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Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Titel: Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
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fast kein Eis mehr gibt und sie keine Robben mehr fangen können, also wollen wir sie mit unseren Essensresten füttern, bis sie gelernt haben, sich anzupassen – Anpassung war damals ein Schlagwort, wie du dich vielleicht erinnerst; wobei, wahrscheinlich hast du da noch im Sandkasten gespielt. Bisschen Popowackeln, um die kleinen Jungs zu verführen.«
    »Hör auf zu flirten«, sagt Toby.
    »Wieso? Das gefällt dir doch.«
    »Ich erinnere mich sehr wohl an das Wort Anpassung «, sagt Toby. »Man sagte das anstelle von Pech gehabt . Und zu allen, denen man nicht vorhatte zu helfen.«
    »Genau«, sagte Zeb. »Jedenfalls, von der Müllfütterei haben die Bären nicht gelernt, sich anzupassen, sondern nur, dass das Futter vom Himmel fällt. Schon beim Geräusch des Schraubers fingen die an zu sabbern, es war der reinste Frachtkult. Aber pass auf, das Verarschendste an der Sache war, ja, das Eis war so gut wie geschmolzen, und ja, ein paar Polarbären waren verhungert, aber alle anderen zogen nach Süden und paarten sich mit den Grizzlys, die sich vor schlappen zweihunderttausend Jahren in eine andere Richtung entwickelt hatten. Also hatte man jetzt weiße Bären mit braunen Flecken und braune Bären mit weißen Flecken oder nur braune oder nur weiße Bären, wobei man von außen nie auf das Temperament schließen konnte: Die Pizzlys gingen einem größtenteils aus dem Weg wie die Grizzlys; die Grolarbären waren größtenteils angriffslustig wie die Polarbären. Man wusste also nie, mit welchem Bär man es zu tun hatte. Man wusste eigentlich nur, dass man auf gar keinen Fall mit dem Schrauber über Bärengebiet abstürzen wollte.«
    Wie es Zeb gerade getan hatte.
    »Du blöder Wichser«, sagt er noch einmal zu Chuck. »Und wer immer dich angeheuert hat, ist ein doppelt blöder Wichser«, fügte er hinzu – nicht dass ihn jemand hätte hören können. Oder, dachte er – ein kurzer schlimmer Gedanke –, vielleicht ja doch.

Absturz
    Bei der Bärenbrücke lief alles rund, bis Chuck auf der Bildfläche auftauchte. Zeb hatte ein bisschen Ärger am Hals zu der Zeit, das stimmt wohl …
    »Anders als sonst«, sagt Toby.
    »Lachst du mich aus? Ich war Opfer einer verwirrten Jugend, ich wurde als Kind misshandelt! Und dann bin ich auch noch zu schnell gewachsen!«
    »Würde ich dich auslachen?«
    »Allerdings«, sagt Zeb. »Herz aus Schiefer. Was du brauchst, ist ne ordentliche Tiefbohrung.«
    Ja, Zeb hatte einigen Ärger am Hals, aber die Bärenbrücke schien das weder zu wissen noch zu interessieren: Die Hälfte der Leute hatte selber Ärger am Hals. Frag nichts, sag nichts war also die Devise.
    Die Aufgabe war klar: Der essbare Abfall musste in Whitehorse oder Yellowknife eingeladen werden, manchmal auch in Tuk, wo die vorgelagerten Beaufort-Sea-Bohrinseltanker ihren Müll verklappten, wenn sie ihn nicht gerade illegal ins Meer kippten. Die Bohrinseln produzierten damals noch immer eine Menge echte Tierproteinreste, weil für die Tankermannschaften nichts zu gut war. Schweinefleisch – es wurden jede Menge Nebenprodukte vom Schwein gegessen – und Huhn, oder Hühnerartiges. Wenn es Laborfleisch war, dann immer 1A-Qualität, getarnt als Würstchen oder falscher Hase, so dass man kaum den Unterschied bemerkte.
    Man packte also die Reste in den Schrauber, schnappte sich ein Bier, flog den Schrauber an die designierten Abwurfstellen, ließ im Schweben die Ladung ab, flog zurück. Kein Kunststück, nur todlangweilig, außer man hatte schlechtes Wetter oder die Technik versagte. In dem Fall musste man den Schrauber irgendwo landen, dabei möglichst nicht gegen eine Bergwand krachen, und das Wetter abwarten oder so lange Däumchen drehen, bis die Entstörung auftauchte. Dann nochmal von vorn. Nette Routine. Das Schlimmste an der Sache waren die Predigten der Pelzwichsernasen in den Bars der Stützpunkte, wenn man sich gerade die Kante geben wollte mit dem grottenüblen Fusel, der hingekarrt und fassweise ausgeschenkt wurde.
    Davon abgesehen hieß es essen, schlafen und an einem guten Tag ein kleines Gerangel mit dem ein oder anderen Mädchen von der Belegschaft, wobei Zeb da vorsichtig war, denn die einen hatten Stresspotenzial und die anderen waren vergeben, und aus Prügeleien versuchte er sich rauszuhalten, da er grundsätzlich wenig Sinn darin sah, sich mit irgendeinem aufgebrachten Schwachkopf unter den Barhockern im Dreck zu wälzen, der aufgrund seines unüberbietbaren Pimmels und seiner Grübchen ewiges

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