Die geschützten Männer
noch oft von diesem Anruf die Rede sein!«
Mrs. Twang erscheint auf der Bildfläche und trägt lächelnd ein Tablett, mit Schalen und kleinen Tellern überladen, die sie
auf dem Tisch verteilt. Ihre Gesten sind von der gleichen Art wie ihr Lächeln. Präzise, schnell, leicht.
Sie geht hinaus. Was meine Entschuldigungen nicht bewirkten, schaffen die Krapfen mit Krabben. Anita schlingt, und ihre schlechte
Laune legt sich.
»Selbstverständlich habe ich dich keinen Augenblick für den Urheber der Indiskretion gehalten«, sagt sie mit vollem Mund.
»Warum?«
Sie kaut, schlingt und sagt in kaum spürbar verächtlichem Ton: »Dave.«
»Wieso Dave?«
»Gefängnis riskieren und Dave deiner Schwiegermutter ausliefern?«
»Daran habe ich nicht gedacht.«
»Du hast daran nicht
bewußt
gedacht.«
Sie angelt sich mit ihren Stäbchen einen zweiten Krapfen und stopft ihn in sich hinein. Ich habe noch nicht mit dem Essen
angefangen. Ich sehe sie an. Sie fasziniert mich gleichermaßen durch ihren Appetit und die Kenntnis, die sie von meinen Reaktionen
hat.
»Zweiter Punkt: In der Fotokopie, die die
New York Times
hat, wurden die Tippfehler mit der Hand korrigiert.«
»Und?«
»Du bist ein Faulpelz.«
|30| »Ich ein Faulpelz?«
»Ja, wenn du einen Bericht oder einen Artikel in drei Exemplaren schreiben läßt, korrigierst du niemals die Tippfehler in
deinem persönlichen Exemplar. Ich war also sicher, daß die an die
New York Times
geschickte Fotokopie nicht von deinem Exemplar angefertigt worden ist, und ich habe Moore gebeten, das nachzuprüfen.«
Ich fühle mich ein bißchen erdrückt: Ihr entgeht auch gar nichts. Sie erinnert sich an alles, und im gegebenen Augenblick
handelt sie. Und ich habe sie in dem Augenblick, als sie für mich in die Bresche sprang, durch den Dreck gezogen.
»Anita, was soll ich jetzt, wo ich es weiß, tun?« frage ich. »Mich dir zu Füßen werfen? Mich im Staube winden?«
Sie legt ihre linke Hand auf meine rechte und sagt mit einer Herzlichkeit, die an der Grenze der Herablassung liegt: »Du bist
charmant, Ralph, das ist deine einzige Entschuldigung.«
Dabei verschlingt sie einen Krapfen. Ich schweige, nicht übermäßig zufrieden. Ich neige zu der Annahme, daß ihre Großzügigkeit
mich demütigt.
»Wer hat diese Fotokopie an die
New York Times
geschickt? Cresby?«
»Wer sonst?«
»Hat Moore Beweise?«
»Nein. Und außerdem, was macht das schon? Vater ist sowieso erledigt.«
Und bei diesem »sowieso« sieht sie seltsamerweise nicht sonderlich betrübt aus. Im Gegenteil, sie ist voller Elan und aufgeräumt
… Ich sehe sie an. Ich bin immmer noch nicht dazu gekommen, mit meiner Mahlzeit zu beginnen. Dabei wäre es höchste Zeit. Nachdem
sie ihre Krapfen verschlungen hat, ist sie im Begriff, sich über meine herzumachen. Was sie nicht hindert, gleichzeitig zu
sprechen.
»Du warst zehn Tage fort, Ralph. Ebensowenig wie die Presse kennst du die letzten Statistiken über die Enzephalitis 16. Es
ist entsetzlich (aber sie sieht nur mäßig entsetzt aus). Und es gibt Schlimmeres, Ralph, viel Schlimmeres. Wir wissen, daß
die großen Versicherungsgesellschaften erwägen, die Lebensversicherungsverträge aufzukündigen.«
»Haben sie das Recht dazu?«
»Sie werden es sich nehmen. Vater ist fällig, Ralph. Seine |31| Quote ist bei der letzten Gallup-Umfrage auf 32 Prozent gesunken.«
»Aber Senator Sherman hat auch einige Probleme. Ich habe Sonnabend in der Presse gelesen, daß sein Vize einen Infarkt hatte.
Sherman muß so schnell wie möglich einen anderen Stellvertreter finden. Das ist nicht so einfach.«
»Schon passiert. Er hat sich entschieden«, sagt Anita.
»Woher weißt du das?«
»Sie hat mich angerufen.«
Ich sehe Anita an.
»Sie? Es ist eine Frau? Eine Frau, eine Vizepräsidentin?«
»Ich glaube, daß sich Sherman
unter den gegenwärtigen Umständen
(sie betont das) gleichzeitig als sehr realistisch und sehr geschickt erwies, indem er eine Frau zum Vizepräsidenten machte«,
sagt Anita.
Sie klemmt einen Krapfen zwischen ihre beiden Stäbchen und verschlingt ihn.
»Wer ist es?«
»Sarah Bedford.«
Ich schneide eine Grimasse. Es gibt viele Spielarten von LIB 1 , Sarah Bedford gehört zu der radikalsten.
»Und was hat sie dir am Telefon gesagt?«
»Daß sie sehr gut versteht, daß ich im Augenblick an Vaters Seite bleibe, um ihn in seiner Niederlage zu trösten. Aber nach
den Wahlen zählt sie auf mich.«
»Als Sekretärin?«
»Als
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