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Die geschützten Männer

Die geschützten Männer

Titel: Die geschützten Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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handelte auf Befehl und wurde mit einer Waffe bedroht.
    Verteidigung von Betsie:
War B. diese Bedrohung gegenwärtig, als er seine Erektion hatte? Ich sage nein.
    Verteidigung von B.:
Ich sage ja. Alles spielte sich in einer Atmosphäre des Terrors und der Bedrohung nach vorausgegangener Entführung ab. Ein
     Fall technischer Vergewaltigung.
    Verteidigung von Betsie:
Ich bestreite, daß technische Vergewaltigung bei einem Intakten überhaupt möglich ist. Die Erektion an sich ist schon ein
     Phänomen der Aggression.
    Veteidigung von B.:
Vergessen Sie nicht, daß dieser Intakte mit einer Hundeleine an einen Küchenstuhl gebunden war und mit einer Pistole bedroht
     wurde.
    Verteidigung von Betsie:
Das gehört ohne Zweifel zur Inszenierung des erotischen Spiels und schien B. durchaus nicht zu mißfallen, denn es hat die
     lokale Aggression des Phallus nicht verhindert. Außerdem ist B. vierzehn Tage in diesem Haus geblieben, von den beiden Schwestern
     angeblich gewaltsam festgehalten. Aber wer soll glauben, daß ein so kräftiger Mann wie B. niemals Gelegenheit zur Flucht gefunden
     hätte?
    Verteidigung von B.:
Er war ständig angebunden.
    Verteidigung von Betsie:
Ach was! Wenn seine Erektionen ausgeblieben wären, hätten die Mädchen ihn sicher bald laufenlassen.
     
    Genug der Auszüge aus diesem skandalösen Prozeß, fährt Deborah Grimm fort. Bemerkenswert ist immerhin, daß die Geschworenen |120| sich weigerten, die Anklage gegen die beiden Schwestern wegen Entführung, Vergewaltigung und Freiheitsberaubung aufrechtzuerhalten.
     Trotzdem wurden sie wegen unmoralischen Verhaltens zu einem Jahr Jugendhaft verurteilt. Mr. B. bekam fünf Jahre Gefängnis.
    Ich hege an der Gerechtigkeit des Urteils, das über diese Jammergestalt gefällt wurde, keinen Zweifel, fährt Deborah Grimm
     fort. Dagegen erscheint mir die Bestrafung der Teenager unangemessen. Hier wurde ein viel zu strenger Maßstab angelegt. Greisenentführungen
     und -vergewaltigungen, »zumeist verbunden mit der Verstümmelung der Opfer«, nehmen im Dschungel der großen Städte immer mehr
     zu. Solche Gewalttätigkeiten sind vom gesellschaftlichen Standpunkt aus sicher verwerflich. Bei den Teenagern sind sie aber
     offensichtlich auch auf die Erziehung zurückzuführen, die wir ihnen angedeihen ließen. »Auf Grund einer Reaktion, die in ihrem
     Anliegen gesund, wenn auch in ihren Äußerungen roh ist«, schreiben sie ihren Partnern die Schuld zu und bringen ihre Reue
     dadurch zum Ausdruck, daß sie die Verführung vernichten, der sie nachgegeben haben. Diese jungen Mädchen sind also nicht durch
     und durch schlecht und müßten eher umerzogen als in repressiven Gewahrsam genommen werden. Und ich darf sagen, daß man sich
     heute darauf orientiert, ihre Verirrungen in diesem Sinne zu ahnden.
    Ein ganz anderes Problem stellen die Intakten im Greisenalter dar, die zunehmend Opfer von Überfällen werden. Aus Gründen
     ihrer Sicherheit und ohne deshalb in die ablationistische Weihe einzuwilligen, haben sie um die Erlaubnis nachgesucht, das
     grüne Abzeichen mit dem goldenen Buchstaben der A.s öffentlich tragen zu dürfen. Jene aber haben sich energisch widersetzt.
     Der Generalsekretär der Bundesvereinigung der A.s (BVA) machte darauf aufmerksam, daß die Greise nicht die völlige Immunität
     der Ablationisten besäßen, auch wenn sie auf Grund der verlangsamten Spermatogenese der Epidemie bemerkenswerte Widerstandskraft
     entgegensetzten. Folglich stellten sie eine Infektionsgefahr dar, vor der die anderen Intakten weiterhin gewarnt werden müßten.
     Die Lösung liege auf der Hand, erklärte der Generalsekretär der BVA: die Vereinigung stehe jedem Intakten offen, der sich
     unabhängig von seinem Alter der ablationistischen Weihe unterziehen und alle |121| sich daraus ergebenden sozialen, moralischen und prophylaktischen Vorteile in Anspruch nehmen möchte.
    Dieser Appell fand nur geringes Echo. Schätzungen zufolge willigten kaum zehn Prozent der amerikanischen Intakten über 75
     Jahre ein, sich den A.s anzuschließen. Die Umfrage eines Psychologen der Harvard-Universität hat ergeben, daß der Mannesstolz
     bei diesen alten Phallokraten offenbar tief verwurzelt ist und daß sie sich sogar glücklich schätzen, eine wie auch immer
     verläßliche Potenz zu besitzen, auf die ein großer Teil der jüngeren Männer aus freien Stücken verzichtet hat. »Wenn ich schon
     sterben muß, dann lieber als Intakter«, sagte ein neunundachtzigjähriger

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