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Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Titel: Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
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Damenklo. Das war schon ein deutlicher Hinweis.
    »Worauf?«, fragte Toby.
    »Auf ihren Charakter. Sie hatte Starallüren. Sie wollte auf einem Podest stehen. Damentoilette war einen Schritt höher als Damenklo.«
    Zeb schob sich den Nasenhut in die Stirn: Jetzt sah er aus wie ein verhindertes Nashorn. »Ich bin der Desinfektor. Erster Klasse«, fügte er gewichtig, aber herablassend hinzu. Eine bildschöne Frau, die offensichtlich gerade einen anderen gevögelt hat, ruft Herablassung in einem Mann hervor: Schließlich geht es gegen sein Ego. »Was machen Sie in diesem Gebäude ?«, fragte er vorwurfsvoll zurück. Er bemerkte den Ehering. Aha, dachte er. Löwin hinter Gittern. Raus aus dem Alltagstrott.
    »Ich hatte noch zu arbeiten«, flunkerte Lucerne so überzeugend wie möglich. »Meine Anwesenheit hier ist völlig legitim. Ich habe eine Genehmigung.« Zeb hätte sie ausliefern können, doch er bewunderte eine Frau, die in der Lage war, in einem so kompromittierenden Zusammenhang das Wort legitim zu verwenden. Also marschierte er nicht umgehend mit ihr zur Security, die über den Ehemann ihre Aussage überprüft hätte, was wiederum unangenehme Konsequenzen für den Liebhaber und außerdem – wenn man’s genau nimmt – Zebs Entlassung nach sich gezogen hätte. Also ließ er sie vom Haken.
    »Richtig, okay, tut mir leid«, sagte er angemessen zerknirscht.
    »Und jetzt, wenn Sie nichts dagegen hätten, das hier ist die Damentoilette , und ich hätte gern ein bisschen Privatsphäre, Horatio«, sagte sie und strich mit den Fingerspitzen über sein Namensschild. Sie sah ihm tief in die Augen. Es war eine Bitte – Verrate mich nicht  – und auch ein Versprechen: Eines Tages bin ich dein . Nicht dass sie vorgehabt hätte, dieses Versprechen zu halten.
    Gut gebrüllt, dachte Zeb im Hinausgehen.
    Und so kam es, dass Lucerne ihn wiedererkannte, als sie sich zum zweiten Mal begegneten, im ersten Morgenlicht, sie mit bloßen Füßen und nur geringfügig bekleidet in einem durchsichtigen rosa Negligé, er mit phallischem Spaten und leuchtendem Lumirosenstrauch bewaffnet, dort unten auf dem frisch durchweichten Rasen des frisch eröffneten AnuYu-Spa im Herzen des Heritage Park. Und sie erinnerte sich daran, dass er mal Horatio gewesen war, nun aber mysteriöserweise – wie sein AnuYu-Spa-Landschaftsgärtner-Namensschild behauptete – Atash hieß. Oder umgekehrt.
    »Sie waren bei HelthWyzer«, hatte sie gesagt. »Aber Sie waren nicht …« Also hatte er sie natürlich geküsst, stürmisch und mit unverhohlener Leidenschaft. Denn sie konnte nicht gleichzeitig reden und küssen.
    »Klar«, sagt Toby. »Und du solltest wer sein? Was heißt denn Atash ?«
    »Iraner«, sagt Zeb. »Großeltern waren Einwanderer. Warum nicht? Sind doch viele rübergekommen im späten zwanzigsten Jahrhundert. Das war relativ hieb- und stichfest, solange ich nicht irgendwelchen anderen Iranern über den Weg lief, die nach meiner Herkunft fragten, woher kommt deine Familie oder sowas. Auch wenn ich die gesamte Identität auswendig gelernt hatte, nur für den Fall. Ich hatte ne gute Hintergrundgeschichte – mit gerade genug Vermissten und Gräueltaten, um mögliche zeitliche/örtliche Unstimmigkeiten erklären zu können.«
    »Also trifft Lucerne auf Atash und hat den Verdacht, dass es sich in Wirklichkeit um Horatio handelt«, sagt Toby. »Oder umgekehrt.« Sie will alles, was weh tut, so schnell wie möglich hinter sich bringen: Mit etwas Glück wird der von Lucerne zu Gärtnerzeiten immer wieder zum Besten gegebene heiße, unwiderstehliche Sex und das Blütenstreuen nie wieder zur Sprache kommen.
    »Richtig. Und das war nicht gut, denn ich hatte ja sehr schnell von HelthWyzer verschwinden müssen. Einer der Rechner hatte ne Alarmfunktion, die mir zu spät aufgefallen war, und es war klar, dass jemand darauf rumgespielt hatte. Ich hab sofort gemerkt, dass ich den Alarm ausgelöst hatte, direkt nachdem ich drin war, und sie hätten rückverfolgen können, wer zu der Zeit in dem Gebäude war, und schon hätten sie mich gehabt. Ich ging in den MaddAddam-Chatroom und bat um schnelle Hilfe, und die Kryptiker machten Adam ausfindig. Über einen seiner Kontakte landete ich als Gärtner im AnuYu-Spa, wobei uns beiden klar war, dass das nur ne Zwischenstation war und ich bald weiterziehen müsste.«
    »Sie weiß Bescheid, und du weißt, dass sie Bescheid weiß, und sie weiß, dass du weißt, dass sie Bescheid weiß«, sagt Toby.
    »Richtig. Ich

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