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Die geschützten Männer

Die geschützten Männer

Titel: Die geschützten Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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ich die Abhöranlage aus und finde einen Eisblock in meinem Bett, den
     ich nicht einmal zu entkleiden vermag. Sie bleibt meinen Zärtlichkeiten gegenüber so unempfänglich und ist so starr, so verkrampft
     und so kalt, daß ich nach wenigen Minuten impotent bin. Dazu hat also die Wartezeit von anderthalb Monaten geführt: zu diesem
     kläglichen Versagen.
    Ich stehe in einem Anfall von Wut auf. Nackt, frustriert und wütend renne ich im Zimmer hin und her und sage mit dumpfer,
     zornbebender Stimme:
    »Wir hätten es uns sparen können, die Abhöranlage auszuschalten: Mr. Barrow wäre erbaut gewesen. Bravo, du bist jetzt völlig
     linientreu. Du hast das Tabu verinnerlicht.«
    |151| »Ich habe überhaupt nichts verinnerlicht«, sagt Anita mit ausdrucksloser Stimme, die Hände im Nacken und auf die Decke starrend.
     »Weil du micht jetzt nicht nehmen konntest, schiebst du selbstverständlich alles auf mich.«
    »Wie ein dreckiger Phallokrat!«
    »Das habe ich nicht gesagt«, antwortet sie mit einer Ruhe, die mich zur Weißglut treibt, während ihr Blick durchs Zimmer schweift
     und mir ausweicht.
    »Aber du hast es gedacht.«
    »Ich habe nichts dergleichen gedacht«, sagt sie mit derselben unerschütterlichen Ruhe. »Und ich wiederhole, es ist nicht meine
     Schuld, wenn du mich nicht mehr begehrst.«
    Ich gehe auf das Bett zu, völlig außer mir, und sage, mit Rücksicht auf Dave die Stimme dämpfend: »Wie kann ich eine Frau
     begehren, die nicht einmal ihre Pyjamajacke ausziehen will, um mit ihrem Mann zu schlafen.«
    »Du brauchst es nur zu verlangen«, sagt sie mit einer so unverhohlenen Hinterhältigkeit, daß ich sprachlos bin. »Hier!« fügt
     sie hinzu, während sie die Jacke aufknöpft und sich ihrer mit militärischer Exaktheit entledigt. Danach legt sie sich wieder
     auf den Rücken, starr, die Arme am Körper ausgestreckt, als würde sie Habachtstellung einnehmen.
    »Ich habe dir gehorcht. Bist du nun zufrieden?«
    »Ich pfeife auf deinen Gehorsam«, sage ich, nehme die Schlafanzugjacke und schleudere sie ihr ins Gesicht.
    »Danke für die Höflichkeit.«
    »Aber natürlich! Was kann man schon von einem Sexisten erwarten? Herrschsucht! Arroganz! Brutalität!«
    »Das habe ich nicht gesagt! Hör auf, mir Worte in den Mund zu legen, die ich nicht gesagt habe.«
    »Aber gedacht! Sonst beweise mir das Gegenteil! Das hat die tägliche Propaganda in sechs Monaten aus dir gemacht: eine frigide
     Frau.«
    »Ich bin nicht frigide«, sagt sie wütend. »Ist es vielleicht meine Schuld, wenn du nicht zu einer Erektion fähig bist?«
    »Erektion! Bei einem Stück Holz!«
    Sie sieht mich mit funkelnden Augen an.
    »Ich bin kein Stück Holz, ganz im Gegenteil. Ich habe meine Gründe, dich diesbezüglich zu beruhigen.«
    »Ja, weil es mit anderen in Washington besser geht! Mit den |152| intakten Greisen vielleicht? Mit Freundinnen? Oder mit einem
Superdoll

    »Wahrhaftig, Ralph, du bist nicht zu überbieten«, sagt sie. Schlagartig hat sie ihre Kaltblütigkeit wiedergewonnen und mustert
     mich unbeteiligt.
    Nach der Provokation die Verachtung.
    »Willst du damit sagen, daß ich einen solchen Sexisten verkörpere, wie man es dir beigebracht hat?«
    »Die Szene, die du mir machst, ist der beste Beweis.«
    »Na bitte! Endlich fällt es dir wie Schuppen von den Augen! Endlich siehst du Ralph Marinelli wie er wirklich ist! Du kennst
     ihn seit zehn Jahren und siehst endlich seinen Pferdefuß!«
    Darauf erwidert sie gar nichts, und ich fühle das große, endgültige Schweigen nahen, das man nicht einmal mit dem Messer durchschneiden
     kann.
    Ich ziehe meinen Pyjama wieder an, denn mir wird langsam kalt, und werfe den Morgenmantel über. Ich versuche nachzudenken,
     doch mein Verstand ist wie eine im Chaos rollende Feuerkugel. In dieser Sekunde hasse ich Anita, und für einen Augenblick
     lasse ich mich von meinem Haß fortreißen.
    Nach solchem Auftritt glätten sich bei mir die Wogen immer. Ich setze mich auf den Bettrand, sehe Anita an und ergreife ihre
     Hand. Ich erwarte, daß sie sie zurückzieht, aber nein, sie wird sich nicht ins Unrecht setzen. Sie überläßt sie mir – regungslos.
     Meine Hand umklammert tote Finger, die niemandem gehören. Und das ist eine weitere Provokation. Die ins Gesicht geschleuderte
     Jacke, das war offene Gewalt. Doch gibt es auch die versteckte Gewalt: die Hand, die sich ergreifen läßt und den andern zurückstößt.
     Im Grunde ist diese Hand ein Symbol. Vorhin, als ich sie in

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