Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)
hatte zwei Möglichkeiten: Mord oder Verführung. Ich wählte die attraktivere.«
»Verstehe«, sagt Toby. »Hätte ich nicht anders gemacht.« Aus seinem Mund klingt es wie eine Verführung aus rein pragmatischen Gründen, dabei wissen sie beide, dass das nicht alles war. Durchsichtige rosa Negligés sprechen da für sich.
Einerseits sei Lucerne wirklich Pech gewesen, sagt Zeb. Andererseits auch ein Glück, denn man muss schon sagen, dass sie wirklich …
»Den Teil kannst du dir sparen«, sagt Toby.
»Okay, die Kurzfassung: Sie hatte mich an den Eiern gepackt, auf mehr als eine Weise. Aber ich hatte sie damals wegen der Damenklo-Geschichte nicht verraten, und sie war geneigt, sich erkenntlich zu zeigen, solange ich ihr nur ausreichend Zuwendung schenkte. Dann hat sie sich in mich verbissen, und den Rest kennst du: Durchbrennen mit einem geheimnisvollen Fremden war alles, was noch ging.
Ich zog mit ihr durch die tieferen Plebs, was sie anfangs noch romantisch fand. Zum Glück interessierte sich niemand – das heißt beim Konzern – besonders für ihr Verschwinden, da sie ja keine Daten mitgenommen hatte. Dass Ehefrauen aus den Komplexen verschwanden, war gang und gäbe, allein schon aus Langeweile. Dieses Desertieren sah das CorpsSeCorps als Privatangelegenheit an, soweit ihnen privat überhaupt ein Begriff war. Die Corps-Leute kümmerten sich kaum um solche Geschichten, vor allem bei einem politisch unauffälligen Ehemann. Was bei Lucernes Mann offenbar der Fall war.
»Das Dumme war nur«, sagt Zeb, »Lucerne musste unbedingt ihre Tochter mitnehmen. Ren, süßes Mädchen, ich mochte sie. Aber in den tieferen Plebs war es viel zu gefährlich für sie. Kinder wie sie wurden reihenweise für den Kindersexmarkt verschleppt, selbst während man nur durch die Straßen ging, selbst wenn Erwachsene dabei waren. Da wurde dann ne Plebsratten-Schlägerei inszeniert, ne Runde GeheimBurger-Soße durch die Gegend gespritzt, irgendwo ne Bude umgeworfen oder ein Solarauto – mit anderen Worten, ne lautstarke Irreführung aufgezogen –, und zack war das Kind weg. Das konnte ich nicht riskieren.«
Zeb ließ erneut ein paar Änderungen an Ohren, Fingerabdrücken und Irissen vornehmen – sie mussten inzwischen wissen, dass er auf den HelthWyzer-Rechnern herumgepfuscht hatte, sie suchten bestimmt nach ihm – und dann …
»Und dann seid ihr drei bei den Gottesgärtnern aufgetaucht«, sagt Toby. »Das weiß ich noch; ich habe mich von Anfang an gefragt, was ihr da verloren habt. Irgendwie habt ihr da nicht reingepasst.«
»Du meinst, weil ich das Gelöbnis von Sowieso nicht abgelegt und das Elixier des Lebens nicht getrunken hatte? Gott liebt dich und er liebt auch die Blattläuse?«
»In der Richtung.«
»Stimmt. Hatte ich nicht getan. Aber Adam musste meine Anwesenheit trotzdem ertragen, oder? Schließlich war ich sein Bruder.«
Dachgarten Eden
»Inzwischen hatte Adam seine Freakshow zusammengestellt«, sagt Zeb. »Auf dem Dachgarten Eden. Du warst da. Katuro und Rebecca auch. Nuala – was ist wohl aus der geworden? Die Hebamme Marushka und die anderen. Und Philo. Schade um ihn.«
»Freakshow?«, sagt Toby. »Das ist aber nicht sehr nett. Die Gottesgärtner waren ja wohl mehr als das.«
»Klar«, sagte Zeb. »Mag sein. Aber für die Plebsler waren wir ne Freakshow. Wie auch immer: In solchen Gegenden lässt man sich lieber für harmlos und mittellos halten. Adam tat nichts, um dieses Image zu relativieren; eher rief er noch dazu auf. Wer in der auffällig schlichten Kluft eines Recycling-Junkies mit nem Chor im Schlepptau durch die Plebs zieht, abgedrehte Hymnen singt und vor den GeheimBurger-Ständen die Liebe zu den Paarhufern predigt – muss doch schwerstens einen an der Waffel haben, so das allgemeine Urteil.«
»Ohne das alles wäre ich heute nicht hier«, sagt Toby. »Er und die Gärtnerkinder haben mich während so einer Straßenschlacht einfach geschnappt. Während der Arbeit – ich kam ja zu der Zeit aus der GeheimBurger-Nummer nicht raus, und der Filialleiter hatte sich in mich verguckt.«
»Dein Kumpel Blanco«, sagt Zeb. »Dreifacher Painballer, wenn ich mich recht entsinne.«
»Ja. Die Mädchen, in die er sich verguckte, waren am Ende tot, und ich war die Nächste auf der Liste. Er war schon in dieser Gewaltphase, und er arbeitete sich langsam zur Tötung vor; das spürte man. Insofern habe ich Adam viel zu verdanken – ich kannte ihn ja immer nur als Adam Eins. Freakshow hin oder
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