Die Geschichte von Liebe und Sex
berühmte Männer zu uns, worüber wir natürlich nicht zu anderen redeten. Eines Tages, als ich wieder allein die Leitung hatte, kam ein stattlicher älterer Mann zu uns, den ich erst eine Weile herumführte, der dann aber plötzlich zu mir sagte: ›Du bist es, mit dir will ich sein!‹ Er war sehr zärtlich zu mir, und was mir am meisten gefiel: Er gab mir meine Selbstachtung wieder. Unter anderem berichtete er von heiligen Tempeln auf Zypern und in Korinth, wo selbst Bürgerfamilien ihre Tochter hingaben in Verehrung der Liebesgöttin Aphrodite. Er erzählte mir, dass einmal ein junger Olympiasieger aus Dankbarkeit über seine Goldmedaillen 100 junge Frauen bezahlt hatte, um in einem heiligen Tempel zu bleiben. In Korinth sollte es beinah 1000 heilige Huren in einem einzigen Tempel geben.
Als er gegangen war, kam eines der älteren Mädchen aufgeregt auf mich zu und flüsterte: ›Man merkt, dass du vom Lande kommst. Weißt du, dass du eben mit einem der berühmtesten Politiker zusammen warst: Perikles!‹ Erst erschrak ich, denn natürlich hatte ich dessen Namen schon gehört. Er ist ein wahrer Demokrat und hat sich einen Namen vor allem gemacht, weil er als Erster eine Sozialhilfe für Arme eingeführt und weil er die Volksversammlung zum Ort aller wichtigen Entscheidungen gemacht hat, obwohl er selbst Adliger ist.
Zu meinem Glück kam Perikles, der damals noch verheiratet war, nun regelmäßig zu mir. Wir verliebten uns beide unsterblich ineinander. Erst nach der Scheidung von seiner ersten Frau jedoch glaubte ich ihm, dass er wirklich bei mir bleiben würde. Bedauerlicherweise waren viele Bürger und selbst Bürgerinnen von Anfang an gegen uns. Unsere Heirat wurde angefochten, weil ich keine richtige Athenerin war, und unser erster Sohn wurde nicht als Vollbürger anerkannt. Aber was macht das schon aus, wenn man einander wirklich liebt?
Heute vertraut mir mein Mann so sehr, dass ich selbst einige seiner wichtigsten Reden für ihn schreibe. Wenn er Kollegen oder Freunde zu Besuch hat, unter ihnen den berühmten Philosophen Sokrates mit seinen Schülern, dann wird auch mir zugehört. Und neulich haben mir mehrere zugestimmt, als ich vorschlug, dass die anderen Männer doch auch einmal ihre Frauen mitbringen sollten zu unseren Unterhaltungen. Nachdem mein Mann vor drei Jahren Frieden mit Persien aushandeln konnte, gelang ihm dieses Jahr ein Friedensschluss mit Sparta. Ob der von Dauer ist, wagt noch niemand zu sagen. Aber ich weiß, dass er alle |67| Friedenszeiten nutzen will, um mehr Häfen für den Handel und die Akropolis für die Künste weiter auszubauen. Was uns die Zukunft auch bringen wird – ich werde immer bei ihm bleiben.« **
Ari, 16 Jahre, ein Geliebter des Philosophen Platon, berichtet aus den Jahren 379 – 380 v. Chr.:
»Am Anfang kam ich ab und zu in das Haus des berühmten Philosophen Platon, um als Kellner auszuhelfen, wenn er Besuch von seinen Studenten oder anderen Philosophen und Politikern hatte. Meine Familie wohnte in der gleichen Straße wie er und meine Eltern hatten mich ausdrücklich ermutigt, dort hinzugehen: ›Er ist ein weiser und mutiger Mann, höre gut zu, was er mit seinen Besuchern redet … du wirst viel davon lernen können.‹
Nach etwa drei Monaten fragte er mich, ob ich auch am Wochenende bei einem besonderen Gastmahl, einem Symposion, würde helfen können: ›Es kann sein, dass du dann über Nacht bleiben musst. Macht dir das etwas aus?‹ Ich sagte umgehend zu, denn ich erinnerte mich, dass mich mein Vater schon zwei Mal gefragt hatte, ob mich Platon nicht auch noch um andere Dienste gebeten hätte. Bei diesem Gastmahl waren über 50 junge und ältere Männer anwesend, die ausgiebig diskutierten und viel Wein miteinander tranken. Außer mir halfen beim Bedienen noch sechs oder sieben andere Jungen sowie einige Hetären, die Gäste mitgebracht hatten und die uns alle später mit Singen und Tanzen unterhielten. Sowohl einige der Jungen als auch die Hetären entkleideten sich im Laufe der Nacht immer mehr und begannen, mit einigen Besuchern Zärtlichkeiten auszutauschen. Ich schaute fasziniert zu, aber hielt mich selbst zurück.
Es muss lange nach Mitternacht gewesen sein – ein Teil der Gäste war gegangen, ein anderer hatte sich in Paaren in verschiedene Zimmer zurückgezogen –, als Platon mich zu sich rief und darum bat, mich ebenfalls auszukleiden. Natürlich gehorchte ich ihm, auch fühlte ich mich geschmeichelt, dass er mich unter allen Jungen
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