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Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Titel: Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
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nicht.
    Und Zeb dachte, vielleicht hat mich ein Bär schon gerochen und vielleicht ist er auf dem Weg zu mir, weil er Hunger hat, er ist am Verhungern und will mich essen. Und ich werde gegen den Bären kämpfen müssen, und ich habe doch nur dieses ziemlich kleine Messer und diesen Stock, mit dem man Löcher schießen kann. Und ich werde den Kampf gewinnen und den Bären töten müssen, und dann werde ich etwas zu essen haben.
    Bald kommt der Bär in die Geschichte.
    Ja, Zeb wird den Kampf gewinnen, Zeb gewinnt immer. Weil das einfach so ist.
    Ja, er wusste, dass Oryx traurig sein würde. Zeb hatte Mitleid mit dem Bären. Er wollte ihm nicht weh tun. Aber er wollte auch nicht von ihm gefressen werden. Ihr wollt doch nicht von einem Bären gefressen werden, oder? Nein, ich auch nicht.
    Weil Bären nicht nur Blätter essen können. Weil sie davon krank werden.
    Jedenfalls, wenn Zeb den Bären nicht gegessen hätte, wäre er gestorben und dann wäre er jetzt nicht bei uns. Und das wäre doch auch sehr traurig, oder?
    Wenn ihr nicht aufhört zu weinen, kann ich nicht weitererzählen.

Bärendienst
    Es gibt die Geschichte, dann gibt es die wahre Geschichte, und dann gibt es die Geschichte, wie es zum Erzählen der Geschichte kam. Dann gibt es noch das, was man weglässt. Und auch das gehört zu der Geschichte.
    Bei der Geschichte von Zeb und dem Bären hat Toby den Toten weggelassen, dessen Name Chuck war. Auch er war verschollen inmitten der Tümpel und dem Moos, den Bergen und Bären. Auch er wusste keinen Ausweg. Es ist unfair, ihn unerwähnt zu lassen, ihn aus der Zeit auszuradieren, aber von ihm zu erzählen würde die Geschichte viel verwickelter machen, und das würde Toby zu viel werden. Sie weiß zum Beispiel gar nicht, auf welchen verschlungenen Wegen dieser Tote überhaupt in die Geschichte gekommen ist. Nicht einmal Zeb weiß es.
    »Schade, dass der Wichser gestorben ist«, sagt Zeb. »Ich hätte es schon noch aus ihm rausgeprügelt.«
    »Was?«
    »Wer seine Auftraggeber waren. Was sie von mir wollten. Wo er mich hinbringen sollte.«
    » Gestorben ist vermutlich ein Euphemismus. Er hatte ja nicht gerade einen Herzinfarkt«, sagt Toby.
    »Sei nicht so ungnädig. Du weißt schon, was ich meine.«
    Zeb hatte keine Ahnung, wo er war. Er setzte sich unter einen Baum.
    Na ja, so ganz stimmt das nicht. Er hatte eine grobe Vorstellung, wo er war: irgendwo in den Mackenzie Mountain Barrens, Hunderte von Meilen von der nächsten schnellen Nahrungsquelle entfernt. Und er saß auch nicht unter einem Baum, sondern eher daneben, und es war nicht direkt ein Baum, eher ein Strauch; wobei er nicht buschig war, sondern eher dürr. Es war eine Art dürre Fichte. Er nahm die Einzelheiten der Rinde zur Kenntnis, die kleinen toten Unterzweige, die graue Flechte, filigran und durchsichtig wie die Höschen einer Hure.
    »Was weißt du denn von den Höschen einer Hure?«, fragt Toby.
    »Mehr als dir lieb ist«, sagt Zeb. »Also. Wenn man sich auf solche Details konzentriert – ganz nah, ganz klar, total sinnlos –, weiß man, dass man unter Schock steht.«
    Der AOH -Schrauber schwelte noch immer vor sich hin. Sein Glück, dass er da raus war, bevor das Ding beziehungsweise die Luftschiffkomponente explodiert war, und sein Glück, dass die elektronische Entsicherung der Sitzgurte noch funktioniert hatte: Andernfalls wäre er tot gewesen.
    Chuck lag bäuchlings und mit abartig verdrehtem Kopf auf dem Tundraboden, er blickte sich selbst im 180-Grad-Winkel wie eine Eule über die Schulter. Aber er blickte nicht zu Zeb. Er blickte in den Himmel. Keine Engel zu sehen, zumindest noch nicht.
    Zeb blutete aus einer Schädelwunde, er spürte, wie es warm an seinem Kopf herunterlief. Nichts Gefährliches, blutet nur wie Sau. Dein Kopf ist der seichteste Teil des Körpers, hatte sein soziopathischer Vater gern zu ihm gesagt. Abgesehen vom Gehirn. Und von der Seele, vorausgesetzt, man ist mit einer solchen gesegnet, was ich bei dir bezweifle. Hochwürden hatte es immerzu mit der Seele und hielt sich selbst für den Chef aller Seelen.
    Jetzt fragte sich Zeb, ob Chuck eine Seele hatte, und wenn ja, ob sie noch immer über ihm schwebte wie ein schwacher Duft. »Chuck, du blöder Wichser«, sagte Zeb laut. Hätte er den Auftrag gehabt, sich im Namen der Hirnschaber zu kidnappen, wäre ihm das aber um einiges besser gelungen als diesem Flachwichser.
    Zwar irgendwie auch schade, dass Chuck tot war – bestimmt hatte er ein paar gute Seiten,

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