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Die geschützten Männer

Die geschützten Männer

Titel: Die geschützten Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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braunen Fleck am anderen Ende.
    »Sehen Sie das?« fragt sie.
    »Nein, kaum. Was ist das?«
    Sie lacht.
    »Eine Hütte, Doktor! Sie brauchen keine mehr zu bauen!«
    »Wußten Sie, daß es die hier gibt?«
    »Das ist unser Kontrollpunkt, wenn wir im Wald auf Patrouille sind. Helsingforth stellt sie uns zur Verfügung. Ursprünglich
     war es ihr
Walden
1 , in der ersten Fassung. Sie werden essen , schlafen und vor allem Ihren Sohn benachrichtigen können«, fügt sie mit freundschaftlichem Lächeln hinzu.
    Ich bin gerührt, daß sie an Dave gedacht hat, und gebe ihr das Lächeln um ein Vielfaches zurück. Darauf setzt sie sich in
     Galopp, und ich folge ihr; in weniger als einer Minute befinden wir uns vor der Hütte. Sie reitet um die Hütte herum, und
     in einem angebauten Schuppen entdecke ich zwei Pferdeboxen.
    »Doktor«, sagt Jackie, »lassen Sie Ihr Pferd gesattelt in einer Box stehen, ich kümmere mich darum. Ich werde beide Pferde
     schleunigst abreiben. Machen Sie in der Zwischenzeit im Kamin ein großes Feuer, der Schlüssel liegt unter einem großen Stein
     vor der Tür, und sehen Sie nach, was es im Kühlschrank gibt. Aber warten Sie mit dem Telefonieren, bis ich komme.«
    Ich bin Jackie dankbar, daß sie mir die häuslichen Arbeiten vorbehält, obwohl ich es ein wenig paradox finde, je mehr ich
     darüber nachdenke. Aber ich bin völlig durchgefroren, und allein schon der Gedanke, Feuer zu machen, erwärmt mich.
    Als die Flamme im Kamin hoch und klar aufschießt, inspiziere ich den Kühlschrank und finde darin Butter, Eier und Schinken,
     bei deren Anblick mir das Wasser im Munde zusammenläuft, und in einem Wandschrank Tee, gesalzenen Zwieback und Ananas in der
     Büchse. Das wird reichen. Als mein Soldat kommt, bin ich schon dabei, den Tisch zu decken, während die Eier in der Pfanne
     brutzeln und sich überall in der Hütte ein köstlicher Duft von Schinken verbreitet, was meinen Wolfshunger anstachelt.
    Jackie hat sich in aller Eile die Hände gewaschen, und wir sitzen einander am Tisch gegenüber. Während die Flammen |238| uns von der einen Seite die Gesichter zum Glühen bringen, essen wir gierig und wortlos, doch in einem Klima von Gelöstheit
     und Eintracht, und wechseln zufriedene Blicke: zwei friedliche Tiere, die sich gut verstehen, an dieselbe Futterkrippe gebunden
     sind und dasselbe Strohlager teilen werden. Meine Füße sind in den Stiefeln wieder warm geworden, in meinem Magen verbreitet
     sich eine angenehme Wärme, und mich übermannt jene Mattigkeit, die vielleicht zu den angenehmsten Vergnügungen gehört, zumal
     wenn man sich satt gegessen hat.
    »Und Dave, Doktor?« neckt mich Jackie, während sie ihre Teetasse absetzt. »Haben Sie ihn vergessen?«
    »Sie hatten doch gesagt, ich soll mit dem Telefonieren auf Sie warten«, sage ich, schwankend zwischen Groll und schlechtem
     Gewissen.
    Sie erhebt sich, geht zu einem kleinen Tisch, nimmt den Hörer ab und wählt eine Nummer.
    »Hier Leutnant Davidson«, sagt sie. »Verbinden Sie mich mit Mr. Barrow.«
    Sie hat mit abgehackter Stimme gesprochen, die mich an die alte Jackie erinnert.
    Eine ziemlich lange Wartezeit. Und während sie konzentriert den Hörer an das Ohr hält, habe ich Muße, sie zu betrachten. Ihr
     blondes Haar, das den Nacken frei läßt, ist nach hinten zurückgekämmt. Die Frisur ist weder lang noch kurz, aber praktisch.
     Ihr heller Teint ist leicht gebräunt, sie hat graue Augen und Ansätze von Krähenfüßen, wie sie Sportlerinnen bekommen; sie
     hat breite Backenknochen und ein kräftiges Gebiß. Und von diesem offenherzigen Gesicht geht ein gesunder Menschenverstand
     und eine Ausgeglichenheit aus, die ich nach meinen Gesprächen mit den beiden Verrückten sehr anziehend finde.
    Endlich. Sie ist mit Mr. Barrow verbunden worden und erklärt ihm die Situation. Sie spricht mit ihm nicht wie mit einer übergeordneten
     Person, sondern wie mit jemand »Gleich gestelltem «, der ein wenig unter ihr steht. Schließlich ist Barrow ein A und Jackie Leutnant – wie ich eben zu meinem Erstaunen erfuhr,
     denn ich verstehe nichts von Rangabzeichen. Als sie Barrow bittet, Dave zu benachrichtigen, unterbreche ich sie.
    »Würden Sie Dave bitte ausrichten lassen, daß er bei den Pierces übernachten soll? Sie haben ein Bett.«
    |239| Sie gibt es an Barrow in einem Ton weiter wie jemand, der Instruktionen erteilt, und hängt auf.
    »Werden Sie jetzt Helsingforth anrufen?« frage ich.
    Sie lacht.
    »Niemand hat das Recht,

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