Bereiche zuständig waren. Die Römer hatten dabei weitgehend die griechischen Götter übernommen und ihnen römische Namen gegeben. |61| Die Ägypter dagegen hatten eine ganz eigene Götterwelt und pflegten einen ausgeprägten Glauben an ein Totenreich. Nur einmal hatte es unter dem Pharao Echnaton im 14. Jahrhundert v. Chr. den Versuch gegeben, den Glauben an einen einzigen Gott, den Sonnengott Aton (oder Ra), durchzusetzen. Berühmt geworden ist auch Echnatons Frau Nofretete (deren Büste heute in Berlin zu sehen ist) und sein mit 18 Jahren verstorbener Sohn Tutenchamun (dessen Grabkammer in Kairo bewahrt ist).
Geschwisterliebe der Pharaonen
Unter den ägyptischen Pharaonen war es lange üblich, die eigene Schwester zu heiraten. Dieser Brauch geht auf verschiedene Mythen zurück. Die Ägypter glaubten, der Kosmos sei aus dem Samen des Sonnengottes Aton gewachsen, der zuerst die beiden Götter Shu (für Luft) und Tefnut (für Feuchtigkeit) erschuf. Aus ihrer Verbindung wurden die männliche Erde und der weibliche Himmel geboren, die wiederum vier Kinder bekamen: Der Junge Osiris wird zum Gott der Fruchtbarkeit und Ordnung, sein Bruder Seth der Gott der Unfruchtbarkeit und des Chaos. Osiris hat ein besonders enges Verhältnis zu seiner Schwester Isis. Sie sind nicht nur Bruder und Schwester, sondern schon als Kinder unzertrennlich und werden als Jugendliche zum Liebespaar.
Ihrem eifersüchtigen Bruder Seth gelingt es schließlich, die beiden zu trennen, indem er Osiris in einen mit Juwelen besetzten Sarkophag lockt, diesen zuschließt und auf dem Fluss wegtreiben lässt. Isis gibt die Suche jedoch nicht auf und findet den ohnmächtigen Bruder schließlich. Um ihn wieder zum Leben zu erwecken, küsst und liebkost sie ihn und erreicht schließlich, dass er zum Samenerguss kommt und erwacht. Aus diesem Samen wird ihr Sohn Horus geboren, den alle zukünftigen Pharaonen als ihren direkten Vorfahren ansahen.
In Nachahmung der Götter heirateten Pharaonen über Jahrhunderte eine ihrer Schwestern, zuweilen sogar die Töchter aus dieser Ehe. Pharao Ramses II. (1279 – 1213 v. Chr.) schwängerte nicht nur mehrere Schwestern, sondern auch einige seiner eigenen Töchter. Insgesamt zeugte er auf diese Weise – so wird geschätzt – gut 100 Kinder. Was für die Pharaonen |62| geradezu eine Pflicht war, um die göttliche Abstammung zu erhalten, war dem Volk verboten. Geschwisterliebe unter einfachen Ägypterinnen und Ägyptern galt als Tabu und stand unter strengen Strafen. Doch gab es offensichtlich
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